Orientierungssatz

Parallelentscheidung zum Urteil des LSG Essen vom 6.4.2017 - L 5 P 3/16 KL, das vollständig dokumentiert ist.

 

Tenor

Der Schiedsspruch der Beklagten vom 3.12.2015 wird aufgehoben und die Beklagte verurteilt, einen neuen Schiedsspruch unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu erlassen. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob und ggfls. in welcher Höhe ein Gewinnzuschlag (Risikozuschlag) bei der Kalkulation der Pflegesatzvergütungen sowie der Entgelte für Unterkunft und Verpflegung in dem Zeitraum vom 1.9.2015 bis zum 30.6.2016 zu berücksichtigen ist.

Die Beigeladene ist Trägerin u.a. der Senioreneinrichtung B-Heim in S. Zwischen ihr und der Arbeitsgemeinschaft der Pflegekassen in Nordrhein-Westfalen (NRW) besteht ein Versorgungsvertrag nach § 72 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI), nach dem die Einrichtung (bis zum 31.12.2014 69 und) ab dem 1.1.2015 79 vollstationäre Pflegeplätze ausweist. Die Beigeladene forderte die Kläger am 1.7.2015 zur Aufnahme von Vergütungsverhandlungen für den Zeitraum vom 1.8.2015 bis 31.7.2016 auf. Sie legte den gemeinsamen Nachweis gemäß § 85 Abs. 3 SGB XI für stationäre Pflegeeinrichtungen in NRW vor, der einen Risikozuschlag von 5 % der Gesamtkosten (neben der Pflegevergütung für Personal und Sachkosten sowie den Entgelten für Unterkunft und Verpflegung) enthielt. Ausgehend von einem Angebot der Kläger einigten sich die Verhandlungspartner am 13.8.2015 über alle Aufwandspositionen und eine Steigerung der Heimentgelte von 1,76%. Dabei legten sie eine 2,5%tige Abwesenheit bzw. eine rechnerische Auslastung von 97,39% zu Grunde. Über den von der Beigeladenen geforderten Gewinnzuschlag wurde keine Einigung erzielt.

Am 27.8.2015 beantragte die Beigeladene bei der Beklagten die Durchführung eines Verfahrens zur Festsetzung der Pflegesätze und Entgelte für Unterkunft und Verpflegung gemäß § 85 Abs. 5 SGB XI für den (abgeänderten) Zeitraum vom 1.9.2015 bis 31.8.2016. Für diesen Zeitraum sei ein Gewinnzuschlag von 5% anzusetzen. Zur Berechnung sei für die Pflegestufe 0 von 31,29 Euro, für die Pflegestufe I von 49,99 Euro, für die Pflegestufe II von 72,33 Euro und für die Pflegestufe III von 95,52 Euro je Berechnungstag auszugehen. Die Entgelte für Unterkunft seien auf 18,94 Euro, für Verpflegung auf 14,59 Euro und für Sondenernährung auf 9,72 Euro je Berechnungstag festzusetzen. Aus der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 29.1.2009 (B 3 P 7/08 R) und vom 16.5.2013 (B 3 P 2/12 R) ergebe sich, dass das vereinbarte Entgelt einen angemessenen Unternehmensgewinn ermöglichen müsse. Das Vergütungssystem in NRW sei jedoch so angelegt, dass eine Einrichtung bestenfalls mit einem ausgeglichenen Ergebnis rechnen könne. Ein solches sei schon nicht mehr erreichbar, wenn es beispielsweise zu Leerständen komme, die Personalmenge verändert werden müsse oder Entgelterhöhungen nicht umgesetzt werden könnten. Um diesen Unwägbarkeiten entgegenzuwirken, habe sie einen seriös kalkulierten Gewinnzuschlag berechnet, der auf die Pflegesätze aufgeschlagen werden müsse.

Die Kläger sprachen sich gegen einen Gewinnzuschlag aus. Die Beigeladene habe in den vergangenen Jahren eine hohe Auslastungsquote und daher hinreichende Gewinnmöglichkeiten gehabt. Denn bei 62 Plätzen habe die Auslastung 96,8% bzw. 97,9 % betragen; mit den 79 Plätzen ergebe sich unter Berücksichtigung einer im Angebot enthaltenen 2,5%igen Anwesenheit eine rechnerische Auslastung von 97,39 %. Falls man einen Gewinnzuschlag für erforderlich halte, sei dieser pflegestufenunabhängig als einheitlicher Betrag zu ermitteln und auszuweisen. Bedenken gegen den gewählten Weg der Beigeladenen ergäben sich auch bereits deshalb, weil weder der Heimbeirat noch die Bewohner der Einrichtung ordnungsgemäß über die angestrebte Erhöhung der Pflegesätze informiert worden seien.

In der mündlichen Verhandlung der Schiedsstelle vom 3.12.2015 erzielten die Beteiligten Einigkeit hinsichtlich sämtlicher Personal- und Sachkosten. Hinsichtlich des weiterhin streitigen Gewinnzuschlags forderte die Beigeladene für den Zeitraum vom 1.9.2015 bis zum 30.6.2016, die Entgelte unter Berücksichtigung eines Gewinnzuschlags von (nur noch) 4 % wie folgt festzusetzen:

Pflegeklasse I: 49,51 Euro pro Berechnungstag

Pflegeklasse II: 71,65 Euro pro Berechnungstag

Pflegeklasse III: 94,61 Euro pro Berechnungstag

Entgelt für Unterkunft: 18,76 Euro pro Berechnungstag

Entgelt für Verpflegung: 14,45 Euro pro Berechnungstag

Entgelt für Verpflegung Sondenernährung: 9,63 Euro pro Berechnungstag.

Die Kläger hielten an ihrer Auffassung fest: Die Pflegesätze zur Vergütung der Leistungen der vollstationären Pflege sowie der Entgelte für Unterkunft und Verpflegung seien entsprechend des letzten Vergütungsangebots vom 13.8.2015 für die Zeit vom 1.2.2016 bis zum 30.6.2016 festzusetzen. Ein etwaiger Gewinnzuschlag sei pflegestufenunabhängig als einheitlicher Betrag auszuweisen.

Durch Beschluss vom 3.12.2015 setzte die ...

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