Entscheidungsstichwort (Thema)

Rückwirkende Bewilligung von Prozesskostenhilfe

 

Orientierungssatz

1. Prozesskostenhilfe kann auch rückwirkend bewilligt werden. Dabei kann die Rückwirkung bis zu dem Zeitpunkt erstreckt werden, in dem der Antragsteller durch einen formgerechten Bewilligungsantrag alles für die Bewilligung getan hat. Hierzu gehört die Vorlage einer ordnungsgemäß ausgefüllten Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse.

2. Mit dem Eintritt der Bewilligungsreife des Prozesskostenhilfegesuchs ist PKH zu gewähren, wenn das Antragsverfahren die erforderliche hinreichende Erfolgsaussicht bietet. Ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach § 86 b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG setzt nicht voraus, dass sich der Antragsteller zunächst an den zuständigen Leistungsträger wenden muss, um eine Entscheidung über die Aussetzung der sofortigen Vollziehung nach § 86 a Abs. 3 S. 1 SGG zu erhalten.

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 19.08.2009 geändert. Der Antragstellerin wird ab dem 31.07.2009 Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt N aus E beigeordnet.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen einen Sanktionsbescheid.

Die am 00.00.1984 geborene Antragstellerin bezieht von der Antragsgegnerin Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Am 15.01.2009 schloss sie mit der Antragsgegnerin eine bis zum 14.07.2009 befristete Eingliederungsvereinbarung ab.

Durch bestandskräftigen Bescheid vom 22.04.2009 senkte die Antragsgegnerin unter Berufung auf § 31 Abs. 5, 1 und 6 SGB II den der Antragstellerin zustehenden Anteil des Arbeitslosengeldes II für die Zeit vom 01.05. bis zum 11.06.2009 auf die angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung ab. Sie führte aus, dass die Antragstellerin trotz Belehrung über die Rechtsfolgen ihre in der Eingliederungsvereinbarung festgelegten Pflichten nicht umfassend erfüllt habe, da sie ihre Eigenbemühungen für den Zeitraum vom 24.01 bis 15.02.2009 nicht ausreichend nachgewiesen habe. Es sei die Erstellung von mindestens einer kompletten, schriftlichen Bewerbung pro Woche mit einem individuellen Anschreiben, einem Lebenslauf, Bewerbungsfoto und einem selbstgesuchten Stellenangebot für freie Vollzeitjobs im Helferbereich vereinbart worden. Diese sollten von der Antragstellerin dem Fallmanager vorgelegt werden. Des weiteren sollten Absagen vorgelegt werden. Dies sei nicht erfolgt.

Die Antragsgegnerin bewilligte der Antragstellerin und ihrem Partner mit Bescheid vom 30.04.2009 Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01.06 bis 30.11.2009. Durch Bescheid vom 07.06.2009 gewährte die Antragsgegnerin der Antragstellerin und ihrem Partner Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 999,79 EUR mtl. für die Zeit vom 01.07 bis 30.11.2009.

Mit Bescheid vom 15.07.2009 stellte die Antragsgegnerin fest, dass die Antragstellerin wiederholt ihren Pflichten nicht nachgekommen sei (vorangegangene Pflichtverletzung am 15.02.2009) und damit der der Antragstellerin zustehende Anteil des Arbeitslosengeldes II für die Zeit vom 01.08. bis 31.10.2009 vollständig entfalle. Die ursprüngliche Bewilligungsentscheidung vom 30.04.2009 werde insoweit für den oben genannten Zeitraum nach § 48 Zehntes Sozialgesetzbuch (SGB X) aufgehoben. Von der Absenkung seien die Regelleistung und die Leistungen für Unterkunft und Heizung betroffen. Der Bescheid wurde laut Absendevermerk am15.07.2008 abgesandt.

Mit Schreiben vom 28.07.2009, eingegangen bei der Antragsgegnerin um 17.02 Uhr, legte die Antragstellerin, vertreten durch den Bevollmächtigten, Widerspruch gegen den Sanktionsbescheid ein. Dem Schreiben war eine von der Antragstellerin am 22.07.2009 unterschriebene Vollmacht beigefügt. Durch Abhilfebescheid vom 05.08.2009 hob die Antragsgegnerin den Sanktionsbescheid vom 15.07.2009 auf und bewilligte der Bedarfsgemeinschaft Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01.08 bis 30.11.2009. Die Antragsgegnerin erstattete der Antragstellerin einen Betrag von 309,40 EUR als notwendige Aufwendungen nach § 63 SGB X.

Am 31.07.2009, einem Freitag, hat die Antragstellerin beim Sozialgericht die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs sowie die Gewährung von Prozesskostenhilfe beantragt. Dem Antrag ist eine von der Antragstellerin am 30.07.2009 unterschriebene Erklärung der Antragstellerin beigefügt gewesen. Der Antrag ist um 14.30 Uhr beim Sozialgericht per Telefax eingegangen.

Nach Übersendung des Abhilfebescheides durch die Antragsgegnerin hat der Bevollmächtigte der Antragstellerin erklärt, dass er das Anerkenntnis der Antragsgegnerin annehme und die Hauptsache für erledigt erkläre. Er hat die Festsetzung seiner Kosten in Höhe von 626,74 EUR beantragt.

Durch Beschluss vom 19.08.2009 hat das Sozialgericht Dortmund die Gewährung von Prozesskostenhilfe abgelehnt. Es hat eine hinreichende Erfolgsaussicht des Begehrens verneint. Der Antrag sei wegen fehlenden Rech...

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