Entscheidungsstichwort (Thema)

Soziale Pflegeversicherung. Pflegequalität. Ergebnisse von Qualitätsprüfungen. Verfahren und Anforderungen an gegenüber stationären Pflegeeinrichtungen zu erlassende Maßnahmebescheide

 

Orientierungssatz

1. Bei § 114 Abs 3 S 2 SGB 11 handelt es sich um eine Schutzvorschrift zugunsten der Pflegebedürftigen, nicht der Pflegeeinrichtungen. Diese können - jedenfalls wenn sie die Prüfung ermöglicht haben - mit dem Einwand des Fehlens der schriftlichen Einwilligungen die Rechtswidrigkeit des Maßnahmebescheids nicht begründen.

2. Es ist ausreichend, wenn ein Mitglied des Prüfteams über die Auditorenausbildung verfügt.

3. Der Senat hat im Zusammenhang mit der Veröffentlichung von Transparenzberichten bereits entschieden, dass abweichend von § 2 der Pflege-Transparenzvereinbarung ambulant (PTVA) mindestens zehn Pflegebedürftige geprüft werden müssen, um repräsentative Ergebnisse zu erhalten (vgl LSG Essen vom 2.5.2012 - L 10 P 5/12 B ER = Sozialrecht aktuell 2012, 172; Anschluss an LSG Halle vom 8.7.2011 - L 4 P 44/10 B ER = Sozialrecht aktuell 2012, 69). Diese Rechtsprechung ist auf Nr 6 Abs 8 der Qualitätsprüfungs-Richtlinien (QPR) nicht übertragbar.

4. Ausreichend für eine Beteiligung der Sozialhilfeträger nach § 115 Abs 2 S 1 SGB 11 ist es, wenn der Sozialhilfeträger von dem Vorliegen des Prüfberichts unterrichtet wird, ihm die Ergebnisse der Qualitätsprüfung und die hierbei gewonnenen Daten und Informationen übermittelt werden und er die Gelegenheit hat, hierzu Stellung zu nehmen.

5. Der Maßnahmebescheid setzt zu seiner Rechtmäßigkeit voraus, dass er dem Bestimmtheitserfordernis des § 33 Abs 1 SGB 10 genügt. Insoweit ist es erforderlich, dass der Bescheid konkrete Maßnahmen im Sinne von Handlungsanweisungen vorsieht, deren Umsetzung oder nicht Umsetzung festgestellt werden kann. Unerheblich ist, ob die aufgegebenen Maßnahmen einen vollstreckungsfähigen Inhalt haben (entgegen LSG Berlin-Potsdam vom 11.3.2013 - L 27 P 101/12 B ER).

 

Tenor

Auf die Beschwerden der Antragsgegnerinnen wird der Beschluss des Sozialgerichts Münster vom 07.10.2013 aufgehoben und der Antrag der Antragstellerin auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage vom 29.08.2013 gegen den Bescheid vom 29.07.2013 abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens für beide Rechtszüge.

Der Streitwert wird auf 15.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I.

Die Antragstellerin (ASt) begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen einen nach § 115 Abs 2 S 1 des Elften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB XI) erlassenen Maßnahmenbescheides.

Die ASt ist Trägerin der vollstationären Pflegeeinrichtung "Altenzentrum K" in T. Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung Westfalen-Lippe (MDK) führte am 24.04.2013 eine Qualitätsprüfung in Form einer Regelprüfung gem §§ 112 ff SGB XI durch. Die ASt hielt zum Prüfungspunkt 82 Pflegeplätze vor, wovon 80 Pflegeplätze (einschließlich drei Plätze einer eingestreuten Kurzzeitpflege) belegt waren. Geprüft wurden acht Personen.

In dem Prüfbericht kam der MDK zu dem Ergebnis, dass Defizite in den Bereichen der systematischen Schmerzeinschätzung, Mobilität mit Sturzrisiko, Dekubitusgefahr und -prophylaxe, Ernährung und Flüssigkeitsversorgung sowie Demenz bestünden.

Im Folgenden leiteten die Antragsgegnerinnen (AG) den Prüfbericht der ASt zu und gaben ihr mit Schreiben vom 13.05.2013 Gelegenheit zur schriftlichen Äußerung zu den geplanten Maßnahmen bis zum 18.06.2013.

Mit Schreiben vom 22.05.2013 bat die ASt die AG bezüglich des Maßnahmenbescheides den juristischen Anforderungen gerecht zu werden. Für jede Maßnahme sei ein Auswahlermessen zu treffen. Die Auswahl müsse ermessensfehlerfrei und verhältnismäßig sein. Der Bestimmtheitsgrundsatz sei zu beachten. Die Beschreibung von "erforderlichen oder geeigneten Maßnahmen" sei zu unbestimmt. Im Hinblick auf künftige Prüfungen werde gebeten, den beauftragten Prüfern einen schriftlichen Prüfauftrag gem Nr 3 der "Richtlinien des GKV-Spitzenverbandes über die Prüfung der in Pflegeeinrichtungen erbrachten Leistungen und deren Qualität nach § 114 SGB XI" (QPR) vom 11.07.2009 in der Fassung vom 30.06.2009 auszuhändigen, da Prüfungen ohne einen solchen Prüfauftrag nicht geduldet werden müssten. Auch seien künftig Bewertungsfragen gemäß Anlage 2 zur QPR im Prüfteam zu erheben. Insbesondere sei auch das Erfordernis des Auditors festzustellen. Alle Fragen, die in der vorliegenden Prüfung durch den Prüfer Q erhoben worden seien, entsprächen nicht den Anforderungen der Nr 5 QPR. Darüber hinaus seien nach der Rechtsprechung des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen (LSG NRW) hinsichtlich einer verhältnismäßigen Stichprobe mindestens zehn Pflegebedürftige in eine Prüfung einzubeziehen. Ergebnisse ohne eine derart eingehaltene Stichprobenhöhe seien sowohl für den Transparenzbericht als auch für die Aussagekraft des Maßnahmenbescheides nicht verwertbar. Zu den konkreten Mängeln und geplanten Maßnahmen...

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