Entscheidungsstichwort (Thema)

Erteilung einer Genehmigung für eine Zweigpraxis durch einstweiligen Rechtsschutz

 

Orientierungssatz

1. Die Genehmigung einer Zweigpraxis gemäß § 24 Abs. 3 Ärzte-ZV begründet für den begünstigten Arzt keinen Status, sondern erweitert in tatsächlicher Hinsicht seine Behandlungsmöglichkeiten. Erforderlich, aber auch ausreichend ist es, wenn das bestehende Leistungsangebot zum Vorteil für die Versicherten in qualitativer Hinsicht erweitert wird. Eine Bedarfsprüfung wie bei Ermächtigungen und Sonderbedarfszulassungen findet insoweit nicht statt.

2. Bei der Entscheidung über die sofortige Vollziehung eines Bescheides über die Genehmigung einer Zweigpraxis kommt es im Rahmen der Interessenabwägung auch auf wirtschaftliche Beeinträchtigungen an. Diese haben aber keine solche Bedeutung wie im Anwendungsbereich des § 86 b Abs. 2, weil sie dort in der Form des Anordnungsgrundes gleichrangig neben dem Anordnungsanspruch stehen.

 

Tenor

Die sofortige Vollziehung des der Antragstellerin erteilten Bescheides vom 31.03.2008 über die Genehmigung einer Zweigpraxis wird angeordnet.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragsgegnerin. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Die Antragstellerin ist ein Medizinisches Versorgungszentrum mit Sitz in C (MVZ der Klinik E GmbH (Fachrichtung Augenheilkunde)). Die Beigeladene ist eine überörtliche Berufsausübungsgemeinschaft (Gemeinschaftspraxis). Ihre Mitglieder sind als Fachärzte für Augenheilkunde zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen und in Remscheid so wie in Solingen tätig. Die Beigeladene wendet sich mit der defensiven Konkurrentenklage gegen die der Antragstellerin erteilte Zweigpraxisgenehmigung.

Auf den Antrag der Antragstellerin vom 07.01.2008 genehmigte die Antragsgegnerin eine Zweigpraxis in Remscheid für die Tätigkeit der Ärztin S (Bescheid vom 31.03.2008). Der hiergegen gerichtete Widerspruch der Beigeladenen blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 22.07.2008).

Das Sozialgericht (SG) Düsseldorf hat die Klage der Beigeladenen mit Urteil vom 20.05.2009 abgewiesen. Die Klage sei zulässig. Unzulässig sei ein Rechtsbehelf nur dann, wenn durch den angefochtenen Verwaltungsakt offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise Rechte des Klägers verletzt werden könnten. Die Überprüfung im Einzelnen, ob eine Rechtsnorm drittschützenden Charakter habe, erfolge erst im Rahmen der Begründetheit. Die Klage sei indes unbegründet. Eine Anfechtungsbefugnis sei nicht gegeben, denn der Regelung des § 24 Abs. 3 der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) sei keine drittschützende Wirkung zu entnehmen. Eine Anfechtungsberechtigung lasse sich auch nicht aus einem Verstoß gegen das Willkürverbot herleiten. Eine inhaltliche Überprüfung auf solche schweren Rechtsfehler setze stets voraus, dass der angegriffenen Rechtseinräumung ein grundsätzlicher Nachrang gegenüber der Position des Anfechtenden innewohne. Fehle es daran, sei kein Ansatz für die Annahme einer drittschützenden Wirkung zugunsten der bereits tätigen Vertragsärzte gegeben und könne in einem Verfahren der defensiven Konkurrentenklage auch keine inhaltliche Überprüfung stattfinden. Im Übrigen sei nicht ersichtlich, dass die angegriffene Entscheidung auf sachfremden Erwägungen beruhe.

Diese Entscheidung hat die Beigeladene mit der Berufung angegriffen. Das Verfahren ist seit dem 15.07.2009 zum Az. L 11 KA 42/09 vor dem Senat anhängig.

Mit Schreiben vom 11.12.2009 begehrt die Antragstellerin einstweiligen Rechtsschutz. Sie macht geltend: Der Antrag sei zulässig. Die Anfechtungsklage der Beigeladenen habe aufschiebende Wirkung. Das Vollzugsinteresse überwiege das Aussetzungsinteresse bei weitem. Die Berufung der Beigeladenen könne keine Aussicht auf Erfolg haben, denn diese sei nicht berechtigt, die erteilte Zweigpraxisgenehmigung anzufechten. Das Bundessozialgericht (BSG) habe in seiner Sitzung vom 28.10.2009 - B 6 KA 42/08 R - entschieden, dass die Zweigpraxisgenehmigung für den begünstigten Arzt keine statusbegründende Wirkung habe, sondern in tatsächlicher Hinsicht lediglich die Behandlungsmöglichkeiten erweitere. Darüber hinaus bestehe im Gegensatz zur Erteilung von Ermächtigungen bzw. Sonderbedarfszulassungen zwischen der Zweigpraxisgenehmigung und der Zulassung des konkurrierenden Vertragsarztes kein Über-Unterordnungsverhältnis, da eine Bedarfsprüfung nicht stattfinde. Diese Entscheidung und deren Bedeutung für den von ihr geführten Rechtsstreit habe die Beigeladene erkannt, dennoch die Klage bislang nicht zurückgenommen.

Die Antragstellerin beantragt,

die sofortige Vollziehung des Bescheides der Antragsgegnerin über die Erteilung der Genehmigung für die Antragsstellerin, eine Zweigpraxis am Standort Leichlingen zu errichten, anzuordnen.

Die Beigeladene hat sich zur Sache nicht geäußert und keinen Antrag gestellt.

Die Antragsgegnerin verweist darauf, angesichts der Entscheidung des BSG vom 28.10.2009 sei der Antragstellerin nunmehr die M...

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