Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. häusliche Krankenpflege. stationäre Einrichtungen. Eingliederungshilfe. Abgrenzung. Heimvertrag. Betreute Wohnform. Behandlungspflege. Medizinische Fachkenntnisse. Subkutane Injektion. Kostenerstattung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Versicherte, die Leistungen der Eingliederungshilfe in einer stationären Einrichtung erhalten, haben keinen Anspruch gegen ihre Krankenkasse auf Versorgung mit einfachen Leistungen der Behandlungspflege nach § 37 Abs 2 S 1 SGB 5, wenn und soweit sie diese Leistungen auch vom Einrichtungsträger (hier: aufgrund des Heimvertrags) beanspruchen können.

2. Subkutane Injektionen sind einfache Leistungen der Behandlungspflege.

 

Normenkette

SGB V § 37 Abs. 2, § 13 Abs. 3 S. 1

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 30. Oktober 2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Erstattung von Kosten für Leistungen der häuslichen Krankenpflege.

Der 1986 geborene Kläger ist mehrfach behindert (blind, taub) und auf einen Rollstuhl angewiesen. Er bezieht seit Juni 2005 Leistungen nach Pflegestufe I der sozialen Pflegeversicherung (Sozialgesetzbuch/Elftes Buch - SGB XI). Er lebt in der Wohnstätte A, einer Einrichtung der Eingliederungshilfe nach dem Sozialgesetzbuch/Zwölftes Buch (SGB XII) für Menschen mit geistigen und mehrfachen Behinderungen, und erhält Leistungen der Grundsicherung, Eingliederungs- und Blindenhilfe nach dem Vierten, Sechsten und Neunten Kapitel des SGB XII. Der mit Wirkung ab dem 1. August 2010 zwischen dem Kläger und dem Einrichtungsträger (M GmbH) geschlossene Wohn- und Betreuungsvertrag (WBV) enthält u.a. folgende Regelungen:

Ҥ 3 Umfang der Betreuung und Assistenz

Bei Bewohnern/Bewohnerinnen, die Sozialhilfeleistungen erhalten, richten sich die von der Einrichtung zu erbringenden Leistungen nach den Regelungen zur Eingliederungshilfe nach dem 6. Kapitel des SGB XII sowie nach der mit dem Landkreis P-M geschlossenen Leistungsvereinbarung gem. § 75 Abs. 3 SGB XII in ihrer jeweils gültigen Fassung. Es erfolgt eine Differenzierung nach Leistungstypen und Gruppen für Leistungsberechtigte mit vergleichbarem Hilfebedarf (Hilfebedarfsgruppe) auf Grundlage des sog. H.M.B.-W-Verfahrens (nach Dr. Metzler). Bei selbstzahlenden Bewohnern/Bewohnerinnen richten sich die von der Einrichtung zu erbringenden Leistungen nach dem entsprechend zu ermittelnden individuellen Hilfebedarf.

Bei Vertragsschluss liegt eine Bewilligung des Leistungsträgers für folgenden Leistungstyp vor:

LT 5

Die Bewohner/die Bewohnerin wird demnach bei Vertragsschluss für den Leistungstyp 5 in die Hilfebedarfsgruppe IV eingestuft.

Die Vertragspartner sind sich im Hinblick auf die Zielsetzung der Eingliederungshilfe darüber einig, dass die Einrichtung - die Bewilligung durch den Sozialleistungsträger vorausgesetzt - nur dann die unter § 3a und § 3 b aufgeführten Leistungen erbringt, soweit der Bewohner/die Bewohnerin nicht in der Lage ist, diese selbständig durchzuführen. Soweit erforderlich, unterstützt die Einrichtung den Bewohner/die Bewohnerin bei Tätigkeiten durch Anleitung bzw. Unterstützung. Näheres ergibt sich aus dem individuellen Hilfeplan.

§ 3a) Betreuung und Assistenz - personenbezogene Leistungen im Bereich Wohnen für Bewohner im Leistungstyp 6 “Wohnen ohne Gestaltung des Tages„

1. Die Maßnahmen der Betreuung, Förderung und Assistenz orientieren sich an dem individuellen Hilfebedarf des Bewohners und werden nach fachlichen Kriterien der Pädagogik und Heilpädagogik geplant und in abgestufter Form als Hilfe zur Selbsthilfe außerhalb der Zeiten tagesstrukturierender Maßnahmen (diese sind montags bis freitags von 8.00 Uhr bis 16.00 Uhr) durchgeführt. Sie umfassen die Beratung, Begleitung, Ermutigung, Aufforderung, Motivation, Begründung, Beaufsichtigung, Kontrolle, Korrektur, Unterstützung, Anleitung und Assistenz bis zur stellvertretenden Hilfeleistung. Die Einrichtung verpflichtet sich, bei Neuaufnahmen zur Formulierung eines individuellen Hilfeplanes innerhalb von 6 Wochen.

2. … Die Betreuungsleistung gliedert sich nach dem H.M.B.-W-Verfahren wie folgt:

g) Gesundheitsförderung und -erhaltung, Pflegeleistungen

Wir übernehmen neben der Beobachtung und Überwachung des Gesundheitszustandes auch die Anleitung zur gesunden Lebensführung in Bezug auf den verantwortlichen Umgang mit Genussmitteln, auf eine ausgewogene Ernährung, auf ausreichende Bewegung sowie auf die Durchführung notwendiger rehabilitativer Maßnahmen. Leistungen der Behandlungspflege, die im Rahmen häuslicher Krankenpflege gem. § 37 SGB V zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen erbracht werden können, werden von der Einrichtung nicht geschuldet. Im Rahmen der Möglichkeiten der Einrichtung werden allgemeine pflegerische Leistungen als integraler Bestandteil der Eingliederungshilfe bei Erkrankungen erbracht, die keine Krankenhausbehandlung erforderlich ma...

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