Entscheidungsstichwort (Thema)

Mitgliedschaft. Kündigung. Sonderkündigung. Sonderkündigungsrecht. Vereinigung zweier Krankenkassen. TAUNUS BKK. Beitragssatz. Beitragssatzerhöhung. Beitragserhöhung. einstweilige Anordnung. einstweiliger Rechtsschutz

 

Leitsatz (amtlich)

  • Ein Versicherter hat in analoger Anwendung des § 175 Abs. 4 Satz 5 SGB V ein Sonderkündigungsrecht seiner Mitgliedschaft bei seiner Krankenkasse, wenn sich aufgrund der Vereinigung seiner Krankenkasse mit einer anderen Krankenkasse der Beitragssatz erhöht.
  • Ein Anordnungsgrund liegt auch dann vor, wenn durch den Erlass einer einstweiligen Anordnung eine aufwändige und komplizierte Rückabwicklung des Versicherungsverhältnisses nach Abschluss des Hauptsacheverfahrens voraussichtlich vermieden wird.
 

Normenkette

SGB V § 144 Abs. 4 S. 2, § 150 Abs. 2 S. 1, § 175 Abs. 4 S. 5; SGG § 86b Abs. 2 S. 2

 

Verfahrensgang

SG Oldenburg (Beschluss vom 29.06.2004; Aktenzeichen S 61 KR 96/04 ER)

 

Tenor

Der Beschluss des Sozialgerichts Oldenburg vom 29. Juni 2004 wird aufgehoben, soweit der Bescheid der Antragsgegnerin vom 5. Mai 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Mai 2004 und der Bescheid der Antragsgegnerin vom 13. Mai 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Juni 2004 aufgehoben worden sind.

Im Übrigen wird der Beschluss des Sozialgerichts Oldenburg vom 29. Juni 2004 geändert: Es wird bis zum Abschluss des Verfahrens in der Hauptsache festgestellt, dass die Mitgliedschaft des Antragstellers bei der Antragsgegnerin mit Ablauf des 30. Juni 2004 endet.

Die Beschwerde wird im Übrigen zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Antragstellers aus dem Beschwerdeverfahren.

 

Tatbestand

I.

Das einstweilige Rechtsschutzverfahren betrifft in der Beschwerdeinstanz lediglich noch die Wirksamkeit einer Sonderkündigung des Krankenversicherungsverhältnisses.

Der Antragsteller und Beschwerdegegner (im Folgenden: Ast) ist angestellter Rechtsanwalt und unterliegt der Versicherungspflicht zur gesetzlichen Krankenversicherung. Bis zum 31. Dezember 2003 gehörte er der Betriebskrankenkasse (BKK) für steuerberatende und juristische Berufe an. Diese fusionierte zum 1. Januar 2004 mit der BKK Zollern-Alb zur BKK Gesundheit und beschloss mit Wirkung zum gleichen Zeitpunkt einen allgemeinen Beitragssatz von 13,6 %. Der Ast machte daraufhin von seinem Sonderkündigungsrecht Gebrauch und kündigte das Versicherungsverhältnis im Januar 2004 zum Ablauf des Monats März 2004. Die BKK Gesundheit bestätigte die Kündigung mit Schreiben vom 26. Januar 2004.

Im Januar 2004 beantragte der Ast die Aufnahme in die TAUNUS BKK mit Wirkung zum 1. April 2004. Zu diesem Zeitpunkt galt für die Versicherten der TAUNUS BKK ein allgemeiner Beitragssatz von 12,8 %. Mit Schreiben vom 23. Februar 2004 teilte die TAUNUS BKK dem Ast mit, dass seine Mitgliedschaft am 1. April 2004 beginne.

Zum 1. April 2004 fusionierte die TAUNUS BKK mit der BKK Braunschweig unter Beibehaltung ihres Namens (im Folgenden: Ag) und beschloss mit Wirkung zum gleichen Zeitpunkt einen allgemeinen Beitragssatz von 13,8 %. Der Ast erklärte der Ag gegenüber mit Schreiben vom 20. April 2004 die Anfechtung seines Aufnahmeantrages wegen arglistiger Täuschung. Er sei aufgrund von Werbematerial und telefonischen Auskünften von Mitarbeitern der Ag davon ausgegangen, dass sein Beitragssatz ab dem 1. April 2004 12,8 % und nicht 13,8 % betragen werde. Er habe gegenüber den Mitarbeitern der Ag ausdrücklich zu erkennen gegeben, dass er seinen Aufnahmeantrag ausschließlich unter Berücksichtigung dieses Aspektes gestellt habe. Es sei davon auszugehen, dass den Mitarbeitern der Ag im Februar 2004, als er die Aufnahmeverhandlungen mit der Ag geführt habe, die bevorstehende Fusion und die damit verbundene Erhöhung des allgemeinen Beitragssatzes bekannt gewesen sei. Er werde gegebenenfalls die Wirksamkeit seiner Anfechtungserklärung und die Nichtigkeit des Versicherungsverhältnisses durch ein sozialgerichtliches Eilverfahren klären lassen. Im Übrigen mache er von seinem Sonderkündigungsrecht zum Ablauf des Monats Juni 2004 wegen der Erhöhung des allgemeinen Beitragssatzes Gebrauch und bitte, an dem beabsichtigten Wechsel zu einer anderen gesetzlichen Krankenkasse unterstützend mitzuwirken.

Nachdem eine Reaktion der Ag zunächst nicht erfolgte, hat der Ast bei dem Sozialgericht (SG) Oldenburg am 5. Mai 2004 um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht. Er hat die Feststellung begehrt, dass er seine Mitgliedschaft bei der Ag wirksam angefochten habe und nicht deren Mitglied geworden sei. Hilfsweise hat er die Feststellung beantragt, dass seine Mitgliedschaft aufgrund seiner Sonderkündigung mit Ablauf des 30. Juni 2004 ende. Er sei auf baldige Feststellung angewiesen, weil sein Versicherungsschutz geklärt werden müsse und die Ag ihm bisher noch keine Versicherungskarte habe zukommen lassen. Die BKK ESSANELLE sei bereit, ihn ab dem 1. Juli 2004 als Mitglied aufzunehmen. Sie habe aber noch keine entsprechen...

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