Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialhilfe. Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung -Einkommenseinsatz. Anrechnung des Kindergeldes. volljähriges behindertes Kind

 

Orientierungssatz

Das an die Eltern ausgezahlte Kindergeld eines in häuslicher Gemeinschaft lebenden volljährigen behinderten Kindes ist nicht auf die Leistungen nach §§ 41ff SGB 12 anzurechnen.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 08.02.2007; Aktenzeichen B 9b SO 5/06 R)

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt von dem Beklagten höhere Leistungen nach dem Vierten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) - Sozialhilfe - und zwar eine Leistungsgewährung ohne Anrechnung des an die Mutter der Klägerin gezahlten Kindergeldes in Höhe von 154,00 € monatlich.

Die ... 1982 geborene Klägerin ist dauerhaft erwerbsunfähig und lebt im Einfamilienhaus ihrer Eltern, die gleichzeitig ihre Betreuer sind.

Zwischen der Klägerin und ihrem Vater, der Eigentümer des bewohnten Eigenheimes ist, besteht ein zum 1. Januar 2003 wirksamer Mietvertrag, wonach die Klägerin für die von ihr im Eigenheim genutzten Räume einen Mietzins in Höhe von monatlich 160,00 € zu entrichten hat. Die Mutter der Klägerin erhält für diese Kindergeld in Höhe von 154,00 € monatlich.

Ausweislich des Schwerbehindertenausweises ist bei der Klägerin ein Grad der Behinderung in Höhe von 100 festgestellt sowie die Merkzeichen "G", "aG", "H" und "RF" zuerkannt. Sie erhält von der Pflegeversicherung Leistungen der Pflegestufe III.

Der Beklagte gewährte der Klägerin seit dem 1. Januar 2003 Leistungen nach dem Gesetz über die bedarfsorientierte Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (GSiG). Sowohl im Erstantrag vom 8. Januar 2003 als auch im Folgeantrag vom 13. Mai 2004 gaben die Betreuer der Klägerin an, Unterhaltsleistungen nicht zu erbringen.

Mit Bescheid vom 7. Dezember 2004 gewährte der Beklagte der Klägerin Grundsicherungsleistungen nach dem Viertel Kapitel SGB XII für die Zeit vom 1. Januar 2005 bis 31. Dezember 2005 in Höhe von monatlich 141,23 €. Dabei setzte der Beklagte in der Bedarfsberechnung Kindergeld in Höhe von 154,00 € als Einkommen der Klägerin an. Dagegen legte die Klägerin Widerspruch ein, der mit Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 29. März 2005 als unbegründet zurückgewiesen wurde. Da die Eltern ihrer Unterhaltsverpflichtung nicht nachkämen, habe die Klägerin einen Anspruch nach § 74 Abs 1 Satz 1 Einkommenssteuergesetz (EStG) auf Abzweigung des Kindergeldes an sich selbst. Die Klägerin könne sich somit mit einem entsprechenden Abzweigungsantrag selbst behelfen und das gesetzliche Kindergeld erlangen, weshalb das Kindergeld anspruchsmindernd zu berücksichtigen sei.

Die Eltern der Klägerin haben am 5. April 2005 Klage beim Sozialgericht (SG) Hannover erhoben. Die Klägerin sei nicht kindergeldberechtigt, sondern ihre Eltern. Das Kindergeld werde nicht der Klägerin zugewendet, wozu ihre Eltern auch nicht verpflichtet seien. Die Voraussetzungen für eine Abzweigung des Kindergeldes nach § 74 Abs 1 EStG lägen nicht vor, da ihre Eltern Unterhaltsleistungen in Form eines erheblichen Betreuungs- und Pflegeaufwandes erbrächten, die nicht durch die Leistungen der Pflegeversicherung abgedeckt seien. Überdies habe der Beklagte eine gemeinsame Haushaltsführung anerkannt. Die Unterhaltsleistungen der Eltern können nicht als ihr Einkommen angesehen werden, da es sich nicht um Barunterhalt handele.

Mit Schriftsatz vom 23. Mai 2005 beantragte der Prozessbevollmächtigte, das Rubrum dergestalt zu berichtigen, dass die Eltern der Klägerin als deren gesetzliche Betreuer geführt werden.

Mit Gerichtsbescheid vom 13. Juni 2005 hat das SG zwar das Rubrum entsprechend dem Antrag umgestellt, die Klage jedoch als unzulässig abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Klägerin die Klagefrist gemäß § 87 Sozialgerichtsgesetz (SGG) versäumt habe, da nicht sie, sondern lediglich ihre Eltern im eigenen Namen innerhalb der Klagefrist Klage erhoben hätten.

Der Gerichtsbescheid wurde der Klägerin am 20. Juni 2005 zugestellt.

Die Klägerin hat am 18. Juli 2005 Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt sie vor, dass das SG dem Antrag auf Änderung des Rubrums hätte stattgeben müssen, da der Klage sowohl der angefochtene Bescheid als auch der Widerspruchsbescheid beigefügt waren und im Rubrum die Bezeichnung "Klägerin" angegeben war. Es habe sich aus der Begründung der Klage deutlich ergeben, dass die Eltern der Klägerin in ihrer Funktion als Betreuer für die Klägerin die Klage eingereicht hätten. Daneben vertieft und erweitert sie das erstinstanzliche Vorbringen zum materiellen Anspruch. So verweist sie beispielsweise darauf, dass die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) zu § 76 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) auch nach Inkrafttreten des SGB XII weiter Gültigkeit habe und § 82 Abs 1 Satz 2 SGB XII nur minderjährige Kinder betreffe.

Die Klägerin beantragt,

1.

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hannover vom 13. Juni 2005 aufzuheben und den Bescheid des Beklagten vom 7. Dezember 2004 ...

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