Leitsatz (amtlich)

Das in Hamburg an Tagesmütter als Bestandteil des Tagespflegegeldes gezahlte Erziehungsgeld ist teilweise als Einkommen im Sinne des § 11 Abs 1 S 1 SGB 2 zu berücksichtigen.

 

Orientierungssatz

Ein gesonderter Pauschbetrag nach § 11 Abs 2 SGB 2 iVm § 3 Nr 3 Buchst b AlgIIV für die mit der Erzielung des Einkommens verbundenen Betriebsausgaben ist nicht abzusetzen.

 

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts vom 7. März 2005 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

 

Gründe

Die statthafte und zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte Beschwerde (§§ 172 und 173 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -), der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat (§ 174 SGG), ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat den Erlass der einstweiligen Anordnung gemäß § 86 b Abs. 2 SGG zu Recht abgelehnt.

Das Begehren der Antragstellerin, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihr ab 1. Januar 2005 vorläufig Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem Sozialgesetzbuch, Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) ohne Anrechnung der von ihr als Tagesmutter erzielten Einnahmen für die Tagespflege von vier Kindern zu gewähren, ist in Würdigung ihres Rechtsschutzziels dahingehend zu verstehen, die Antragsgegnerin zu verpflichten, ihr ab Januar 2005 vorläufig weitere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in Höhe von 191,41 € monatlich zu bewilligen. Denn in dieser Höhe rechnet die Antragsgegnerin im Bescheid vom 17. Februar 2005 die aus der Tätigkeit als Tagesmutter erzielten Einnahmen als zu berücksichtigendes Einkommen an.

Soweit die Antragstellerin diese weiteren Leistungen für die Zeit vor dem 15. Februar 2005 begehrt, hat sie bereits den erforderlichen Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht (§ 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 Zivilprozessordnung - ZPO -), da der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung erst an diesem Tag gestellt worden ist.

Einstweilige Anordnungen sind zur Regelung eines vorläufigen Zustandes zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (§ 86b Abs. 2 Satz 2 SGG). Maßgeblich für die Beurteilung insbesondere des Anordnungsgrundes ist der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung in der jeweiligen Instanz. Aufgabe des vorläufigen Rechtsschutzes durch Erlass einer einstweiligen Anordnung in Fällen der vorliegenden Art ist es, dem Betroffenen lediglich diejenigen Mittel zur Verfügung zu stellen, die zur Behebung aktueller, d.h. gegenwärtig - noch - bestehender Notlagen notwendig sind. Regelungen über die einstweilige Bewilligung laufender Geldleistungen können daher grundsätzlich nur für die Gegenwart und die Zukunft, nicht aber für zurückliegende Zeiträume getroffen werden, weil in der Regel davon auszugehen ist, dass in der Vergangenheit liegende Notsituationen von dem Betroffenen bereits bewältigt worden sind. Ob dieses nicht nur für die Zeit vor Stellung des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung bei Gericht gilt, sondern auch für spätere, im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung bereits abgeschlossene Zeiträume (so für laufende Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem Bundessozialhilfegesetz: OVG Hamburg, Beschl. vom 4. April 1990 - Bs IV 8/90 -, NVwZ 1990, 975), kann für das vorliegende Verfahren dahingestellt bleiben, da der Antragstellerin nach der gebotenen summarischen Überprüfung ein Anspruch auf zusätzliche Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts über die ihr durch den Bescheid der Antragsgegnerin vom 17. Februar 2005 bewilligten Leistungen hinaus in Höhe von weiteren 191,41 € monatlich nicht zusteht.

Nach § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGB II haben erwerbsfähige Personen nur Anspruch auf Leistungen, soweit sie hilfebedürftig (§ 9 SGB II) sind. Die Antragstellerin ist nicht in Höhe weiterer 191,41 € monatlich hilfebedürftig. Die Antragsgegnerin hat zu Recht einen Anteil des der Antragstellerin für die Betreuung von vier Kindern teilweise vom Jugendamt und teilweise von deren Eltern monatlich gezahlten Tagespflegegeldes von zusammen 1.056,- € als die Geldleistung der Antragsgegnerin gemäß § 19 S. 2 SGB II minderndes Einkommen angerechnet. Auch wenn das Tagespflegegeld eine zweckbestimmte Einnahme im Sinne von § 11 Abs. 3 Nr. 1a SGB II ist, die nicht den Zwecken der Leistungen nach dem SGB II entspricht, ist dessen teilweise Anrechnung als Einkommen in Höhe von 249,90 € (noch ohne Berücksichtigung weiterer Absetzungsbeträge) nicht zu beanstanden.

Das Tagespflegegeld ist deshalb zweckbestimmte Leistung im Sinne von § 11 Abs. 3 Nr. 1a SGB II), da es für die Betreuung und Förderung von Kindern und damit zu einem ausdrücklich genannten Zweck, der mit dem Zweck des SGB II, den Lebensunterhalt des Arbeitsuchenden zu sichern, nicht identisch ist, geleistet wird. Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Tagespflegeverordnung vom 15. April 2003 (HmbGVBl. S. 64) - TagPflVO - werden die der Tagespflegeperson bei...

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