Entscheidungsstichwort (Thema)

Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. schwerbehinderter Mensch. keine Förderung einer Arbeitsassistenz für Tätigkeit als Abgeordneter der Bremischen Bürgerschaft

 

Orientierungssatz

Eine Tätigkeit als Abgeordneter der Bremischen Bürgerschaft kann aufgrund ihrer statusrechtlichen Besonderheiten nicht als Arbeits- oder Berufstätigkeit qualifiziert werden, so dass die Voraussetzungen für einen Anspruch auf eine Förderung nach § 112 SGB 3 iVm § 49 Abs 3 Nr 7 und Abs 8 Nr 3 SGB 9 2018 nicht erfüllt sind.

 

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Bremen vom 9. Oktober 2023 wird zurückgewiesen.

Eine Kostenerstattung in dem Beschwerdeverfahren findet nicht statt.

 

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt im Wege des einstweiligen gerichtlichen Rechtsschutzes eine Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Erbringung von Leistungen zur Förderung der Teilhabe am Arbeitsleben in Form der Übernahme von Kosten für eine Arbeitsassistenz für seine Tätigkeit als Abgeordneter in der E. Bürgerschaft.

Dem am F. geborenen Antragsteller sind ein Grad der Behinderung (GdB) von 100, die Nachteilsausgleiche „G“, „aG“, „H“ und der Pflegegrad IV zuerkannt. Er war bis zum 30.06.2023 beim Verein G.. sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Für diese Tätigkeit wurden ihm aufgrund einer Kostenzusage der Antragsgegnerin vom 21.04.2022 (Bl 59 eVA) durch Bescheid des Amtes für Versorgung und Integration H. (I.) als ausführende Behörde Kosten für eine notwendige Arbeitsassistenz bewilligt, zuletzt mit Bescheid vom 25.04.2023 für die Zeit von April 2023 bis März 2024 (Bl 85 eVA). Der Antragsteller ist seit dem 08.06.2023 Abgeordneter der E. Bürgerschaft. Sein Beschäftigungsverhältnis beim Verein J. wurde zum 30.06.2023 beendet. Das I. hob die Bewilligung der Förderung einer Arbeitsassistenz mit Wirkung vom 01.07.2023 auf (Bescheid vom 06.06.2023, Bl 93 eVA).

Seinen Antrag auf Kostenübernahme für eine Arbeitsassistenz für seine Tätigkeit als Abgeordneter vom 31.05.2023 lehnte die Antragsgegnerin durch Bescheid vom 18.08.2023 ab (Bl 138 eVA). Zur Begründung gab sie an, dass sie zwar zuständige Rehabilitationsträgerin für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sei und eine Kostenübernahme für eine notwendige Arbeitsassistenz als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben bewilligt werden könne, soweit diese für die Erlangung eines Arbeitsplatzes des behinderten Menschen infolge der Art und Schwere der Behinderung erforderlich sei. Bei der Tätigkeit als Abgeordneter in der E. Bürgerschaft handele es sich jedoch nicht um einen Arbeitsplatz im Sinne der genannten gesetzlichen Bestimmungen.

Der Antragsteller hat dagegen am 08.09.2023 Widerspruch eingelegt, über den - soweit ersichtlich - eine Entscheidung noch nicht ergangen ist.

Am 20.09.2023 hat er beim Sozialgericht (SG) Bremen einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt.

Zur Begründung hat er angegeben, nach Maßgabe des § 49 Abs 3 Nr 7 SGB IX gegen die Antragsgegnerin einen Anspruch auf Kostenübernahme für eine notwendige Arbeitsassistenz als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben zu haben. Die Zuständigkeit der Antragsgegnerin sowie die Notwendigkeit einer Assistenz aufgrund seiner Schwerbehinderung seien nicht fraglich. Streitig sei allein, ob seine Abgeordnetentätigkeit als Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit i.S.d. § 49 Abs. 3 Nr. 7 SGB IX zu qualifizieren sei. Für eine Einstufung dieser Tätigkeit als Beschäftigung spreche die Abgeordnetenentschädigung, die ihn finanziell in die Lage versetze, seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Damit bestünden Parallelen zu einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung. Dies spiegele sich auch in der Bremischen Landesverfassung und im Bremischen Abgeordnetengesetz “ (Art. 97 Abs. 2, 96 Abs. 1, 82 Abs. 2, 154a Bremische Landesverfassung; § 2 Abs 1 Bremisches Abgeordnetengesetz) wider, die von einer „Hauptbeschäftigung“ der Mandatsträger sprächen bzw. die Bezeichnung „Abgeordnetenberuf“ verwendeten. Ebenso finde sich im vorliegenden Kontext in der Bremischen Landesverfassung der Begriff „Entgelt“. Denkbar wäre auch eine Einstufung als selbständige Tätigkeit, da er als Abgeordneter nur seinem Gewissen unterworfen sei. Da eine andere Rechtsgrundlage für die begehrte Förderung nicht ersichtlich sei, liege ggf. auch eine planwidrige Regelungslücke vor, die eine analoge Anwendung rechtfertige. Dafür spreche auch, dass andere Bundesländer in ihren jeweiligen Abgeordnetengesetzen Ansprüche auf zusätzliche Mittel für die Arbeitsassistenz von schwerbehinderten Abgeordneten geregelt hätten.

Das SG hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung durch Beschluss vom 9. Oktober 2023 mangels Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs abgelehnt. Die begehrte Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben könne nur zum Zweck der Eingliederung in das Arbeitsleben, dh für eine bezahlte Erwerbsarbeit oder auch für eine selbständige Tätigkeit erbracht werden. Ziel der Arbeitsassistenz sei die Erlangung od...

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