Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialversicherungspflicht. Honorararzt im Krankenhaus. abhängige Beschäftigung. selbstständige Tätigkeit

 

Leitsatz (amtlich)

Zur abhängigen Beschäftigung von Honorarärzten im Krankenhaus.

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 26. Februar 2014 insoweit aufgehoben, als es den Bescheid der Beklagten vom 29. Februar 2012 in der Gestalt des Bescheides vom 11. Juli 2012 und des Widerspruchsbescheides vom 1. November 2012 auch hinsichtlich des 29. November 2010, 20. und 22. Dezember 2010, 18. und 19. Februar 2011, 22. und 25. März 2011, 15. April 2011, 18., 20. und 22. Juli 2011, 9., 15. und 16. September 2011 aufgehoben und festgestellt hat, dass an diesen Tagen keine Versicherungspflicht nach dem Recht der Arbeitsförderung bestand. Die Klage wird insoweit abgewiesen. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen, die diese selbst zu tragen haben.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Beigeladene zu 1) bei der Klägerin in der Zeit vom 29. November 2010 bis zum 13. Dezember 2011 in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis stand.

Der 1962 geborene Beigeladene zu 1) ist Facharzt für Anästhesie. Seit dem 4. Oktober 2006 arbeitete er als selbständiger Arzt. Er wurde als mobiler Anästhesist bei anderen Ärzten tätig, meistens bei niedergelassenen Ärzten, aber auch bei Kinderzahnärzten.

Am 11. März 2011 schloss er mit der Klägerin einen Honorararzt-Vertrag, nach dem er ab dem 1. Oktober 2010 auf Honorarbasis mit der selbständigen Betreuung und Behandlung von Patienten in der Abteilung für Anästhesie tätig werden sollte. Nach dem Vertrag war der Beigeladene zu 1) verpflichtet, die ihm übertragenen Aufgaben selbständig, gewissenhaft und pünktlich zu erfüllen. In seiner ärztlichen Verantwortung sollte er unabhängig sein und selbst eine Haftpflichtversicherung für den Betrieb eines Krankenhauses abgeschlossen haben. Er sollte die erteilten Aufträge in eigener Verantwortung ausführen, aber zugleich die Interessen seines Auftraggebers berücksichtigen. Einem Direktionsrecht sollte er nicht unterliegen, aber die fachlichen und organisatorischen Vorgaben des Auftraggebers insoweit beachten, als es die ordnungsgemäße Vertragsdurchführung erforderte. Der Auftragnehmer sollte das Recht haben, die vereinbarten Leistungen durch Dritte zu erbringen. Es oblag ihm ferner, die den Kranken gegenüber bestehenden Aufklärungspflichten zu erfüllen und zu dokumentieren. Der Beigeladene zu 1) war verpflichtet, die ärztlichen Leistungen ausschließlich im Krankenhaus und mit dessen Geräten und Einrichtungen zu erbringen. Er hatte eine medizinische Dokumentation nach den Vorschriften und Vorgaben der Klägerin anzufertigen. Die Tätigkeit wurde mit einem Honorar von 80,- € die Stunde vergütet. Die gesetzlichen Abgaben sollten vom Arzt abgeführt werden. Grundlage der Abrechnung sollte ein Tätigkeitsnachweis sein, der vom leitenden Arzt abzuzeichnen war. Der Vertrag wurde auf unbestimmte Zeit geschlossen. Er sah ausdrücklich das Recht des Auftragnehmers vor, einzelne Aufträge ohne Angabe von Gründen abzulehnen. Die zeitliche und organisatorische Einordnung des Auftragnehmers in das Dienstplansystem sollte nur mit dessen Einverständnis möglich sein. Vorgesehen war auch eine Teilnahme an der Rufbereitschaft.

Der Beigeladene zu 1) rechnete gegenüber der Klägerin erbrachte Leistungen vom 29. November 2010, 20. Dezember 2010 und 22. Dezember 2010, vom 18. und 19. Februar 2011, vom 22. und 25. März 2011, vom 15. April 2011, vom 18. Juli 2011, 20. Juli 2011 und 22. Juli 2011 sowie vom 9. September 2011, 15. September 2011 und 16. September 2011 ab. Der Honorararztvertrag wurde von der Klägerin zum 13. Dezember 2011 gekündigt.

Am 2. September 2011 beantragte der Beigeladene zu 1) die Feststellung seines sozialversicherungsrechtlichen Status in Bezug auf seine Tätigkeit bei der Klägerin. Er begehrte die Feststellung, dass ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis nicht vorliege. Nach Anhörung der Klägerin und des Beigeladenen zu 1), in welcher die Klägerin geltend machte, dass eine abhängige Beschäftigung nicht vorliege, entschied die Beklagte durch Bescheid vom 29. Februar 2012, dass der Beigeladene zu 1) seine Tätigkeit bei der Klägerin ab dem 1. Oktober 2010 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausübe. Es bestehe Versicherungspflicht nach dem Recht der Arbeitsförderung; in der Krankenversicherung, der Pflegeversicherung und der Rentenversicherung bestehe keine Versicherungspflicht. Die für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis relevanten Tatsachen würden überwiegen. Für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis spreche, dass der Vertrag unbefristet abgeschlossen worden sei, der Beigeladene zu 1) an die Beschlüsse der Organe des Krankenhauses und die Weisungen des ärztlichen Direktors gebunden sei, bei Auftrag...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt SGB Office Professional . Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge