Entscheidungsstichwort (Thema)

Absenkung des Arbeitslosengeld II. Antragserfordernis. Nichterfüllung von Pflichten aus Eingliederungsvereinbarung. Weigerung iS des § 31 Abs 1 S 1 Nr 1 Buchst c SGB 2. Verhinderung eines Vorstellungsgespräches. Nachweis eines vorwerfbaren Verhaltens

 

Orientierungssatz

1. Leistungen nach dem SGB 2 sind gem § 37 Abs 1 SGB 2 antragsabhängig und werden nach § 37 Abs 2 S 1 SGB 2 nicht für Zeiten vor Antragstellung erbracht. Obgleich es für eine den Anforderungen des § 37 SGB 2 genügende Antragstellung weder der Schriftform noch der Verwendung eines bestimmten Antragsvordruckes bedarf, entstehen Leistungsansprüche erst durch Einreichung des ausgefüllten Antragsformulars.

2. Weigerung iS des § 31 Abs 1 S 1 Nr 1 Buchst c SGB 2 ist jedes Verhalten, das den hinreichend sicheren Schluss erlaubt, dass ein Hilfebedürftiger eine bestimmte Arbeit nicht ausüben will. Hierzu zählt auch die Verhinderung eines Vorstellungsgespräches. Eine Weigerung gem § 31 Abs 1 SGB 2 kann hiernach grundsätzlich auch darin liegen, dass ein Arbeitsuchender einem Arbeitsangebot und einer Aufforderung, sich hierauf zu bewerben, pflichtwidrig erst so spät nachkommt, dass die Stelle zwischenzeitlich erwartungsgemäß anderweitig vergeben worden ist.

3. An einem Nachweis für ein vorwerfbares Verhalten gem § 31 SGB 2 fehlt es, wenn die Leistungsakten des Grundsicherungsträgers weder eine Kopie des an den Arbeitsuchenden gerichteten Stellenangebots noch einen diesbezüglichen Absendevermerk enthalten, so dass sich nähere Feststellungen über den Zeitpunkt der Aufgabe zur Post und des Zugangs nicht treffen lassen.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 05.11.2009; Aktenzeichen B 14 AS 61/09 B)

 

Tenor

Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichtes Hildesheim vom 06. April 2006 wird geändert.

Der Absenkungsbescheid der Berufungsbeklagten vom 31. August 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. August 2005 sowie des weiteren Widerspruchsbescheides vom 13. Oktober 2005 wird aufgehoben.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Der Berufungsbeklagte hat 1/3 der außergerichtlichen Kosten des Berufungsklägers zu tragen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob dem Berufungskläger für die Zeit vom 01. Januar 2005 bis zum 19. Mai 2005 unterhaltssichernde Leistungen nach dem SGB II zustehen und ob die Berufungsbeklagte die ab 20. Mai 2005 laufend gewährten Leistungen für die Zeit vom 01. Oktober 2005 bis zum 31. Dezember 2005 rechtmäßig um 30 v. H. abgesenkt hat.

Der Berufungskläger sprach am 19. Januar 2005 bei der Berufungsbeklagten vor und ließ sich einen Formularantrag auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB II aushändigen, auf welchem die zuständige Sachbearbeiterin den Tag dieser Vorsprache (19. Januar 2005) als Tag der Antragstellung vermerkte und hinzufügte, dass der Berufungskläger Zahlungen ab 01. Januar 2005 begehre, weil er sich am 03. Januar 2005 bei der Arbeitsagentur gemeldet habe, wo ihm keine weiteren Auskünfte zum Alg II gegeben worden seien. Den ausgefüllten Formularantrag reichte der Berufungskläger indessen erst am 20. Mai 2005 wieder bei der Berufungsbeklagten ein. Nach deren Leistungsakten (Bl. 42) hatte sich der Berufungskläger bereits am 20. Januar 2005, dem Tag nach Aushändigung des Antragsvordruckes, wieder bei ihr gemeldet und mitgeteilt, dass er sich nun doch im Januar 2005 selbstständig machen und einen Existenzgründungszuschuss in Anspruch nehmen wolle. Alg II wolle er jetzt doch nicht beantragen. Er habe wunschgemäß einen Antrag auf einen Existenzgründungszuschuss ausgehändigt erhalten; ihm sei bekannt, dass dieser nicht gewährt werden könne, solange nicht auch Arbeitslosenhilfe gewährt werde. Der Berufungskläger wolle sich deshalb mit dem Arbeitsamt Göttingen wegen der Gewährung von Arbeitslosenhilfe in Verbindung setzen.

Mit zwei Bescheiden vom 21. Juni 2005 lehnte die Berufungsbeklagte die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II insgesamt ab. Zur Begründung bezog sie sich darauf, dass der Berufungskläger über verwertbares Vermögen in Gestalt von knapp 12.000 qm Ackerland und einem Bausparguthaben verfüge. Hinsichtlich des Zeitraumes vom 01. Januar 2005 bis zum 19. Mai 2005 stützte sie ihre Entscheidung darauf, dass der Berufungskläger, der seinen Antrag im Übrigen auch zwischenzeitlich zurückgenommen habe, nicht hilfebedürftig gewesen sei, weil er nach eigenen Angaben von Unterstützungsleistungen seiner Mutter und einer im Januar 2005 erfolgten Nachzahlung von Alhi-Leistungen gelebt habe.

Hiergegen erhob der Berufungskläger unter dem 23. Juni 2005 Widerspruch, dem die Berufungsbeklagte mit Bewilligungsbescheid vom 20. Juli 2005 in der Sache abhalf, indem sie dem Berufungskläger nunmehr für die Zeit ab 20. Mai 2005 laufende Leistungen bewilligte. Im Übrigen wies sie den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 29. August 2005 zurück. Dabei bezog sie in ihre sachliche Prüfung einen weiteren Bescheid vom 31. August 2005 ein, mit welchem sie die unter dem 20. Juli 2005 gewährten laufenden Leistungen ...

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