Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfassungsmäßigkeit der Rentenanpassung

 

Orientierungssatz

1. Rentenansprüche und Rentenanwartschaften fallen unter den Schutz der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG. Dem Gesetzgeber ist eine ausreichende Flexibilität eingeräumt, um das Rentenversicherungssystem und dessen Finanzierung zu gewährleisten. Die jeweilige Fortschreibung des aktuellen Rentenwertes bei der Rentenanpassung hat das öffentliche Interesse an der Sicherung der Finanzierbarkeit des Systems der gesetzlichen Rentenversicherung zu berücksichtigen.

2. Aus dem Rechts- und Sozialstaatssystem des Art. 20 Abs. 1 und 3 GG folgt kein Anspruch auf uneingeschränkte und stetige Rentenerhöhung.

3. Es verstößt nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG, wenn zur Finanzierung der gesetzlichen Rentenversicherung nicht alle Mitglieder der Gesellschaft unmittelbar herangezogen werden.

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 12. März 2014 wird zurückgewiesen.

Die Klagen gegen die Rentenanpassungsmitteilungen zum 1. Juli 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. September 2014, zum 1. Juli 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. August 2015 und zum 1. Juli 2016 werden abgewiesen.

Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten auch des Verfahrens beim Landessozialgericht nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt von der Beklagten höhere Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ab 1. Juli 2011.

Der im Januar 1961 geborenen Klägerin, die ab 1. September 1984 eine Hochschulausbildung absolvierte, die sie mit dem Abschluss Diplomingenieurin erfolgreich beendete (Zeugnis der Hochschule für Verkehrswesen “ L„ vom 28. Februar 1989), war mit Bescheid vom 18. Juli 2002 in der Fassung der Bescheide vom 7. Februar 2003 und vom 28. Mai 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. August 2003 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit nach einem am 4. September 2000 eingetretenen Leistungsfall ab 1. Oktober 2000 bei 33,9027 persönlichen Entgeltpunkten (Ost) bewilligt worden: Der Rentenberechnung hatte sie u. a. die Zeit vom 1. September 1984 bis 31. Oktober 1987 als Anrechnungszeit Hochschulausbildung zugrunde gelegt, die sie insgesamt mit 2,1812 Entgeltpunkte (0,0755 x 76,0000 : 100 = 0,0574 Entgeltpunkte x 38 Monate) bewertete. Die dagegen erhobene Klage mit der u. a. eine höhere Rente beansprucht worden war, war mit Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 11. August 2008 - S 10 RA 1195/03 abgewiesen worden. Mit Urteil vom 15. November 2010 - L 7 R 538/08 hatte das Sächsische Landessozialgericht die dagegen eingelegte Berufung zurückgewiesen. Die dagegen eingelegte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision war erfolglos geblieben (Beschluss des Bundessozialgerichts - BSG - vom 17. April 2012 - B 13 R 432/10 B).

Gegen die im Bescheid vom 28. Mai 2003 zum 1. Juli 2003 festgesetzte Rentenhöhe hatte sich die Klägerin im Juli 2003 während des anhängigen Widerspruchsverfahrens ebenfalls gewandt, da die Höhe der Rentenanpassung von der Gehaltsentwicklung abgekoppelt sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 16. Juni 2009 war der Widerspruch gegen die zum 1. Juli 2003 ergangene Rentenanpassungsmitteilung zurückgewiesen worden. Die dagegen erhobene Klage hatte das Sozialgericht Leipzig mit Gerichtsbescheid vom 1. Oktober 2010 - S 27 R 842/09 zurückgewiesen. Die dagegen eingelegte Berufung war vom Sächsischen Landessozialgericht mit Urteil vom 18. Dezember 2012 - L 4 R 717/10 zurückgewiesen worden. Die dagegen eingelegte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision war erfolglos geblieben (Beschlüsse des BSG vom 18. Juni 2013 B 5 R 16/13 B und vom 20. November 2013 - B 5 R 276/13 B).

Die gegen die Rentenanpassungsmitteilung zum 1. Juli 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. März 2011 erhobene Klage war vom Sozialgericht Berlin mit Urteil vom 15. April 2014 - S 14 R 2425/11 abgewiesen worden. Die dagegen eingelegte Berufung hatte das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg mit Urteil vom 25. September 2014 - L 6 R 361/14 zurückgewiesen.

Die Rentenanpassungsmitteilungen zum 1. Juli 2009 und zum 1. Juli 2010 waren von der Klägerin nicht mit Rechtsbehelfen angegriffen worden.

Mit Rentenanpassungsmitteilung zum 1. Juli 2011 erhöhte die Beklagte die monatliche Rente von bisher 818,07 Euro auf 826,21 Euro.

Mit dem dagegen eingelegten Widerspruch machte die Klägerin geltend, die Rentenanpassung bleibe erneut ohne sachlichen Grund hinter der Lohn-/ Gehaltsentwicklung zurück. Dies sei gemäß Nichtannahmebeschluss des Bundesverfassungsgerichtes (BVerfG) vom 26. Juli 2007 - 1 BvR 824/03 rechtswidrig, da diese Abkopplung der Renten von den Löhnen nicht “der Erhaltung der Funktions- und Leistungsfähigkeit der gesetzlichen Rentenversicherung„ diene, nicht “von einem gewichtigen öffentlichen Interesse getragen„ und schon gar nicht “verhältnismäßig„ sei.

Mit Widerspruchsbescheid vom 30. September 2011 wies die Beklagte den Wider...

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