Entscheidungsstichwort (Thema)

Anrechnungszeit wegen schulischer Ausbildung in der gesetzlichen Rentenversicherung. Höchstdauer von acht Jahren. vorrangige Berücksichtigung der am weitesten zurückliegenden Zeiten. keine Verdrängung von weiter zurückliegenden Hochschulausbildungszeiten durch nach § 74 SGB 6 bewertungsfähige Anrechnungszeiten

 

Orientierungssatz

Bei der Prüfung, ob Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung anerkennungsfähig sind, weil die Höchstdauer von acht Jahren nicht überschritten wird, sind die am weitesten zurückliegenden schulischen Ausbildungszeiten vorrangig zu berücksichtigen. Die nach § 74 SGB 6 bewertungsfähigen Anrechnungszeiten wegen Besuchs einer Fachschule verdrängen insoweit auch nicht weiter zurückliegende Hochschulausbildungszeiten als Anrechnungszeit.

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 12. Januar 2021 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Gewährung einer höheren Rente wegen Erwerbsminderung (EM) unter Berücksichtigung von Zeiten des Besuchs einer Fachschule vom 1. Oktober 1987 bis zum 18. September 1990 anstelle früher zurückgelegter Ausbildungszeiten.

Die 1956 geborene Klägerin absolvierte im Anschluss an ihr 1976 abgelegtes Abitur von Oktober 1976 bis Dezember 1980 ein Hochschulstudium in Deutschland und Frankreich (Magister-Studium in Linguistik, Romanistik und Psychologie; ohne Abschluss) und vom 21. September 1987 bis zum 20. September 1990 eine Fachschulausbildung zur Logopädin.

Mit Bescheid vom 3. Februar 2020 gewährte die Beklagte der Klägerin, die seit dem 1. Januar 2022 Altersrente bezieht, ab 1. Februar 2019 bis zum 31. Dezember 2021 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung in Höhe eines anfänglichen monatlichen Zahlbetrages (nach Abzug des Anteils an den Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen sowie am Zusatzbeitrag) von 859,25 Euro. Sie legte dabei als Summe der persönlichen Entgeltpunkte 29,1137, einen Rentenartfaktor von 1,0 und einen monatlichen aktuellen Rentenwert von 32,03 Euro zugrunde. Im dem Rentenbescheid beigefügten Versicherungsverlauf ist vom 27. Februar 1973 bis 21. Juni 1976 eine Schulausbildung (41 Monate), vom 1. Juli 1976 bis zum 30. September 1976 eine Übergangszeit (drei Monate), vom 1. Oktober 1976 bis zum 5. Dezember 1980 eine Zeit der Hochschulausbildung (51 Monate) und für die Zeit vom 21. September 1987 bis 30. September 1987 eine Fachschulausbildungszeit (ein Monat) vermerkt.

Mit ihrem Widerspruch gegen den Rentenbescheid bat die Klägerin „um vorrangige Berücksichtigung“ ihrer „gesamten 3-jährigen Fachschulausbildung vor der Hochschulausbildung“. Die Fachschulausbildung sei ihre einzige Berufsausbildung und Voraussetzung für ihre anschließende sozialversicherungspflichtige Tätigkeit als Logopädin gewesen. Mit Bescheid vom 12. März 2020 teilte die Beklagte der Klägerin mit, die Zeit vom 1. Oktober 1987 bis zum 18. September 1990 könne nicht als Anrechnungszeit wegen schulischer Ausbildung berücksichtigt werden, da diese Zeit der Ausbildung die berücksichtigungsfähige Höchstdauer überschreite. Der bisherige Bescheid über die Feststellung dieser Zeit werde insoweit ab Rentenbeginn aufgehoben. Im Wesentlichen mit derselben Begründung wies die Beklagte den Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom 28. Mai 2020).

Mit ihrer Klage hat die Klägerin geltend gemacht, dass es ihr nicht um eine Verlängerung der Anrechnungszeiten für Ausbildung über die gesetzlich vorgesehene Grenze von acht Jahren hinaus gehe, sondern um vorrangige Berücksichtigung ihrer Fachschulausbildung. Das Sozialgericht Berlin (SG) hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 12. Januar 2021, der Klägerin zugestellt am 18. Januar 2021, abgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt: Die Klage sei unbegründet. Der Rentenbescheid der Beklagten in der Fassung des Bescheides vom 12. März 2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Mai 2020 sei rechtmäßig. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf eine höhere EM-Rente. Die Rentenberechnung setze die gesetzlichen Vorgaben zutreffend um. Die Klägerin dringe mit dem geltend gemachten Anspruch auf vorrangige Berücksichtigung ihrer Fachschulausbildung nicht durch. Die zeitlich frühere Hochschulausbildung könne nicht nachrangig berücksichtigt werden. Seien - wie im Fall der Klägerin - Zeiten bis zu einer Höchstdauer zu berücksichtigen, würden nach den gesetzlichen Vorgaben die am weitesten zurückliegenden Kalendermonate zunächst berücksichtigt. Eine Verschiebung des Beginns zur Einbeziehung solcher Zeiten der schulischen Ausbildung, die sich bei der Bewertung auswirkten, komme daher nicht in Betracht.

Mit ihrer am 5. Februar 2021 eingelegten Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren auf Neuberechnung der ihr zuerkannten EM-Rente und auf rentenerhöhende Berücksichtigung ihrer Fachschulausbildung weiter. Als Fachschulabsolventin sei sie schutzbedürftig. Während Absol...

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