Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Einkommensberücksichtigung. Unterstützungsleistung der Eltern. zivilrechtlich wirksame Darlehensvereinbarung. bedingte Rückzahlungsverpflichtung

 

Orientierungssatz

Ein Darlehen der Eltern, das über einen längeren Zeitraum gezahlt wird und dessen Rückzahlungsverpflichtung davon abhängig gemacht wird, dass ein Sozialleistungsträger seiner bestehenden Leistungsverpflichtung nachkommt, ist als Einkommen iS von § 11 Abs 1 S 1 SGB 2 zu berücksichtigen.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 20.12.2011; Aktenzeichen B 4 AS 46/11 R)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten werden die Urteile des Sozialgerichts Hamburg vom 20. Februar 2008 aufgehoben.

Die Klagen werden abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Höhe von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in den Zeiträumen vom 1. Juli bis 31. Dezember 2005 und 1. Januar bis 30. Juni 2006. Dabei geht es um die Berücksichtigung monatlicher Geldzahlungen der Eltern des Klägers an den Kläger als bedarfsminderndes Einkommen in den streitbefangenen Zeiträumen, in welchen der Kläger Ansprüche bei der Beklagten geltend gemacht und nach Anrechnung der Zahlungen der Eltern als Einkommen auch erhalten hat.

Der 1967 geborene alleinstehende Kläger erlernte nach mittlerer Reife den Beruf des Elektrikers und besuchte später einen Meisterlehrgang. In seinem Beruf war er zeitweise tätig und bezog nach Eintritt von Arbeitslosigkeit bis 14. August 2002 Leistungen wegen Arbeitslosigkeit. Seit 1. September 1996 wohnt er in einer im Eigentum seiner Eltern stehenden 66 m² großen Wohnung, für die nach dem zwischen ihm und seinen Eltern abgeschlossenen Mietvertrag zuletzt eine Grundmiete von 350,75 € zuzüglich 50,- € Heizkosten- und 50,- € Betriebskostenvorauszahlung vereinbart worden ist. Vom 10. Januar 2003 bis 31. Dezember 2004 bezog er Sozialhilfeleistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG), die um vom Sozialamt geforderte und geleistete Unterhaltszahlungen der Eltern des Klägers in Höhe von monatlich 221,- € gemindert waren. Dem war die Ermittlung einer Unterhaltspflicht der Eltern vorausgegangen. Danach hatten die Eltern des Klägers ihre Einkünfte im November 2003 mit Übergangsgeld für die Mutter und Renten- und Ruhegeldbezügen für den Vater des Klägers in Höhe von insgesamt 3275,23 € angegeben. Nach Abzug von finanziellen Belastungen und berücksichtigungsfähigen Aufwendungen ergab sich nach Berechnungen des Sozialamtes vom 14. Januar 2004 für die Zeit ab Dezember 2003 ein Unterhaltsbeitrag für die Eltern des Klägers in Höhe von 221,- €.

Am 29. November 2004 beantragte der Kläger bei der Beklagten Leistungen nach dem SGB II. In dem vom Kläger am 29. November 2004 unterschriebenen Antragsformblatt zum SGB II (Zusatzblatt 2) war unter der Rubrik “Einkommen„ als “sonstiges Einkommen„ maschinenschriftlich “Unterhalt von Eltern in Höhe von 221,- €„ eingetragen worden. Daraufhin wurden ihm mit Bescheid vom 7. Dezember 2004 für den Zeitraum 1. Januar bis 30. Juni 2005 Leistungen nach dem SGB II in Höhe von € 566,41 bewilligt. Dabei legte die Beklagte Regelleistungen in Höhe von monatlich 345,- € gemäß § 20 Abs. 2 SGB II in der damals gültigen Fassung und Kosten für Unterkunft und Heizung gemäß § 20 Abs. 1 SGB II in Höhe von monatlich 442,41 € zu Grunde. Danach ergab sich ein Gesamtbedarf von 787,41 €, von dem die Beklagte den im Antragsformular angegebenen Unterhalt der Eltern in Höhe von 221,- Euro monatlich als zu berücksichtigendes Einkommen im Sinne des § 11 SGB II abzog, wodurch sich der vorgenannte Leistungsbetrag ergab. Nachdem der Kläger am 9. Juni 2005 bei der Beklagten einen Fortzahlungsantrag gestellt hatte, gewährte ihm diese durch Bescheid vom 14. Juni 2005 für den Zeitraum 1. Juli bis 31. Dezember 2005 Leistungen nach dem SGB II in unveränderter Höhe. Hiergegen erhob der Kläger am 24. Juni 2005 Widerspruch und begründete diesen damit, dass die monatlichen Leistungen nach wie vor nicht korrekt berechnet worden seien, da Unterhaltsansprüche in Höhe von 221,- € in Abzug gebracht worden seien. Er habe diese Angabe (dass Unterhaltsansprüche existierten) nicht gemacht. Auch würden seine Eltern ihm keine Unterhalts- oder sonstigen Zahlungen erbringen. Gegen den Bescheid vom 7. Dezember 2004 habe er im selben Monat Widerspruch eingelegt, über den bisher nicht entschieden sei.

Mit Widerspruchsbescheid vom 20. Oktober 2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Auf den Gesamtbedarf des Klägers sei das zu berücksichtigende Einkommen gemäß § 19 S. 2 SGB II (in der bis zum 31. Juli 2006 geltenden Fassung) anzurechnen. Der Widerspruchsführer erhalte nach eigenen Angaben Unterhaltszahlungen von seinen Eltern in Höhe von monatlich 221,- €. Diese Zahlungen seien als Einkommen zu berücksichtigen. Der Bescheid vom 7. Dezember 2004 sei nicht angefochten worden, ein Widerspruch liege nicht vor.

Mit Schreiben vom 31. Oktober 20...

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