Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen einer Bewilligung von Leistungen der Grundsicherung durch einstweiligen Rechtschutz im Wege der Folgenabwägung

 

Orientierungssatz

1. Hat der Antragsteller zur Bewilligung von Leistungen der Grundsicherung im Wege des einstweiligen Rechtschutzes entweder einen Anordnungsanspruch oder einen Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht, so sind ihm die beantragten Leistungen allenfalls im Wege der Folgenabwägung zuzusprechen.

2. Bleibt offen, ob der Antragsteller über bereites Vermögen oder laufendes Einkommen und gfs. in welcher Höhe verfügt, so ist ihm im Wege der Folgenabwägung der Regelbedarf durch einstweilige Anordnung zuzusprechen.

3. Von der einstweiligen Übernahme des Unterkunftsbedarfs ist dagegen abzusehen, wenn erhebliche Zweifel an der Ernsthaftigkeit des Mietverhältnisses bestehen.

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 19.02.2019 geändert. Der Antragsgegner wird verpflichtet, dem Antragsteller vom 01.05.2019 bis 31.10.2019, längstens bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens, den Regelbedarf iHv monatlich 424 EUR zu zahlen. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen. Der Antragsgegner hat 1/3 der außergerichtlichen Kosten des Antragstellers in beiden Rechtszügen zu erstatten.

 

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II.

Der am 00.00.1969 geborene, geschiedene und alleinstehende Antragsteller beantragte erstmals im Oktober 2014 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts vom Antragsgegner. Bei Antragstellung gab der Antragsteller an, er lebe von seiner Frau getrennt. Er sei alleinerziehender Vater einer 10-jährigen Tochter, die zu seiner Bedarfsgemeinschaft gehöre. Sein Makler-Gewerbe habe er am 15.10.2014 abgemeldet, weil er hierüber keine Einkünfte erzielt habe. Zuvor habe er von seinen Ersparnissen gelebt. Er werde bald als Geschäftsführer der B GmbH tätig werden. Der Antragsgegner bewilligte dem Antragsteller zunächst ab Ende 2014 Leistungen. Im Oktober 2016 teilte der Antragsteller mit, seine Tochter werde voraussichtlich zu ihm ziehen. Am 13.12.2016 meldete der Antragsteller seine Tochter in H an und beantragte unter Einreichung der "Anlage KI" Leistungen für seine Tochter. Der Antragsgegner bewilligte auch der Tochter des Antragstellers daraufhin ab Dezember 2016 Leistungen, die an den Antragsteller ausgezahlt wurden.

Am 25.10.2017 beantragte der Antragsteller die Weiterbewilligung der Leistungen, wobei er keine Änderungen in seinen persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnissen angab. Der Antragsgegner bewilligte dem Antragsteller und seiner Tochter mit Bescheid vom 07.11.2017 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 25.11.2017 Leistungen für Dezember 2017 bis November 2018.

Im Rahmen der Überprüfung von Unterhaltsansprüchen gegen die geschiedene Ehefrau des Antragstellers teilten die Rechtsanwälte der Ehefrau mit Schreiben vom 10.03.2017 und 18.09.2017 mit, der Antragsteller habe im September 2015 durch einen Hausverkauf in O einen Betrag iHv rund 115.000 EUR auf ein Konto bei der Postbank erhalten. Diesen Zufluss und das Vorhandensein eines Postbankkontos hatte der Antragsteller bei Antragstellung nicht angegeben. Zudem sei der Antragsteller selbständig tätig für die Fa. T. Im Internet werde der Antragsteller als Geschäftsführer dieser Firma und das Postbank-Konto des Antragstellers als Firmenkonto genannt. Die Tochter des Antragstellers habe sich zudem ständig bei der Mutter in O aufgehalten und die Stadt H niemals gesehen. Aufgrund dieser Ausführungen stellte der Antragsgegner zunächst die Leistungen vorläufig ab Januar 2018 ein und unterrichtete den Antragsteller mit Schreiben vom 21.12.2017 hierüber. Ferner forderte der Antragsgegner den Antragsteller auf, u.a. den Notarvertrag hinsichtlich der verkauften Immobilie, die Postbank-Kontoauszüge und Meldedokumente hinsichtlich der Tochter B vorzulegen.

Der Antragsteller sprach am 21.12.2017 bei dem Antragsgegner vor und teilte mit, dass seine Tochter B bei ihm leben und in H zur Schule gehen würde. Das Schulzeugnis befände sich bei der Mutter in O; die Schule der Tochter könne er nicht benennen. Zum Hausverkauf merkte er an, er habe Schulden bei Freunden und Bekannten gehabt. Ein Audi Q5 sei nur auf ihn in der Zeit vom 17.11.2016 bis 01.11.2017 gemeldet gewesen. Aktuell sei auf ihn ein Opel Corsa gemeldet. Am 22.01.2018 sprach der Antragsteller erneut beim Antragsgegner vor und teilte mit, dass er mit seiner Ex-Frau das frühere Familienheim in der G-straße 00, O, am 18.05.2015 für 395.000 EUR verkauft habe. Nach Abzug der Lasten habe er einen Erlösanteil von 114.230,97 EUR auf das Postbank-Konto erhalten. Es handele sich um ein Konto seiner volljährigen Tochter G Z. Mit dem Erlös habe er Privatdarlehen bei Freunden und Verwandten getilgt. So habe er sich einen Betrag iHv insgesamt 70.000 EUR von Herrn C B geliehen. Ein schriftlicher Darlehensv...

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