Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Leistungsausschluss für Ausländer bei Aufenthalt zur Arbeitsuche. kein anderes Aufenthaltsrecht als Arbeitnehmer. kein Anspruch auf Leistungen durch vorläufige Entscheidung im Hinblick auf ein beim BVerfG anhängiges Verfahren. verfassungskonforme Auslegung

 

Leitsatz (amtlich)

Aus dem Umstand, dass der Gesetzgeber § 41a Abs 7 S 1 SGB II als Ermessensvorschrift ausgestaltet hat, obwohl ihm der Umstand bewusst gewesen sein dürfte, dass es sich bei den Leistungen nach dem SGB II um solche handelt, die das Existenzminimum sichern, folgt, dass zu diesem Aspekt weitere Umstände hinzutreten müssen, um eine Ermessensreduzierung auf Null zu begründen.

 

Orientierungssatz

Zur Anwendung des Leistungsausschlusses gem § 7 Abs 1 S 2 Nr 2 SGB 2 bzw zum Nichtvorliegen eines anderen Aufenthaltsrechts als Arbeitnehmer aufgrund vorliegender berechtigter Zweifel an der tatsächlichen Ausübung der Tätigkeit.

 

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

Die gemäß §§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Sozialgerichts (SG) Stade vom 15. Februar 2017 ist nicht begründet.

Hinsichtlich des Sachverhalts nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen in Anwendung der Vorschrift des § 142 Abs. 2 Satz 3 SGG auf die Ausführungen des SG Stade in den Gründen des angefochtenen Beschlusses Bezug. Im Ergebnis zutreffend hat es den Antrag der Antragsteller auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes abgelehnt.

Der Senat lässt offen, inwieweit hinsichtlich des Antragstellers zu 2. der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, wie das SG meint, wegen Fehlens des Rechtsschutzbedürfnisses abzulehnen war. Dieser ist im Ergebnis nämlich jedenfalls deshalb unzulässig, weil der Entziehungsbescheid vom 25. Oktober 2016 bestandskräftig und damit für die Beteiligten nach § 77 SGG bindend geworden ist. Der Antragsgegner hat dem Antragsteller zu 2. ursprünglich mit Bescheid vom 9. September 2016 aufgrund seines Leistungsantrages vom 26. August 2016 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für den Zeitraum 1. August 2016 bis 31. Januar 2017 bewilligt. Die mit diesem Bescheid gewährten Leistungen hat der Antragsgegner mit solchem vom 25. Oktober 2016 zum 1. November 2016 entzogen. Es ist weder nach Aktenlage ersichtlich noch hat der Antragsteller zu 2. glaubhaft gemacht, dass er gegen den Entziehungsbescheid Widerspruch eingelegt hat. Dessen Bestandskraft steht der Zulässigkeit des Antrages auf Erlass einer einstweiligen Anordnung für den Zeitraum ab Dezember 2016 entgegen (vgl. Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 86b Rn. 26d).

Darüber hinaus ist der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung auch unzulässig, weil in der Hauptsache gegen einen Entziehungsbescheid die reine Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 SGG die statthafte Klageart ist, so dass einstweiliger Rechtsschutz nach § 86b Abs. 1 SGG zu gewähren ist (vgl. dazu: Seewald in: Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, Stand: Dezember 2016, § 66 Rn. 44f.; Keller, a.a.O., § 54 Rn. 38b, § 86a Rn. 14 und § 86b Rn. 26). Ist der Antrag nach § 86b Abs. 1 SGG die statthafte Antragsart, so ist derjenige auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach dem eindeutigen Wortlaut von § 86b Abs. 2 S. 1 SGG (“Soweit ein Fall des Absatzes 1 nicht vorliegt„) unzulässig. Vorliegend wäre aufgrund des Umstandes, dass die aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs und einer Anfechtungsklage gegen einen Entziehungsbescheid nach § 39 Nr. 1 SGB II von Gesetzes wegen ausgeschlossen ist, letztlich damit der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG statthaft. Ein solcher wiederum wäre jedoch im Ergebnis unzulässig, weil der Antragsteller zu 2. keinen Widerspruch gegen den Entziehungsbescheid eingelegt hat. Dessen Bestandskraft stände ebenfalls der Zulässigkeit des Antrages auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung entgegen (vgl. Keller, a.a.O., § 86b Rn. 7).

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung der Antragsteller zu 1. und 3. ist demgegenüber zwar zulässig, aber unbegründet.

Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG kann das Gericht einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. Der Erlass einer solchen Regelungsanordnung setzt voraus, dass nach materiellem Recht ein Anspruch auf die begehrte Leistung besteht (Anordnungsanspruch) und dass die Regelungsanordnung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig ist (Anordnungsgrund). Sowohl der Anordnungsanspruch als auch der Anordnungsgrund sind gemäß § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) i. V. m. § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG glaubhaft zu machen.

Vorliegend fehlt es an einem Anordnungsanspruch, da die Ant...

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