Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. Vierpersonenhaushalt in Berlin. Kostensenkungsaufforderung wegen unangemessener Unterkunftskosten. Angemessenheitsprüfung. Nichtvorliegen eines schlüssigen Konzepts. Ermittlung der Angemessenheitsgrenze durch das Gericht anhand eines qualifizierten Mietspiegels

 

Orientierungssatz

Zur gerichtlichen Bestimmung der angemessenen Unterkunftskosten im Sinne § 22 Abs 1 S 1 SGB 2 anhand eines qualifizierten Mietspiegels.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 03.09.2020; Aktenzeichen B 14 AS 40/19 R)

 

Tenor

Die Berufung der Kläger gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 09. Mai 2016 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Kläger begehren die Gewährung höherer Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II) für den Zeitraum vom 01. August 2014 bis zum 31. Januar 2015 unter Ansatz der ihnen tatsächlich entstandenen Kosten für Unterkunft und Heizung.

Die 1986 geborene Klägerin zu 1), ihr 1981 geborener Ehemann, der Kläger zu 2), sowie ihre gemeinsamen im Oktober 2006 bzw. Juli 2009 geborenen Kinder, die Kläger zu 3) und 4), beziehen seit Jahren Leistungen zur Grundsicherung vom Beklagten. Ende Januar 2013 hörte der Beklagte die Kläger zur Angemessenheit ihrer Unterkunftskosten an. Mit Schreiben vom 12. Februar 2013 informierte er sie, dass die Kosten für ihre 81,81 m² große, unter der sich aus dem Rubrum ergebenden Anschrift gelegene Wohnung zu hoch seien, und forderte sie zur Senkung der Kosten auf die seinerzeit nach der Wohnaufwendungenverordnung vom 03. April 2012 (WAV) als angemessen angesehenen 669,00 € auf. Nachdem die Kläger daraufhin - wie zuvor schon im Anhörungsverfahren - insbesondere auf die anfänglich nicht leichte, letztlich aber geglückte Integration der Kläger zu 3) und 4) in die Grundschule bzw. Kindertagesstätte verwiesen hatten, berücksichtigte der Beklagte ab dem 01. September 2013 zwar nicht mehr die tatsächlich anfallenden Kosten für Unterkunft und Heizung, erhöhte den als angemessen betrachteten Betrag jedoch zunächst auf der Grundlage des § 6 Abs. 2 WAV um 10 % auf 735,90 €. Letztlich setzte er für die Kosten der Unterkunft und Heizung - auf der Grundlage der Ersten bzw. Zweiten Verordnung zur Fortschreibung der WAV - ab September 2013 757,90 € und ab März 2014 777,70 € an.

Tatsächlich hatten die Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum eine Grundmiete in Höhe von 517,86 €, Vorauszahlungen für die kalten Betriebskosten in Höhe von 240,73 € sowie Vorauszahlungen für Heizung und Warmwasser in Höhe von 207,02 €, im August und September 2014 abzüglich je 20,29 € Zuschuss für geförderten Wohnraum, zu zahlen. Die Warmwasserbereitung erfolgte zentral; die gesamte, eine Fläche von 4.818 m² umfassende Wohnanlage wurde mit Öl beheizt.

Mit Bescheid vom 30. Juni 2014 in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 18. August 2014, diese in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 29. Oktober 2014 - bzgl. der Regelleistungen für Januar 2015 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 22. November 2014 - gewährte der Beklagte den Klägern vorläufig Leistungen zur Grundsicherung für den Zeitraum vom 01. August 2014 bis zum 31. Januar 2015. Dabei setzte er auf der Bedarfsseite neben den Regelbedarfen für die Kläger zu 1) und 2) in Höhe von 353,00 € - für Januar 2015: 360,00 € -, für die Klägerin zu 3) in Höhe von 261,00 € - für Januar 2015: 267,00 € - und für den Kläger zu 4) in Höhe von 229,00 € - für Januar 2015: 234,00 € - für die Kosten der Unterkunft und Heizung unverändert 777,70 € an. Dem stellte er als Einkommen lediglich Kindergeld für die Kläger zu 3) und 4) gegenüber und bewilligte monatlich als Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Monate August bis Dezember 2014 den Klägern zu 1) und 2) je 353,00 €, der Klägerin zu 3) 77,00 € und dem Kläger zu 4) 45,00 €, für Januar 2015 den Klägern zu 1) und 2) je 360,00 €, der Klägerin zu 3) 83,00 € und dem Kläger zu 4) 50,00 €. Daneben bewilligte er für den gesamten Zeitraum den Klägern zu 2) bis 4) je 194,43 € monatlich und der Klägerin zu 1) 194,41 € im Monat für die Kosten der Unterkunft und Heizung.

Mit ihrer am 30. November 2014 beim Sozialgericht erhobenen Klage haben die Kläger die vollständige Berücksichtigung der ihnen tatsächlich entstehenden Unterkunfts- und Heizkosten bei der Leistungsberechnung gefordert.

Das Sozialgericht hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 09. Mai 2016 abgewiesen. Zur Begründung, auf deren Einzelheiten Bezug genommen wird, hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass die Kläger keinen Anspruch auf Gewährung höherer Leistungen hätten. Insbesondere könnten sie nicht den Ansatz höherer - als vom Beklagten im Umfang von 777,70 € berücksichtigter - Kosten für Unterkunft und Heizung begehren. Nach ordnungsgemäßer Durchführung eines Kostensenkungsverfahrens habe der Beklagte ab September 2013...

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