Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsschutzbedürfnis. Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. Erteilung einer Zusicherung zu den Aufwendungen für eine neue Unterkunft. zwischenzeitlich erfolgter Umzug. Umstellung der Klage auf Erteilung einer Zusicherung bezüglich einer Mietkaution

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Antrag auf Zusicherung der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs 4 SGB II kann auch einen Antrag auf Zusicherung bezüglich einer Mietkaution nach § 22 Abs 6 SBG II umfassen.

2. Nach erfolgtem Umzug in die neue Wohnung ist die zuvor erhobene Klage zwecks Erteilung der Zusicherung in eine Anfechtungs- und Verpflichtungsklage auf Gewährung der Mietkaution des Darlehens umzustellen.

 

Orientierungssatz

Nach dem Umzug in eine neue Wohnung entfällt das Rechtsschutzbedürfnis für die Erteilung einer Zusicherung des Grundsicherungsträgers zu den Aufwendungen für die neue Unterkunft nach § 22 Abs 4 S 1 SGB 2 als vorgreifliche Teilregelung (vgl BSG vom 6.4.2011 - B 4 AS 5/10 R = FEVS 63, 109).

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Lüneburg vom 19. Dezember 2016 aufgehoben.

Der Klägerin wird zwecks Durchführung des Klageverfahrens Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung und unter Beiordnung von Rechtsanwältin C., D., bewilligt.

Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Zwischen den Beteiligten sind Bedarfe für Unterkunft und Heizung gemäß § 22 Abs. 4 und 6 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) streitig. Die Klägerin wendet sich gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe.

Die Klägerin steht mit ihrem Ehemann und den gemeinsamen drei Kindern im laufenden Bezug von SGB II-Leistungen, im hier streitigen Zeitraum in Höhe von 1.583,00 € monatlich. Sie wohnten bis zum 30. Juni 2016 in E., F., bei einer Bruttokaltmiete von 590,00 € monatlich.

Ab 25. Mai 2016 beantragte die Klägerin die Zusicherung zu einem Umzug nach G., H. ab 1. Juli 2016. In dem am 28. Mai 2016 unterschriebenen Mietvertrag für eine 4-Zimmer-Wohnung mit einer Fläche von 105 qm wurden eine Miete von 550,00 € und 60,00 € Betriebskostenvorschuss, insgesamt 610,00 € monatlich sowie eine zu Beginn des Mietverhältnisses fällige Mietsicherheit in Höhe von 1.650,00 € vereinbart. Mit Schreiben vom 30. Mai 2016 stellte die Klägerin klar, dass sie auch ein Darlehen für die Mietsicherheit beantrage, weil sie für die frühere Wohnung keine gebraucht habe. Mit Bescheid vom 25. Mai 2016 und Widerspruchsbescheid vom 15. Juni 2016 lehnte der Beklagte die beantragte Zusicherung ab, weil der Umzug nicht erforderlich sei und die neue Wohnung, obwohl die Mietobergrenze nicht überschritten sei, mit einer Wohnfläche von 105 qm für fünf Personen zu groß sei.

Am 15. Juni 2016 stellte der Beklagte in einem Aktenvermerk fest, dass die Klägerin drei Kostenvoranschläge von Umzugsfirmen vorgelegt habe und der Antrag auf Umzugskosten bereits vorliege. Daraufhin lehnte er mit Bescheid vom 20. Juni 2016 die Übernahme von Umzugskosten ab, weil bereits mit Bescheid vom 25. Mai 2016 die Zusicherung für die neue Wohnung ab 1. Juli 2016 abgelehnt worden sei. Dieser Bescheid wurde nicht der Prozessbevollmächtigten der Klägerin zugestellt, obwohl sie davor die Vertretung der Klägerin in der Angelegenheit: “Ablehnung Zusicherung Umzug„ angezeigt hatte. Gleichzeitig regelte der Beklagte mit Änderungsbescheid vom 20. Juni 2016 die höheren SGB II-Leistungen ab 1. Juli 2016 unter Zugrundelegung der tatsächlichen Mietkosten für die neue Wohnung in Höhe von 610,00 € monatlich. Soweit ersichtlich hat die Klägerin gegen beide Bescheide vom 20. Juni 2016 keinen Widerspruch eingelegt. Zum 1. Juli 2016 fand der Umzug in die neue Wohnung nach G. statt.

Mit der am 29. Juni 2016 erhobenen Klage hat die Klägerin die Abänderung des Ablehnungsbescheides vom 25. Mai 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Juni 2016 sowie die Verurteilung des Beklagten beantragt, die erforderliche Zustimmung zum beabsichtigten Umzug ab 1. Juli 2016 zu erteilen.  Den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe hat das Sozialgericht (SG) Lüneburg mit Beschluss vom 19. Dezember 2016 abgelehnt. Durch den Umzug der Klägerin zum 1. Juli 2016 sei das Rechtsschutzbedürfnis für die Erteilung einer Zusicherung entfallen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Klägerin. Da der Beklagte abweichend vom Widerspruchsbescheid die tatsächlichen Kosten übernommen habe, hätte das Klageverfahren auch Erfolgsaussichten gehabt. Verweigere der zuständige Leistungsträger zu Unrecht eine Zusicherung, bestehe darüberhinaus ein Interesse des Hilfebedürftigen an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Ablehnung.

II.

Die zulässige Beschwerde der Klägerin ist begründet und führt zur Aufhebung des sozialgerichtlichen Beschlusses. Ihr ist Prozesskostenhilfe zu gewähren, weil nach Aktenlage die Erfolgsaussicht der Klage nicht ausgeschlossen werden kann (§ 73a Sozialgerichtsgesetz - SGG - i.V.m. § 114 Zivilprozessordnung - ZPO -...

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