Nachgehend

BSG (Beschluss vom 09.01.2023; Aktenzeichen B 10 ÜG 15/22 BH)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist eine Entschädigung wegen überlanger Verfahrensdauer.

Streitgegenstand in dem zu Grunde liegenden Verfahren S 29 AS 1662/15 war die Versagung von Leistungen nach dem SGB II. Die Klage wurde am 3. Mai 2015 erhoben und das Verfahren endete vor dem Sozialgericht durch Urteil vom 15. August 2019. Das Verfahren wurde in der Berufungsinstanz unter dem Aktenzeichen L 4 AS 269/19 weitergeführt und dort durch Beschluss vom 26. Juni 2020 abgeschlossen. Ein erfolgloses Nichtzulassungsbeschwerde-Verfahren vor dem Bundessozialgericht (BSG) folgte.

Hinsichtlich des Verfahrensablaufes in dem Verfahren wird auf den Verfahrenskalender (Bl. 29-31 der Prozesskostenhilfe (PKH)-Akte L 1 SF 1/20 EK PKH und Bl. 23 der Prozessakte zu diesem Verfahren) verwiesen.

Die Klägerin erhob am 9. Juni 2017 Verzögerungsrüge.

Die Klägerin stellte am 2. Januar 2020 einen isolierten PKH-Antrag, der unter dem Aktenzeichen L 1 SF 1/20 EK PKH geführt wurde. Durch Beschluss vom 5. Februar 2020 wurde das Verfahren bis zum Abschluss des Berufungsverfahrens ausgesetzt. Eine dagegen eingelegte Gehörsrüge/ Gegenvorstellung wurde zurückgewiesen. Zuvor hatte die Beklagte eine vergleichsweise Zahlung von 1.600,- Euro angeboten.

Unter dem Aktenzeichen L 1 SF 6/21 EK PKH wurde das Verfahren dann ab dem 12. Februar 2021 weitergeführt. Die Beklagte bot unter Berücksichtigung des schnell durchgeführten Berufungsverfahrens nun 1.300,- Euro an und zahlte diese auch an die Klägerin aus.

Nach dem mehrfachen gerichtlichen Hinweis, dass nach der Zahlung der Beklagten keine Erfolgsaussicht mehr für eine Entschädigungsklage bestehe, lehnte der Senat den PKH-Antrag mit Beschluss vom 17. Juni 2021 ab. Eine auch hiergegen eingelegte Anhörungsrüge blieb erfolglos.

Die Klägerin hat am 19. Oktober 2021 Klage erhoben. Die Klage im Ausgangsverfahren sei bereits am 3. Mai 2015 eingereicht worden. Mithin seien bereits bei Erlass der erstinstanzlichen Entscheidung am 9. August 2019 mehr als 51 Monate seit Klagerhebung vergangen. Die Verzögerungsrüge sei am 8. Juni 2017 erhoben worden, mithin vor mehr als 26 Monaten vor Urteilserlass. Erst über ein halbes Jahr später habe das Sozialgericht die Akten von der Beklagten angefordert. Seitdem sei nichts Verfahrensbeschleunigendes mehr passiert. Unter dem 8. Mai 2018 habe die Klägerin eine weitere Verzögerungsrüge erhoben. Über ein Jahr später habe das Sozialgericht zur mündlichen Verhandlung für den 9. August 2019 geladen. Hier falle die Verzögerung in den Verantwortungsbereich des Gerichts bzw. des Jobcenters. Es sei nicht zu erkennen, dass die Klägerin an der Klage nicht mitgewirkt habe.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin wegen der unangemessenen Dauer ihres vor dem Sozialgericht Hamburg geführten Verfahrens eine angemessene Entschädigung in Höhe von mindestens 3.600,- Euro nebst Prozesszinsen in gesetzlicher Höhe seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

hilfsweise,

die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin wegen der unangemessenen Dauer ihres vor dem Sozialgericht Hamburg geführten Verfahrens eine angemessene Entschädigung in Höhe von mindestens 2.300,- Euro nebst Prozesszinsen in gesetzlicher Höhe seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

weiter hilfsweise,

die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin wegen der unangemessenen Dauer ihres vor dem Sozialgericht Hamburg geführten Verfahrens eine angemessene Entschädigung in Höhe von mindestens 300,- Euro nebst Prozesszinsen in gesetzlicher Höhe seit Rechtshängigkeit zu zahlen aufgrund des prozessualen Anerkenntnisses der Beklagten.

Weiter wird beantragt,

die Revision zuzulassen.

Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,

die Klage abzuweisen.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakte des vorliegenden Verfahrens sowie auf die Prozessakte des Verfahrens S 29 AS 1662/15 Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Für das Klageverfahren sind die Vorschriften der §§ 198 ff. Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) sowie die §§ 183, 197a und 202 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.d.F. des Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren (ÜGRG) vom 24. November 2011 (BGBl. I 2302) maßgebend. Für die Entscheidung über die Klage ist das Landessozialgericht zuständig (§ 201 Abs. 1 S. 1 GVG i.V.m. § 202 S. 2 SGG).

Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage statthaft (§ 54 Abs. 5 SGG; vgl. BSG, Urteil vom 21.02.2013 - B 10 ÜG 1/12 KL) und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben worden. Die Einlegungsfrist des § 198 Abs. 5 S. 2 GVG, wonach die Klage spätestens sechs Monate nach Rechtskraft der Entscheidung, die das Verfahren beendet, erhoben werden muss, hat die Klägerin eingehalten.

Sie hat ebenso die Wartefrist des § 198 Abs. 5 S. 1 GVG eingehalten, wonach eine Entschädigungsklage frühestens sechs ...

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