Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Rentenversicherung. Vormerkung polnischer Versicherungszeiten. Anwendbarkeit des RV/UVAbk POL. Wohnort. gewöhnlicher Aufenthalt

 

Orientierungssatz

Soweit es für die Anwendung des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Polen über Renten- und Unfallversicherung (juris: RV/UVAbk POL) auf die Begriffe “Wohnort„ und “Wohnen„ ankommt, enthält Art 1 Nr 10 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen über Soziale Sicherheit (juris: SozSichAbk POL) die Umschreibung, dass hier der “Ort„ des gewöhnlichen Aufenthalts oder sich gewöhnlich aufhalten gemeint ist, wobei es sich um einen “unbefristeten rechtmäßigen Aufenthalt„ handeln muss. Trotz dieser Begriffsbestimmung im Abkommen folgt der Senat der ständigen Rechtsprechung des BSG, wonach wegen des ausdrücklichen Bezuges in den Abkommen auf die Bundesrepublik Deutschland davon auszugehen ist, dass auf den Rechtsbegriff des gewöhnlichen Aufenthalts zu verweisen ist, wie er in § 30 Abs 3 S 2 SGB 1 umschrieben ist (vgl BSG vom 25.3.1998 - B 5 RJ 22/96 R = SGb 1998, 406).

 

Nachgehend

BSG (Rücknahme vom 10.12.2013; Aktenzeichen B 13 R 80/11 R)

 

Tenor

Das Urteil des Sozialgerichts Bremen vom 17. Februar 2009 wird aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Aufnahme ihrer in Polen zurückgelegten Versicherungszeiten in den deutschen Versicherungsverlauf.

Die 1952 in Polen geborene Klägerin besuchte von August 1968 bis Juni 1971 das Eisenbahn-Technikum, das sie mit dem Abitur abschloss. Von 1972 bis 1976 absolvierte sie ein wirtschaftswissenschaftliches Studium, das sie am 8. April 1977 mit dem “Magister der Wirtschaftswissenschaften„ beendete. Die Klägerin arbeitete in ihrem erlernten Beruf vom 1. September 1971 bis 30.September 1972 und vom 1. September 1976 bis 5. September 1987. Arbeitgeber war die polnische Staatseisenbahn. Es wurden Beiträge zur polnischen Sozialversicherung entrichtet.

Die Klägerin reiste am 5. September 1987 nach Deutschland ein und gab in ihrer Aufenthaltsanzeige vom 14. September 1987 bei dem Stadt- und Polizeiamt I. an, sie wolle als Aussiedlerin anerkannt werden und auf immer in Deutschland bleiben. Aus den Auszügen der von der Beklagten beigezogenen Ausländerakte des Stadtamtes I. ergibt sich, dass zunächst befristete “Duldungen„ (Aussetzung der Abschiebung) von der Ausländerbehörde ausgestellt wurden. Die befristet ausgesprochenen Duldungen der Ausländerbehörde erfolgten bis zum 6. Mai 1991. Vom 19. April bis 4. November 1991 war die Klägerin im Besitz einer “Aufenthaltsbefugnis„. Bis zum 28. Februar 1993 war sie “ausreisepflichtig„ und am 30. Juni 1993 wurde erstmalig die “Aufenthaltserlaubnis„ erteilt. Am 6. Dezember 2001 erhielt die Klägerin die unbefristete Aufenthaltserlaubnis (vgl. das Schreiben der Ausländerbehörde der Freien Hansestadt I. vom 15. September 2003 an die Beklagte).

Der Ehemann der Klägerin war bereits im Juli 1987 nach Deutschland geflüchtet und hatte einen Asylantrag gestellt, der 1989 bestandskräftig abgelehnt worden war. Aus der Ehe der Eheleute entstammen vier Kinder, die 1976,1978 und 1982 in Polen geboren wurden. Das jüngste Kind wurde 1992 in Deutschland geboren.

Mit dem hier streitigen Bescheid vom 10. Februar 2004 stellte die Beklagte den Versicherungsverlauf der Klägerin gemäß § 149 Abs. 5 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - SGB VI - fest. Dabei wurden die in Polen zurückgelegten Beschäftigungszeiten der Klägerin nicht anerkannt. Die Beklagte berief sich zur Begründung auf das deutsch-polnische Sozialversicherungsabkommen vom 8. Dezember 1990 (DPSVA 90). Dieses finde Anwendung, wenn der Aufenthalt nach dem 31. Dezember 1990 unbefristet und befugt im Bundesgebiet genommen worden sei. Dabei komme es nicht auf den tatsächlichen Zuzugstag an, sondern auf den Zeitpunkt, in dem der gewöhnliche Aufenthalt begründet werde. Erst mit der am 30. Juni 1993 ausgestellten Aufenthaltserlaubnis könne bei der Klägerin von einem gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet ausgegangen werden.

Die geltend gemachten Versicherungszeiten könnten auch nicht nach den Vorschriften des Fremdrentengesetzes (FRG) berücksichtigt werden, da die Klägerin nicht zu den in § 1 FRG genannten Personen gehöre.

Mit ihrem am 8. März 2004 eingelegten Widerspruch rügt die Klägerin, die Beklagte habe den Begriff des “gewöhnlichen Aufenthalts„ in rechtswidriger Weise angewandt. Sie hätte hier alle Lebensumstände zu berücksichtigen und in ihrem Fall sei eindeutig, dass sie schon durch ihre Übersiedlung aus Polen im Jahre 1987 den Schwerpunkt der Lebensverhältnisse ins deutsche Inland verlegt habe. Für sie und ihre Familie sei der Aufenthalt schon “dauerhaft„ gewesen, weil er nicht auf eine Beendigung angelegt gewesen sei, es habe kein Zweifel daran bestanden, dass sie auf Dauer im Bundesgebiet habe bleiben wollen.

Die Beklagte hat den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 18. Mai ...

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