Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Leistungsausschluss für Ausländer bei Aufenthalt zur Arbeitsuche. Unionsbürger. fehlende Arbeitnehmereigenschaft. Aufenthaltserlaubnis. keine Anwendung des § 7 Abs 1 S 3 AufenthG 2004 nach Abschluss der Familiengründung. Aufenthaltsrecht aus familiären Gründen. keine Sicherung des Lebensunterhaltes

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein Arbeitsverhältnis mit "20 Stunden monatlich im Bereich der Reinigung" bei fehlenden geeigneten Nachweisen dafür, dass die Beschäftigung tatsächlich ausgeübt und Arbeitseinkommen erzielt wird, begründet nicht die erforderliche Arbeitnehmereigenschaft.

2. Eine Anwendung von § 7 Abs 1 S 3 AufenthG (juris: AufenthG 2004) verbietet sich jedenfalls dann, wenn die Familiengründung bereits abgeschlossen ist und die Regelungen der §§ 27ff AufenthG unmittelbar eingreifen.

3. Einer EU-Bürgerin steht ein Aufenthaltsrecht zur Aufrechterhaltung der Familieneinheit auch in ergänzender Anwendung für sie günstigerer Vorschriften des AufenthG nicht zu, weil ein Anspruch auf Familiennachzug zum Lebenspartner nach § 29 AufenthG nicht besteht und ein Nachzug zu den minderjährigen Kindern nach § 36 Abs 2 AufenthG iVm § 27 Abs 3 S 1 AufenthG bei Inanspruchnahme unterhaltssichernder öffentlicher Leistungen wegen Fehlens der Grundvoraussetzungen nach § 5 Abs 1 Nr 1 AufenthG (Sicherung des Lebensunterhaltes) ausscheidet.

4. Der Entscheidung des BSG vom 30.1.2013 - B 4 AS 54/12 R = BSGE 113, 60 = SozR 4-4200 § 7 Nr 34 kann nicht entnommen werden, dass das Zusammenleben unverheirateter ausländischer Partner mit ihren gemeinsamen Kindern ohne Rücksicht auf die Sicherung des Unterhaltes zu einem durch Art 6 GG verbürgten Aufenthaltsrecht führt.

 

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Bremen vom 31. August 2017 wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

Die gemäß §§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Sozialgerichts (SG) Bremen vom 31. August 2017 ist nicht begründet. Das SG hat es zu Recht abgelehnt, den Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, der Antragstellerin zu 2. vorläufig unterhaltssichernde Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) zu gewähren bzw. den Antragstellern zu 1., 3. und 4. vorläufig weitere unterhaltssichernde Leistungen nach dem SGB II über die mit Bescheid vom 30. Mai 2017 bereits bewilligten Leistungen hinaus zu gewähren.

Nach § 86 b Abs. 2 S. 1 SGG kann das Gericht - soweit ein Fall nach Absatz 1 nicht vorliegt - auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Nach Satz 2 der Vorschrift sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. Die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes setzt in diesem Zusammenhang einen Anordnungsanspruch, also einen materiell-rechtlichen Anspruch auf die Leistung, zu der der Antragsgegner im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes verpflichtet werden soll, sowie einen Anordnungsgrund, nämlich einen Sachverhalt, der die Eilbedürftigkeit der Anordnung begründet, voraus. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind glaubhaft zu machen.

Das SG hat zutreffend darauf hingewiesen, dass einer vorläufigen weiteren Leistungsgewährung an die Antragsteller zu 1., 3. und 4. dem Grunde nach bereits der Bescheid vom 30. Mai 2017, mit dem Leistungen nach dem SGB II vorläufig nach § 41a SGB II bewilligt worden sind, entgegensteht. Denn der Erlass einer Regelungsanordnung setzt gem. § 86b Abs. 2 S. 2 SGG das Bestehen eines streitigen Rechtsverhältnisses voraus. Hier ist das Rechtsverhältnis der Beteiligten verbindlich geregelt und damit einer einstweiligen Regelung dem Grunde nach nicht mehr zugänglich. Diese rechtliche Ausgangslage wird auch durch das Stellen des Überprüfungsantrages gem. § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) dem Grunde nach nicht geändert. Denn ein Antrag nach § 44 SGB X ändert die Bestandskraft (§ 77 SGG) des Ursprungsbescheides so lange nicht, wie ihm nicht ganz oder teilweise entsprochen worden ist (vgl. Beschlüsse des Senats vom 28. März 2011 - L 13 AS 32/11 B ER, vom 16. November 2015 - L 15 AS 214/15 B ER und 21. Juni 2017 - L 15 AS 91/17 B ER). Im Übrigen ist auch eine Beschwer für die Antragsteller zu 1., 3. und 4. nicht behauptet und auch nicht ersichtlich. Diese erhalten Leistungen nach dem SGB II. Der Überprüfungsantrag vom 8. August 2017 beschränkt sich ausschließlich auf die Ablehnung der für die Antragstellerin zu 2. beantragten Leistungen.

Der Senat lässt offen, ob dem Bewilligungsbescheid vom 30. Mai 2017 eine (konkludente) Leistungsablehnung für die Antragstellerin zu 2. entnom...

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