Entscheidungsstichwort (Thema)

Berufsausbildungsbeihilfe. Höhe. Wohnunterbringung. Vollverpflegung. erhöhter Bedarf. Nichtberücksichtigung bei Unterbringung aus erzieherischen Gründen in betreuter Wohnform

 

Orientierungssatz

Die aus erzieherischen Gründen gebotene Unterbringung Auszubildender - sei es mit voller Verpflegung, sei es mit betreuter Selbstverpflegung - steht grundsätzlich außerhalb dieser Zielsetzung des Arbeitsförderungsrechts und begründet keine Verpflichtung der Bundesanstalt für Arbeit, der Berechnung der Berufsausbildungsbeihilfe einen erhöhten Bedarf nach § 11 Abs 2 AusbFöAnO zugrunde zu legen. Die Notwendigkeit einer fachlichen Betreuung der Selbstverpflegung bei Volljährigen folgt grundsätzlich allein aus erzieherischen Gründen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Höhe der dem Beigeladenen zustehenden Berufsausbildungsbeihilfe (BAB).

Der 1976 geborene Beigeladene ist Türke mit unbefristeter Aufenthaltserlaubnis und unbefristeter und unbeschränkter Arbeitserlaubnis. Er beantragte am 9. Juni 1994 bei der Beklagten BAB für eine am 1. September 1994 bei der Einrichtung K e.V. in B beginnende Ausbildung zum Maler und Lackierer. K e.V. -- eingetragener Verein zur Förderung von Selbsthilfe bei Stadterneuerung und Berufsausbildung -- ist sowohl Träger einer Ausbildungsstätte als auch von Wohneinrichtungen, in welchen der Beigeladene in einer betreuten Wohnung untergebracht war. Die Verpflegung erfolgte nicht in Form von Sachleistungen, sondern durch Auszahlung von Verpflegungsgeld.

Am 2. Januar 1995 meldete der Kläger bei der Beklagten für dem Beigeladenen gewährte Jugendhilfe bei Berufsausbildung gemäß § 104 Sozialgesetzbuch (SGB) X einen Ersatzanspruch an und bat bis zur Höhe seiner Aufwendungen um Überweisung der BAB an sich. Der an KreuzWerk e.V. für Unterkunft, Verpflegung und Betreuung gezahlte tägliche Pflegesatz betrage zur Zeit 184,60 DM.

Durch Bescheid vom 28. Mai 1997 -- bestätigt durch Widerspruchsbescheid vom 12. August 1997 -- bewilligte die Beklagte dem Beigeladenen für die Zeit vom 1. September 1994 bis 31. Mai 1995 in Höhe von monatlich 324,-- DM BAB gemäß § 40 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) in Verbindung mit §§ 9 ff. der Anordnung des Verwaltungsrates der Bundesanstalt für Arbeit über die individuelle Förderung der beruflichen Ausbildung (A Ausbildung) vom 31. Oktober 1969 in der derzeit gültigen Fassung. Die BAB werde gemäß § 104 SGB X an den Kläger überwiesen. Der Berechnung der BAB legte die Beklagte einen Bedarf für den Lebensunterhalt in Höhe von 830,-- DM (755,-- DM für anderweitige Unterbringung und 75,-- DM als Zusatzbedarf für Unterkunft gemäß § 11 Abs. 4 A Ausbildung) und für die Ausbildung in Höhe von 32,80 DM (12,80 DM für Fahrkosten zur Berufsschule und 20,-- DM für Arbeitskleidung) -- zusammen 862,80 DM -- zugrunde. Davon setzte sie die (aus Jugendhilfemitteln gezahlte) Netto-Ausbildungsvergütung des Beigeladenen in Höhe von 537,97 DM ab, während das -- die Freibeträge nicht übersteigende -- Einkommen dessen Mutter (seit 1975 Montiererin in Berlin) anrechnungsfrei blieb (862,80 DM abzüglich 537,97 DM = (gerundet) 324,-- DM).

Mit der dagegen beim Sozialgericht Berlin (SG) erhobenen Klage wandte sich der Kläger dagegen, dass die Beklagte der Berechnung der BAB lediglich den Bedarf nach § 11 Abs. 4 A Ausbildung zugrunde gelegt habe. Die Unterbringung des Beigeladenen erfülle das Merkmal "volle Verpflegung" nach § 11 Abs. 2 A Ausbildung, so dass der erhöhte Bedarf zugrunde zu legen sei. Die Zubereitung und der Einkauf der Nahrung erfolgten unter sozialpädagogischer Betreuung. Die Barauszahlung des Verpflegungsgeldes sei daher Bestandteil des sozialpädagogischen Konzeptes, die Auszubildenden auf ein selbständiges Leben vorzubereiten und damit wirtschaftliche Schwierigkeiten überwinden zu helfen. Dieses Konzept sei Bestandteil einer angemessenen beruflichen Qualifikation und diene auch dem Einstieg ins Berufsleben und der damit verbundenen Unabhängigkeit.

Durch Urteil vom 24. Februar 1998 wies das SG die Klage ab. Der Kläger habe den Anspruch des Beigeladenen zwar im Wege der gesetzlichen Prozessstandschaft geltend machen können. Der Beigeladene sei aber im streitigen Zeitraum nicht in einem Wohnheim mit voller Verpflegung untergebracht gewesen. Der erhöhte Bedarfssatz nach § 11 Abs. 2 A Ausbildung setze durch eine "herbergsmäßige" Unterbringung entstandene Kosten voraus, die bei eigenverantwortlicher Organisation der Lebensführung durch den Auszubildenden -- keine Verpflegung durch Dritte, sondern Anleitung durch Dritte zur Selbstverpflegung -- nicht anfielen. Einer erweiternden Auslegung des § 11 Abs. 2 A Ausbildung stehe der Zweck des Arbeitsförderungsrechts entgegen. Die Förderung der Persönlichkeitsentwicklung und der eigenverantwortlichen Lebensführung sei nicht Gegenstand der Arbeitsförderung, sondern der Jugendhilfe.

Mit der Berufung macht der Kläger geltend, die betreute Selbstverpflegung bei K W e.V. stehe in engem sachlichen und organisatorischen Zusammenhang mit der Woh...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt SGB Office Professional . Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge