Entscheidungsstichwort (Thema)

Versagung von Witwenrente bei Eingehen einer Versorgungsehe

 

Orientierungssatz

1. Die Witwe hat nach § 46 Abs. 2 S. 1 SGB 6 keinen Anspruch auf Witwenrente, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sei denn die Annahme ist nicht gerechtfertigt, dass es alleiniger oder überwiegender Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen. Für das Vorliegen dieser besonderen Umstände trägt die Witwe die Beweislast.

2. Hierbei kommt dem Gesundheitszustand des Versicherten zum Zeitpunkt der Eheschließung gewichtige Bedeutung zu. Dementsprechend steigt mit dem Grad der Lebensbedrohlichkeit einer Krankheit und dem Grad der Offenkundigkeit zugleich der Grad des Zweifels am Vorliegen der vom hinterbliebenen Ehegatten zur Widerlegung der gesetzlichen Vermutung angeführten und zu beweisenden besonderen Umstände (BSG Urteil vom 5. 5. 2009, B 13 R 55/08 R).

3. Wurde bei einem krebskranken Versicherten im Zeitpunkt der Eheschließung bereits Radiochemotherapie, Bestrahlung, Chemotherapie oder operative Therapie durchgeführt, war bereits ein Lymphknotenrezidiv aufgetreten und die Indikation zur rein palliativen Chemotherapie gestellt worden, so ist die Gewährung von Witwenrente wegen des Eingehens einer Versorgungsehe zu versagen.

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 18. November 2014 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die im September 1966 geborene Klägerin begehrt eine Witwenrente nach dem 1958 geborenen und 2013 verstorbenen Versicherten R K.

Beginnend im Juli 2011 kam es bei dem Versicherten zu verstärkten Magenschmerzen. Im Hinblick hierauf wurde in der Folge eine Spiegelung durchgeführt, die eine Ulzeration im Bereich des Mageneingangs ergab. Im Verlaufe einer orthopädischen Reha in der Rehabilitationsklinik L im September 2011 traten zunehmende Schluckbeschwerden auf. In nachfolgenden Untersuchungen wurde letztlich im Dezember 2011 ein Adenokarzinom des ösophagogastralen Übergangs gesichert. In der Bildgebung zeigten sich vergrößerte Lymphknoten. Die Histologie der später entnommenen fünf Lymphnoten ergab einen Befall von drei dieser Knoten und ein Tumorstadium cT3 pN2 M0. Ab dem 20. Dezember 2011 bestand Arbeitsunfähigkeit. Nach einer neoadjuvanten Radiochemotherapie sowie zwei Zyklen einer Chemotherapie im Januar und Februar 2012 erfolgte im März 2012 in der C Klinikum B eine Ösophagogastrektomie. Es zeigten sich noch positive Lymphknoten, so dass die Indikation zur adjuvanten Chemotherapie bestand (vgl. zu allem: Befundbericht der C vom 27. März 2012; Entlassungsbericht der C vom 30. März 2012, Beistück Kopien aus der Patientenakte der C; Entlassungsbericht der Reha-Klinik A vom 04. Juni 2012).

Mit Bescheid vom 16. März 2012 erkannte das Landesamt für Gesundheit und Soziales B (LaGeSo) bei dem Versicherten einen Grad der Behinderung (GdB) von 100 ab dem 26. Januar 2012 an.

Vom 20. April bis zum 18. Mai 2012 befand sich der Versicherte in der Reha-Klinik A, aus der er bezogen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt mit folgender Leistungseinschätzung entlassen wurde: “…einen positiven Krankheitsverlauf vorausgesetzt und noch eine lange Rekonvaleszenzzeit benötigend, kann im günstigsten Fall von einer vollschichtigen Leistungsfähigkeit für leichte Tätigkeiten (…) ausgegangen werden„. Der BMI betrug bei Aufnahme 21 kg/m² (Gewicht bei Aufnahme 70 kg, bei Entlassung 69,6 kg). Im Weiteren hieß es in dem Bericht, der Versicherte sei über die Dignität der Erkrankung aufgeklärt. In mehreren psychotherapeutischen Einzelgesprächen sei u.a. über eine sehr problembehaftete Partnerbeziehung gesprochen worden. Der Versicherte trage sich mit Trennungsgedanken. Am 31. Mai 2012 (Arztbrief vom 31. Mai 2012) stellte sich der Versicherte in der C Klinikum B wegen gelegentlicher Schluckstörungen vor, bestand aber nach einer Ösophagogastroduodenoskopie auf einer umgehenden Entlassung.

Im September 2012 stellte der Versicherte nach Aufforderung der Beklagten einen Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben.

Vom 16. bis zum 23. Oktober 2012 wurde der Kläger wegen einer seit Monaten zunehmenden abdominellen Beschwerdesymptomatik und anhaltenden Gewichtsverlust (BMI 17,5 kg/m²) abermals in der C Klinikum B stationär behandelt (Entlassungsbericht vom 23. Oktober 2012). Aus den ersten Untersuchungen ergab sich der Verdacht auf ein Frührezidiv. Gemäß dem Beschluss der interdisziplinären Tumorkonferenz vom 24. Oktober 2012 (ebenfalls in dem genannten Beistück zu finden) sollte zur Diagnosesicherung nachfolgend eine CT-gestützte Probeentnahme erfolgen und bei Bestätigung des Verdachts eine palliative Chemotherapie eingeleitet werden. Aufgrund der Mangelernährung wurde eine parenterale (d.h. künstliche intravenöse) Ernährung über den Port gestartet.

Bei dem folgenden stationären Aufenthalt in der C Klinikum B vom 01. bis zum 0...

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