Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. einstweiliger Rechtsschutz. Regelungsanordnung. Anordnungsanspruch. Grundsicherung für Arbeitsuchende. kommunale Eingliederungsleistungen. Anspruch eines Leistungserbringers auf Zugang zur entgeltlichen Schuldnerberatung

 

Leitsatz (amtlich)

Zum Anspruch eines Leistungserbringers auf Zugang zur entgeltlichen Schuldnerberatung nach § 16a Nr 2 SGB II im Rahmen eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens.

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts (SG) Braunschweig vom 13. Januar 2021 abgeändert.

Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, über den Zugang des Antragstellers als Leistungserbringer zur entgeltlichen Schuldnerberatung nach § 16a Nr 2 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) entsprechend der aktuell mit dem Deutschen Roten Kreuz praktizierten Verfahrensweise unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats zu entscheiden.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller zu 2/3 und die Antragsgegnerin zu 1/3.

Der Streitwert wird für beide Rechtszüge auf 6.250,00 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt Zugang als Leistungserbringer zur entgeltlichen Schuldnerberatung nach § 16a Nr 2 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).

Der Antragsteller ist ein zur Schuldenberatung gem § 3 Abs 1 Nds AGInsO zugelassener eingetragener Verein. Die Antragsgegnerin ist kommunale Trägerin der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Als solche hat sie gem § 16a SGB II den erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, soweit erforderlich, kommunale Eingliederungsleistungen zu erbringen. Diesen Aufgaben können die Leistungsträger gem § 17 Abs 1 Satz 1 SGB II durch eigene Einrichtungen oder Dienste oder durch Beteiligung Dritter nachkommen. Im Zuständigkeitsbereich der Antragsgegnerin wird die Schuldnerberatung gem § 16a Nr 2 SGB II gegenwärtig ausschließlich durch das F. (G.), Kreisverband H., erbracht, mit dem die Antragsgegnerin bereits seit 2006 eine entsprechende vertragliche Vereinbarung getroffen hatte, wonach das Jobcenter I. Berechtigungsscheine zur Schuldnerberatung ausgibt, die von den Leistungsberechtigten derzeit ausschließlich bei dem G. eingelöst werden können, welches der Antragsgegnerin die erbrachten Beratungsleistungen sodann in Rechnung stellt.

Bereits im Frühjahr 2019 nahm der Antragsteller Kontakt zu der Antragsgegnerin auf mit dem Ziel, ihn an der entgeltlichen Schuldnerberatung nach § 16a SGB II zu beteiligen. Im Rahmen eines persönlichen Gesprächs am 7. August 2019 brachte die Antragsgegnerin zum Ausdruck, dass Veränderungen in der Vergabepraxis bereits angedacht seien, ein solches neues (Gutschein-)Verfahren unter Beteiligung weiterer Schuldnerberatungsstellen auf Grund der aktuellen vertraglichen Regelungen jedoch nicht vor dem 1. Januar 2021 installiert werden könnte. In der Folge teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit Schreiben vom 29. September 2020 mit, dass auf Grund der bestehenden pandemiebedingten Situation es nicht für angezeigt gehalten werde, in bestehende Strukturen bzw in das bestehende Hilfesystem einzugreifen oder strukturelle Veränderungen vorzunehmen. Dem Antragsteller könne daher derzeit keine Beteiligungsmöglichkeit nach dem SGB II eingeräumt werden. Hiergegen erhob der nunmehr anwaltlich vertretene Antragsteller am 21. Oktober 2020 Widerspruch.

Am 13. November 2020 hat der Antragsteller zudem bei dem Sozialgericht (SG) Braunschweig beantragt, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihn an der Schuldnerberatung nach dem SGB II zu beteiligen. Das Jobcenter I. vergebe jährlich ca 250 Gutscheine für eine Schuldnerberatung im Wert von 200,00 Euro. Wirtschaftlich gesehen gehe es daher um die Verteilung von öffentlichen Geldern in Höhe von ca 50.000,00 Euro. Der Antragsteller habe ein berechtigtes Interesse daran und auch einen entsprechenden Anspruch darauf, zukünftig ebenfalls Leistungserbringer für die entgeltliche Schuldnerberatung nach § 16a Nr 2 SGB II zu werden. Ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen Dritte an der Erbringung von Leistungen zur Eingliederung in Arbeit zu beteiligen sind, liege nach § 17 Abs 1 Satz 2 SGB II zwar in mehrfacher Hinsicht im Ermessen der Leistungsträger, also der Antragsgegnerin. Die von ihr geschaffene Monopolstellung des G. sei jedoch rechtlich nicht haltbar und stelle neben einem Verstoß gegen Art 3 Abs 1 GG auch einen Wettbewerbsverstoß dar. Aber auch die Entscheidung der Antragsgegnerin, dem Antragsteller keine Beteiligungsmöglichkeit einer Schuldnerberatung nach dem SGB II einzuräumen, sei nicht haltbar. Eine Ermessensausübung sei an dieser Stelle in keinster Weise zu erkennen. Die Antragsgegnerin ist dem Vorbringen entgegengetreten. Es bestehe bereits kein Anordnungsgrund. Die Regelungen des § 17 Abs 2 SGB II räumten dem Antragsteller keinen unmittelbaren Anspruch auf Abschluss einer Vereinbarung ein, so dass daraus keine feste Ge...

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