Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. Rechtmäßigkeit des Mietverhältnisses. Anspruchsübergang. Unterhaltsanspruch und Hilfebedürftigkeit bei Volljährigen mit abgeschlossener Ausbildung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Leistungen für Unterkunft und Heizung sind gem § 22 Abs 1 S 1 SGB 2 unabhängig von der Rechtmäßigkeit des Mietverhältnisses zu erbringen. Maßgebend sind allein die tatsächlichen Aufwendungen. Ob ein Hauptmieter zur Untervermietung an den Hilfebedürftigen berechtigt ist, ist unbeachtlich, solange Zahlungen erfolgt sind.

2. Die Regelung des § 33 Abs 2 S 1 Nr 2 SGB 2, nach der der Übergang eines Unterhaltsanspruchs unter bestimmten Voraussetzungen nicht bewirkt werden darf, führt dazu, dass die Träger der Grundsicherung in diesen Fällen der Prüfung enthoben sind, ob ein Unterhaltsanspruch zusteht. Konsequenterweise kann ein solcher Anspruch nicht nach § 9 Abs 1 oder § 2 Abs 1 S 1 SGB 2 berücksichtigt werden.

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Oldenburg vom 13. März 2006 geändert.

Die Antragsgegnerin wird im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes verpflichtet, der Antragstellerin vorläufig - unter dem Vorbehalt der Rückforderung - ab dem 1.Mai bis zum 31.Juli2006 laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in Höhe von 449,-- € monatlich zu gewähren. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin hat die außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin zu erstatten.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin begehrt im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II). Streitig ist dabei insbesondere, ob sie die ihr obliegenden Mitwirkungsverpflichtungen erfüllt hat und die Antragsgegnerin in der Lage ist, die Anspruchsvoraussetzungen für den streitigen Leistungsbezug zu prüfen.

Die 1958 geborene Antragstellerin (ledig, keine Kinder) hat im Jahre 2003 ein Studium an der Fachhochschule D. (Sozialpädagogik/Sozialarbeit) erfolgreich mit Diplom und staatlicher Anerkennung abgeschlossen. Nach einem anschließenden Anerkennungspraktikum bezog sie bis zum 30. Januar 2006 Arbeitslosengeld (Alg) in Höhe von 20,76 € täglich. Ausweislich eines Untermietvertrages bewohnt sie seit dem 15. Juli 2004 als Untermieterin von Frau E. ein Zimmer von 12 m² mit der Möglichkeit, Küche, Bad, Waschküche und Fahrradschuppen mit benutzen zu dürfen. Hierfür sind zu zahlen monatlich 60,00 € Kaltmiete sowie anteilige Nebenkosten (14,00 €), Heizkosten (30,00 €) und Stromkosten (10,00 €).

Am 31. Januar 2006 beantragte die Antragstellerin formlos bei der Antragsgegnerin die Bewilligung von Arbeitslosengeld II (Alg II). In der Folgezeit gab es einen ausführlichen Schriftwechsel zwischen der Antragstellerin und der Antragsgegnerin über tatsächlich oder vermeintlich fehlende Unterlagen und Informationen. Dabei ging es insbesondere um die Vorlage ungeschwärzter Kontoauszüge, die Vorlage eines (Haupt-)Mietvertrages bzw der Gestattung des Vermieters zur Untervermietung sowie Angaben über die Eltern der Antragstellerin. Entsprechende Angaben wurden von der Antragstellerin verweigert. Mit Schreiben vom 2. März 2006 wurde die Antragstellerin aufgefordert, die angeforderten Unterlagen bis zum 17. März 2006 einzureichen bzw vorzulegen, anderenfalls werde ihr Antrag auf Gewährung von Alg II wegen fehlender Mitwirkung nach § 66 Abs 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil - (SGB I) abgelehnt. Da die Antragstellerin sich weiterhin weigerte, die entsprechenden Unterlagen vorzulegen, wurde mit Bescheid vom 29. März 2006 der Antrag auf Zahlung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II gemäß § 66 SGB I aufgrund fehlender Mitwirkung abgelehnt. Hiergegen legte die Antragstellerin rechtzeitig Widerspruch ein, über den bisher, soweit ersichtlich, nicht entschieden worden ist.

Bereits vorher hatte die Antragstellerin am 8. März 2006 beim Sozialgericht (SG) Oldenburg einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt und die Leistung von Geldmitteln zur Sicherung ihres Lebensunterhalts begehrt. Der Antrag wurde mit Beschluss vom 13. März 2006 mit der Begründung abgelehnt, die Hilfebedürftigkeit der Antragstellerin könne wegen fehlender Mitwirkung nicht festgestellt werden.

Gegen diesen Beschluss hat die Antragstellerin am 29. März 2006 Beschwerde eingelegt. Das SG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Landessozialgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Im Laufe des Beschwerdeverfahrens hat die Antragstellerin auf gerichtliche Hinweise ungeschwärzte Kopien von Kontoauszügen und eines Sparbuches vorgelegt sowie Mietquittungen über jeweils 114,-- € für die Monate Dezember 2005 bis Februar 2006 und eine Vereinbarung zwischen ihr und Frau E., nach der letztere der Antragstellerin die Warmmiete für das untervermietete Zimmer in Höhe von 114,-- € ab März 2006 für längstens vier Monate stundet. Im ...

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