Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsärztliche Versorgung. Abrechnungsprüfung. Notfallbehandlung. Vergütungsanspruch nicht ausgeschlossen, wenn Versicherter anschließend in anderes Krankenhaus aufgenommen wird. Aufnahmeuntersuchung. keine konkludente Aufnahmeentscheidung durch Intubation und Beatmung eines Versicherten. Weiterverweisung. fortgesetzter Rettungstransport

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein vertragsärztlicher Vergütungsanspruch für eine Notfallbehandlung wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Versicherte anschließend in ein anderes Krankenhaus aufgenommen wird als das Krankenhaus der Notfallbehandlung (BSG vom 11.9.2019 - B 6 KA 6/18 R = SozR 4-2500 § 76 Nr 5).

2. Eine konkludente (stationäre) Aufnahmeentscheidung wird nicht durch die Intubation und Beatmung eines Versicherten getroffen, wenn dies im Rahmen der Aufnahmeuntersuchung mit dem Ergebnis einer Weiterverweisung lediglich dazu dient, den Zustand des Patienten zu stabilisieren und seine Transportfähigkeit aufrechtzuerhalten (BSG vom 18.5.2021 - B 1 KR 11/20 R = BSGE 132, 137 = SozR 4-2500 § 109 Nr 85). Dies gilt auch dann, wenn die Beatmung im Rahmen der diagnostischen Untersuchung auf einer Neurologischen Fachabteilung durchgeführt wird.

3. Ein fortgesetzter Rettungstransport liegt nicht vor, wenn erst nach einer im Rahmen der Aufnahmeentscheidung im Krankenhaus durchgeführten Diagnostik feststeht, dass eine Weiterverweisung notwendig ist.

 

Tenor

Das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 22. Februar 2017 wird aufgehoben.

Der Honorarbescheid der Beklagten vom 26. Juli 2012 (Quartal III/10) in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. September 2013, dieser in der Fassung der Änderungsbescheide vom 30. März 2016 und vom 14. Juli 2016, wird geändert. Die Beklagte wird verurteilt, über den Honoraranspruch der Klägerin für das Quartal III/2010 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu entscheiden.

Die Beklagte trägt die Kosten des gesamten Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit einer sachlich-rechnerischen Richtigstellung der Abrechnung von Leistungen, die im Quartal III/2010 in der Notfallambulanz des Krankenhauses der Klägerin erbracht worden sind.

Die Klägerin ist Trägerin der R Kliniken Neuruppin, an die im streitgegenständlichen Zeitraum eine Notfallambulanz angegliedert war. Die Beklagte setzte das Honorar der Klägerin für das Quartal III/2010 mit Bescheid vom 26. Juli 2012 in Höhe von 77.493,60 Euro fest. Zugleich nahm sie in zehn Behandlungs- bzw. Abrechnungsfällen sachlich-rechnerische Richtigstellungen vor, in der Annahme, dass die ambulante Behandlung jeweils in zu engem Zusammenhang mit einer stationären Aufnahme der Patienten gestanden habe; hiervon sind noch zwei Behandlungsfälle streitig:

Die Patientin R W wurde am 15. September 2010 um 19:09 Uhr aufgrund von neurologischen Auffälligkeiten (verschwommenes Sehen, Sehstörungen, Parese der linken Körperhälfte) mit dem Rettungswagen in die Notfallambulanz der R Kliniken N gebracht. Bereits im Rettungswagen trat eine Schwäche im Bereich der rechten Körperseite hinzu. Sie wurde ab 19:15 Uhr in der Neurologischen Fachabteilung neurologisch und allgemein-internistisch untersucht. Es wurden Laboruntersuchungen und ein CT der Schädelbasis durchgeführt. Zudem wurde die Patientin intubiert und beatmet und anschließend noch am selben Abend aufgrund des Verdachts auf eine Subarachnoidalblutung in Ermangelung einer krankenhauseigenen neurochirurgischen Fachabteilung mit dem Hubschrauber in die Notfallambulanz des H Klinikums B-B verbracht. Die Klägerin rechnete die Notfallbehandlung als ambulante Leistung bei der Beklagten ab.

Der Patient M K wurde im Krankenhaus der Klägerin vom 5. bis zum 12. Juli 2010 stationär wegen einer Mandelentfernung behandelt. Er wurde am 12. Juli 2010 um 7:48 Uhr nach unauffälligem postoperativem Verlauf mit regelrechten Belägen in der Mundhöhle in die ambulante Weiterbehandlung entlassen. Am selben Abend um 21:31 Uhr wurde er wegen einer Nachblutung in der Notfallambulanz der R Kliniken N vorstellig. Der zuständige Krankenhausarzt empfahl die stationäre Beobachtung für zwei Tage, der Patient verließ aber das Krankenhaus entgegen dem ärztlichen Rat. Er wurde darauf hingewiesen, bei erneutem Ereignis oder Beschwerden wieder vorstellig zu werden. Nach einer erneuten Nachblutung kehrte der Patient am 13. Juli 2010 um 00:58 Uhr zurück in die Notfallambulanz, wurde stationär aufgenommen und am 14. Juli 2010 um 8:09 Uhr entlassen. Die Klägerin rechnete die Notfallbehandlung am Abend des 12. Juli 2010 als ambulante Leistung bei der Beklagten ab.

Die Klägerin legte gegen die im Honorarbescheid enthaltene sachlich-rechnerische Richtigstellung in Bezug auf neun Patienten Widerspruch ein, welcher durch Widerspruchsbescheid vom 11. September 2013 zurückgewiesen wurde.

Die Klägerin hat gegen den Honorarbescheid am 9. Okto...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt SGB Office Professional . Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge