Entscheidungsstichwort (Thema)

morbiditätsorientierter Risikostrukturausgleich. Festlegungen durch das Bundesversicherungsamt hinsichtlich des Regressionsverfahrens ohne Annualisierung der Leistungsausgaben unterjährig Verstorbener für das Jahr 2012 rechtmäßig

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Es begegnet keinen rechtlichen Bedenken, dass § 31 Abs. 4 Satz 1 RSAV dem Bundesversicherungsamt die konkrete Ausgestaltung des Klassifikationsmodells einschließlich des Regressionsverfahrens zur Ermittlung der Gewichtungsfaktoren und des Berechnungsverfahrens zur Ermittlung der Risikozuschläge überträgt.

2. Für die Prüfung der Rechtmäßigkeit der Festlegung des Klassifikationsmodells und des Regressions- und Berechnungsverfahrens ist auf den Kenntnisstand zum Zeitpunkt des Erlasses der Festlegungen abzustellen.

3. Die Festlegungen des Bundesversicherungsamtes für das Ausgleichsjahr 2009 hinsichtlich des Regressionsverfahrens mit der Entscheidung gegen eine Annualisierung der Leistungsausgaben unterjährig Verstorbener sind rechtmäßig. Das Bundesversicherungsamt konnte auch in den Folgejahren bis einschließlich 2012 zu Recht von einer entsprechenden Änderung des Regressionsverfahrens absehen.

 

Orientierungssatz

Parallelentscheidung zum Urteil des LSG Essen vom 4.7.2013 - L 16 KR 732/12 KL, das vollständig dokumentiert ist.

 

Normenkette

RSAV § 31 Abs. 1 S. 1, Abs. 4 Sätze 1, 6; SGB V § 268 Abs. 1, § 266 Abs. 5 S. 2, Abs. 6

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

Der Streitwert wird auf 2.500.000 Euro festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt höhere Zuweisungen aus dem morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleich (Morbi-RSA) im Jahresausgleich 2011. Streitig ist, ob die Zuweisungen wegen eines "Methodenfehlers" bei der Berechnung der risikoadjustierten Zu- und Abschläge rechtswidrig zu niedrig sind, weil nach den "Festlegungen" des Bundesversicherungsamtes (BVA) die Leistungsausgaben für im Berichtsjahr verstorbene Versicherte nicht annualisiert werden.

Seit 1994 findet zum Ausgleich der unterschiedlichen Risikostrukturen zwischen den gesetzlichen Krankenkassen jährlich ein Risikostrukturausgleich (RSA) statt. Er zielt darauf ab, die finanziellen Auswirkungen von Unterschieden in der Verteilung der Versicherten auf nach Alter und Geschlecht getrennte Versichertengruppen und Morbiditätsgruppen zwischen den Krankenkassen auszugleichen.

Die gesetzlichen Regelungen der §§ 266 ff. SGB V sehen seit dem 01.01.2009 vor, die Versichertengruppen und die Gewichtungsfaktoren nach Klassifikationsmerkmalen zu bilden, die zugleich die Morbidität der Versicherten unmittelbar berücksichtigen (so genannter Morbi-RSA). Die zur Bestimmung der Einzelheiten ergangene Regelung des § 31 Risikostrukturausgleichsverordnung (RSAV) macht dazu in Abs. 1 nähere Vorgaben für das Versichertenklassifikationsmodell (u.a. Begrenzung auf 50-80 Krankheiten) und regelt in Abs. 2 und 3 die Berufung eines Wissenschaftlichen Beirats beim BVA, der Vorschläge für die Anpassung eines Klassifikationsmodells an die GKV und dessen Weiterentwicklung erarbeiten soll. Gemäß Abs. 4 legt das hierzu ermächtigte BVA auf der Grundlage dieser Empfehlungen die zu berücksichtigenden Krankheiten, die aufgrund dieser Krankheiten zugrundezulegenden Morbiditätsgruppen, den Algorithmus für die Zuordnung der Versicherten zu den Morbiditätsgruppen, das Regressionsverfahren zur Ermittlung der Gewichtungsfaktoren und das Berechnungsverfahren zu Ermittlung der Risikostrukturzuschläge nach Anhörung der Spitzenverbände der Krankenkassen fest und gibt diese Festlegungen in geeigneter Weise bekannt. Das Festlegungsverfahren ist dokumentiert auf der Homepage des BVA unter "Risikostrukturausgleich" - "Festlegungen".

Die dem RSA dienenden Zuschläge für alle Risikogruppen werden dabei durch ein für den Morbi-RSA in § 34 Abs. 1 Satz 1 RSAV vorgeschriebenes Regressionsverfahren ermittelt. Mittels dieses statistischen Verfahrens wird der quantitative Zusammenhang zwischen einer oder mehreren unabhängigen Variablen und einer abhängigen Variablen ermittelt. Die Ausgaben je Versichertem bilden die abhängige Variable, während die Zuordnung der Versicherten zu den Risikogruppen die unabhängige Variable bildet. Die sich ergebenden Regressionskoeffizienten sind als Anteile an den Ausgaben eines Versicherten zu interpretieren, die der jeweiligen Risikogruppe zugerechnet werden können. Sie werden als Jahreswerte ermittelt; da aber Zuweisungen taggenau (je Versichertentag) zugewiesen werden, werden die ermittelten Regressionskoeffizienten durch 365 geteilt. Da im Regressionsverfahren jeder Versicherte unabhängig von der Dauer der Versicherung gleichwertig berücksichtigt wird, also die Ausgaben eines Versicherten, der nur einen Tag versichert war, ebenso in die "Durchschnittsbildung" eingehen wie die Ausgaben eines ganzjährig Versicherten, wird in der internationalen Gesundheitsökonomie empfohlen, zur Vermeidung einer Unterschätzung der Ausgaben die Ausgaben ...

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