Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Ersatzanspruch bei sozialwidrigem Verhalten. keine Befugnis zum Erlass eines Feststellungsbescheides über die Ersatzpflicht dem Grunde nach

 

Leitsatz (amtlich)

Das Jobcenter ist auf der Grundlage von § 34 SGB II nicht befugt, einen Feststellungsbescheid über die Ersatzpflicht dem Grunde nach zu erteilen.

 

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat der Klägerin ihre notwendigen außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist zwischen den Beteiligten die Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 10. Juni 2013, mit dem der Beklagte festgestellt hat, dass die Voraussetzungen von Erstattungsansprüchen bei sozialwidrigem Verhalten nach § 34 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) dem Grunde nach erfüllt sind.

Die 1969 geborene Klägerin stand bei dem Beklagten im laufenden Bezug von Leistungen nach dem SGB II bis Februar 2012. Mit Schreiben vom 7. Februar 2012 teilte die Klägerin dem Beklagten mit, dass sie sich zum 1. März 2012 aus dem Leistungsbezug abmelden wolle, da ihr ein Teil der Erbschaft ihres am 21. November 2011 verstorbenen Vaters bereits zugeflossen sei und ein weiterer Teil im kommenden halben Jahr zufließen werde. Aus dem vorgelegten Kontoauszug ergibt sich u.a., dass am 7. Februar 2012 ein Betrag von 10.000 € gutgeschrieben war (“Teilauszahlung K. Nachlass„). Sie teilte zudem mit, dass sie vom Erbe noch Schulden ihres Vaters begleichen müsse. Daraufhin hob der Beklagte mit Bescheid vom 9. Februar 2012 die Leistungsbewilligung ab 1. März 2012 auf. Am 18. Februar 2012 verstarb auch die Mutter der Klägerin.

Am 20. Dezember 2012 beantragte die Klägerin erneut Leistungen nach dem SGB II bei dem Beklagten. Im am 15. Januar 2013 unterschriebenen Antrag gab sie an, dass sie das Erbe weitgehend aufgebraucht habe und nunmehr im Wesentlichen nur noch über 6.283,84 € (Girokonto L.) bzw. 183,57 € (Bargeld) sowie über drei Sparbücher (jeweils unter 100 €) verfüge. Zudem teilte sie mit, dass sie weiterhin einer selbständigen Tätigkeit (Vertriebskontrolle) nachgehe. Mit Bescheid vom 26. Februar 2013 bewilligte der Beklagte der Klägerin im Hinblick auf die Ausübung der selbständigen Tätigkeit vorläufige Leistungen nach dem SGB II ab 1. Dezember 2012 bis 31. Mai 2013 in Höhe von monatlich 768,48 € bzw. 783,48 €.

Bereits mit Anhörungsschreiben vom 25. Februar 2013 wies der Beklagte die Klägerin darauf hin, dass aufgrund möglicherweise vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Herbeiführung der Hilfebedürftigkeit ein Ersatzanspruch in Betracht komme.

Die Klägerin führte u.a. mit Schreiben vom 1. März 2013 hinsichtlich des Vorwurfs, die Erbschaft verschwendet zu haben, aus, sie habe nicht unerhebliche Schulden des Vaters tilgen müssen. Zudem habe sie acht Monate vom Erbe gelebt bei lediglich einem eigenen Einkommen von monatlich 100 €. Die Krankenkasse habe sie selbst bezahlen müssen. Sie habe lediglich Ersatzanschaffungen für sehr alte und zum Teil beschädigte Möbel, Elektrogeräte und Kleidung getätigt. Zudem habe sie ihr 16 Jahre altes Auto ersetzt und dafür 7000 € aufgewendet. Sie habe sich keine Luxusartikel gekauft.

Mit Schreiben vom 12. März 2013 bzw. 16. April 2013 forderte der Beklagte die Klägerin auf, auch die Kontoauszüge für den Zeitraum Februar 2012 bis September 2012 sowie weitere Nachweise, z.B. hinsichtlich der ausgezahlten Lebensversicherungen vorzulegen. Der Beklagte wies darauf hin, dass nach seiner Berechnung auch nach Abzug der nachgewiesenen Kosten und notwendigen Ausgaben Vermögen in Höhe von 21.000 € vorhanden sein müsse.

Mit Schreiben vom 29. April 2013 führte die Klägerin aus, sie habe nicht alle Rechnungen und Quittungen aufgehoben, so dass sie nicht vollständig den Verbrauch des Geldes nachweisen könne. Allerdings habe sie etwa 150 € monatlich für Getränke und Zigaretten am Kiosk ausgegeben. Zudem habe sie z. B. in Schweimke, Hamburg und Israel Kurzurlaube verbracht sowie ein Yogawochenende in Bremen absolviert. Sie habe in diversen Einrichtungshäusern Möbel und Elektrogeräte sowie Kleidung gekauft.

Mit Bescheid vom 15. Mai 2013 bewilligte der Beklagte der Klägerin für den Zeitraum 1. Juni bis 30. November 2013 vorläufige Leistungen in Höhe von monatlich 783,48 €.

Die Klägerin legte mit Schreiben vom 5. Juni 2013 nochmals detailliert dar, aus welchen Gründen zahlreiche Elektrogeräte und Möbel von ihr ersetzt worden seien. Ihre Möbel und Elektrogeräte seien alle völlig veraltet und teilweise kaputt gewesen. Dies gelte z.B. für das Schlafsofa, den Kleiderschrank, die Waschmaschine, den Geschirrspüler, den Backofen, den Wäschetrockner und die Kühlgefrierkombination. Sie habe nicht auf Alg II-Niveau weiterleben müssen. Man habe ihr mitgeteilt, dass sie lediglich das Erbe nicht verschwenden bzw. keine Luxusgüter kaufen dürfe. Zudem seien ihre Ausgaben hinsichtlich beider Todesfälle zu berücksichtigen.

Mit Bescheid vom 10. Juni 2013 stellte der Beklagte die “Ersatzpflicht der Leistunge...

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