Entscheidungsstichwort (Thema)

Bewilligung rückständiger Energiekosten durch einstweiligen Rechtsschutz

 

Orientierungssatz

1. Die darlehensweise Schuldenübernahme nach § 22 Abs. 5 SGB 2 ist nicht nur auf Mietschulden beschränkt, sondern kommt auch in Fällen der Übernahme von Energiekosten in Betracht.

2. Die Belieferung des Haushalts mit Energie gehört zum sozialhilferechtlich anerkannten Mindeststandard. Bei einer Sperrung der Energie- oder Wasserzufuhr ist deshalb von einer faktischen Unbewohnbarkeit der Wohnung und im vorläufigen Rechtsschutz damit von einer Ermessensreduzierung i. S. des § 22 Abs. 5 S. 1, 2 SGB 2 auszugehen.

3. Solange die grundlegenden Bedürfnisse des Antragstellers an eine ausreichende Wärmeversorgung der Unterkunft, seine grundlegenden Hygienebedürfnisse und die Trinkwasserversorgung gesichert sind, fehlt es an der für die im Eilrechtsschutz erforderlichen Ermessensreduzierung zur Glaubhaftmachung des Anordnungsanspruchs.

 

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Hannover vom 03. Juli 2008 wird zurückgewiesen.

Eine Kostenerstattung findet nicht statt.

Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.

 

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt von dem Antragsgegner die darlehensweise Übernahme rückständiger Energie- beziehungsweise Versorgungskosten.

Der Antragsteller bezieht Grundsicherungsleistungen für Arbeitsuchende von dem Antragsgegner. Ursprünglich bewohnte er die Wohnung D. in E.. Am 26. Oktober 2005 erfolgte dort eine Sperrung des Stromzählers durch die Stadtwerke F. AG, da zu diesem Zeitpunkt für die Lieferung von Strom und Gas ein rückständiger Betrag in Höhe von insgesamt 976,43 € aufgelaufen war. Der Betrag setzte sich zusammen aus der nicht bezahlten Jahresrechnung vom 12. Juli 2005 über 478,24 €, nicht bezahlten Abschlägen vom 21. August bis 21. Oktober 2005 über insgesamt 540,00 € und Mahn- und sonstigen Nebenkosten in Höhe von insgesamt 78,19 €. Der Antragsteller beantragte daraufhin beim Amtsgericht (AG) F. den Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen die Stadtwerke F. AG (Az.: 562 C 17219/05). Im November 2005 beglich er insgesamt 600,00 € von der offenen Forderung. Das Eilverfahren wurde mit Vergleich vom 13. Dezember 2005 dahingehend beendet, dass die Stadtwerke F. AG die Stromversorgung wiederherstellte und sich verpflichtete, eine Überprüfung des Strom- und Gaszählers durchzuführen. Auf der Grundlage eines Urteils des AG F. vom 29. Dezember 2005 (Az.: 530 C 16830/05) erfolgte unter dem 20. April 2005 eine Zwangsräumung der bewohnten Wohnung. Darüber hinaus wurde der Antragsteller verurteilt, 4.641,00 € an Forderungen aus dem Mietverhältnis an den Vermieter zu zahlen. Die für die Wohnung in der G. in E. bei den Stadtwerken F. AG bis zum Auszug entstandenen Forderungen für Strom und Gas sind inzwischen an ein Inkassounternehmen weitergegeben worden und beliefen sich unter dem 09. Mai 2008 auf insgesamt 989,62 € zuzüglich Inkassokosten. Nach der vorgelegten Kontoinformation der Stadtwerke F. AG (Bl. 34 ff GA) erfolgten seit November 2005 keine Zahlungseingänge mehr.

Seit dem 01. Mai 2006 bewohnt der Antragsteller (allein) eine Wohnung in der H. in I. (49 qm, 2 Zimmer, Küche, Flur, Bad). Die Kaltmiete beläuft sich auf 250,00 € und die Nebenkosten inklusive Heizkosten auf monatlich 100,00 €. Diese Kosten der Unterkunft werden von dem Antragsgegner an den Vermieter überwiesen. Gas, Wasser und Strom werden vom Antragsteller mit der Stadtwerke F. AG abgerechnet. Die Warmwasserbereitung (Durchlauferhitzer) und das Kochen erfolgen mit Gas.

Mit Klage vom 30. April 2007 beim Amtsgericht Hannover (Az. 561 C 6042/07) begehrte die Stadtwerke F. AG eine Verpflichtung des Antragstellers zur Duldung des Ausbaus des Strom- und Gaszählers in seiner neuen Wohnung. Zur Begründung gab sie an, dass ihr nach den einschlägigen Regelungen zur Strom- und Gasgrundversorgung aufgrund der für die alte Wohnung entstandenen Forderungen ein Zurückbehaltungsrecht zustehe, das durch den Ausbau der Zähler in der neuen Wohnung umzusetzen sei. Trotz Aufforderung habe der Antragsteller keinen Zutritt zu den Messeinrichtungen gewährt. Eine Überprüfung der Zähler in der alten Wohnung habe nicht erfolgen können, da der Antragsteller auch dort keinen Zugang gewährt habe. Mit Urteil vom 27. November 2007 bestätigte das Amtsgericht Hannover ein zwischenzeitlich entsprechend dem Klagebegehren ergangenes Versäumnisurteil vom 31. Mai 2007.

Unter dem 18. April 2008 beantragte der Antragsteller bei dem Antragsgegner die Gewährung eines Darlehens zur Tilgung der Forderungen der Stadtwerke F. AG. Aus dem Antrag ergibt sich, dass im Wege der Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des Amtsgerichts Hannover vom 21. November 2007 am 09. April 2008 die Zufuhr von Strom und Gas unterbrochen wurde.

Am 28. April 2008 hat der Antragsteller beim Sozialgericht (SG) Hannover um die Gewährung vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutzes nachgesucht.

Diesen Antrag hat das SG Hannover mi...

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