Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen des Entstehens einer Erledigungsgebühr

 

Orientierungssatz

1. Der Anfall einer Einigungsgebühr nach Nrn. 1002, 1006 VV RVG setzt voraus, dass der Rechtsanwalt beim Abschluss eines Vergleichs mitwirkt, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird.

2. Die Annahme eines Teilanerkenntnisses bei Erledigungserklärung des Rechtsstreites erfüllt nicht die Voraussetzungen für das Entstehen der Einigungsgebühr, weil es insoweit an der erforderlichen Vereinbarung fehlt. Bloße einseitige Erklärungen, auch wenn sie von beiden Seiten abgegeben werden und zur Beendigung eines Rechtsstreites führen, genügen für die Annahme einer Vereinbarung nicht.

 

Tenor

Die Beschwerde der Beschwerdeführerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 26.06.2012 wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Zwischen den Beteiligten ist noch streitig, ob bei der Höhe der erstattungsfähigen Rechtsanwaltsgebühren im Rahmen der durch das Sozialgericht (SG) Köln für ein einstweiliges Anordnungsverfahren bewilligten Prozesskostenhilfe auch eine Einigungsgebühr zu berücksichtigen ist.

Mit Beschluss vom 08.05.2012 bewilligte das SG dem Antragsteller Prozesskostenhilfe unter Beiordnung der Beschwerdeführerin, Rechtsanwältin U aus L. Im einstweiligen Rechtsschutzverfahren begehrte der Antragsteller unter dem 26.04.2012 vorläufig Leistungen nach dem SGB II. Nachdem der Antragsteller auf Anforderung des SG weitere Unterlagen zur Glaubhaftmachung einer Hilfebedürftigkeit übersandt hatte, wies das SG den Antragsgegner darauf hin, dass nach den vorliegenden Unterlagen das Vermögen des Antragstellers nicht sofort verwertbar sei. Es werde um Prüfung einer darlehensweisen Bewilligung gebeten. Daraufhin teilte der Antragsgegner mit Schreiben vom 10.05.2012 mit, dass er die SGB II-Leistungen nunmehr darlehensweise bewilligen werde. Der entsprechende Bescheid werde kurzfristig erstellt. Sobald dieser vorläge, werde der Antragsgegner diesen unaufgefordert nachreichen. Auf Anfrage des SG vom 10.05.2012, ob das Anerkenntnis angenommen und der Rechtsstreit für erledigt erklärt werde, teilte der Antragsteller unter dem 15.05.2012 mit, der Rechtsstreit könne nicht für erledigt erklärt werden, weil bisher kein Bescheid im Hinblick auf die darlehensweise

Gewährung erstellt worden sei. Mit Schreiben vom 14.05.2012 (Eingang 16.05.2012) übersandte der Antragsgegner den Darlehensbescheid vom 14.05.2012. Auf nochmalige Anfrage des SG vom 16.05.2012, ob nunmehr der Rechtsstreit für erledigt erklärt werde, erfolgte unter dem 18.05.2012 eine Erledigungserklärung des Antragstellers.

Die Beschwerdeführerin beantragte mit Schreiben vom 18.05.2012 die Festsetzung von Gebühren und Auslagen in Höhe von insgesamt 487,90 Euro nach folgender Berechnung:

Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV RVG 200,00 Euro

Einigungsgebühr Nr. 1002, 1006 VV RVG 190,00 Euro

Auslagenpauschale Nr. 7002 VV RVG 20,00 Euro

Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG 77,90 Euro

Summe 487,90 Euro

Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle setzte die Vergütung mit Beschluss vom 13.06.2012 auf 261,80 Euro nach folgender Berechnung fest:

Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV RVG 200,00 Euro

Auslagenpauschale Nr. 7002 VV RVG 20,00 Euro

Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG 41,80 Euro

Summe 261,80 Euro

Eine Einigungsgebühr sei nicht entstanden. Diese Gebühr entstehe nur für die Mitwirkung beim Abschluss eines Vergleichs, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis beseitigt werde, nicht aber für eine "Regelung", die sich ausschließlich auf ein Anerkenntnis beziehe. Ein solches Anerkenntnis läge vor. Dem Antrag des Antragstellers, ihm vorläufig Leistungen nach dem SGB II zu gewähren, sei der Antragsgegner nachgekommen. Die Prozessbevollmächtigte habe hierauf das Verfahren für erledigt erklärt. Die formellen Voraussetzungen für den Abschluss eines Vergleichs seien nicht gegeben, ein gegenseitiges Nachgeben läge nicht vor.

Im Rahmen der Erinnerung trug die Beschwerdeführerin vor, dass eine Einigungsgebühr entstanden sei, weil ein gegenseitiges Nachgeben vorläge. Der Antragsgegner habe nach anfänglicher Weigerung Leistungen zu gewähren, angeboten, zumindest darlehensweise Leistungen zu gewähren. Dies sei akzeptiert worden. Darin sei ein diesseitiges Nachgeben zu sehen, weil der Antragsteller die Leistungen als Beihilfe geltend gemacht habe.

Nachdem der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle der Erinnerung nicht abgeholfen hatte, hat das SG mit Beschluss vom 26.06.2012 die Erinnerung der Beschwerdeführerin zurückgewiesen. Eine Einigungsgebühr nach Nr. 1006 VV RVG sei nicht entstanden. Nach dem Wortlaut von Nr. 1000 VV RVG, auf den Nr. 1005 VV RVG verweise, entstehe eine Einigungsgebühr für die Mitwirkung beim Abschluss eines Vertrages, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis beseitigt werde, es sei denn, der Vertrag beschränke sich ausschließlich auf ein Anerkenntnis oder einen Verzicht. Voraussetzu...

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