Entscheidungsstichwort (Thema)

Bedürftigkeit. Einkommen aus Straftaten. bereite Mittel

 

Leitsatz (amtlich)

1.) Ein der Aufhebung unterliegender Bescheid erweist sich im Sinne des § 45 SGB X schon dann als rechtswidrig, wenn die Voraussetzungen für die Bewilligung anders als bei der ursprünglichen Bewilligung nicht mehr festgestellt werden können.

2.) Aus Straftaten erlangte Vermögens- oder Einkommenswerte sind bei der Bedürftigkeitsprüfung erst dann nicht mehr zu berücksichtigen, wenn sie nicht mehr der Verfügungsgewalt des Anspruchssteller unterliegen.

3.) Das Jobcenter ist nicht Ausfallbürge für Rückforderungen Dritter aus vom Antragssteller begangenen Straftaten.

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 7. Juli 2017 aufgehoben.

Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage der Antragsteller vom 16. Mai 2017 gegen den Aufhebungsbescheid des Antragsgegners vom 23. Februar 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Mai 2017 wird abgelehnt.

Außergerichtliche Kosten des gesamten Verfahrens hat der Antragsgegner nicht zu erstatten.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des im Rubrum genannten Rechtsanwaltes wird abgelehnt.

 

Gründe

Die zulässige Beschwerde des Antragsgegners (§ 172 Sozialgerichtsgesetz - SGG) ist begründet. Der Beschluss des Sozialgerichts Berlin war aufzuheben, da die Voraussetzungen für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage gegen den Aufhebungsbescheid vom 23. Februar 2017 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 10. Mai 2017, mit dem die Bewilligungsbescheide vom 11. August und 26. November 2017 betreffend den Zeitraum vom 1. September 2016 bis 31. August 2017 bzw. 1. Januar bis 31. August 2017 ab 1. Februar 2017 aufgehoben wurden, nicht vorliegen. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts begegnet der angefochtene Bescheid bei der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nur möglichen summarischen Prüfung keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Bereits an dieser Stelle ist darauf hinzuweisen, dass es wegen der vorläufigen Einstellung des Leistungsbezuges mit Bescheid vom 30. Dezember 2016 nicht etwa um die sofortige Durchsetzung einer Erstattungsforderung geht, sondern allein darum, ob angesichts der aus polizeilichen Ermittlungen bekanntgewordenen Umstände weitere Leistungen ab dem 1. Februar 2017 aus dem bestandskräftig gewordenen, aber aufgehobenen Bescheid vom 26. November 2017 auszukehren sind.

Soweit im Widerspruchsbescheid vom 24. April 2017, der einen Widerspruch gegen die Anhörung als unzulässig zurückgewiesen hat, von einem Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 6. April 2017 die Rede ist, ist dieser weder den Verwaltungs- noch Gerichtsakten zu entnehmen. Gegen einen solchen Bescheid hat sich weder das einstweilige Rechtsschutzbegehren im Schriftsatz vom 16. Mai 2017, der auf die Nennung konkreter Bewilligungsdaten verzichtet, noch der gestellte Antrag vom 28. Juni 2017 gerichtet. Soweit in einem Schreiben des Antragsgegners an die polizeilichen Ermittlungsbehörden vom 11. Mai 2017 von einer Rückforderung eines Betrages von 8697,96 € gegenüber den Antragstellern für den Zeitraum von August 2016 bis Januar 2017 die Rede ist, ist dies vorliegend nicht Streitgegenstand.

Die Antragstellerin zu 1 ist verheiratet mit Herrn I K. Sie behauptet, von diesem getrennt zu leben, ihr Ehemann lebe bei seiner Schwester, Frau N T, H, B und beziehe Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Die Antragstellerin zu 4 ist das gemeinsame Kind der Eheleute. Die Antragsteller zu 2 und 3 sind die Kinder der Antragstellerin zu 1 aus erster Ehe, für die sie das alleinige Sorgerecht hat.

Der Ehemann der Antragstellerin zu 1 ist mit Urteil des Landgerichts Berlin vom 16. August 2005 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 5 Jahren und 6 Monaten wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz verurteilt worden (Aktenzeichen 517 69 Js 193/02 Kls-27/05-). Mit weiterem Urteil des Landgerichts Berlin vom 29. Juli 1997 war er zu einer Freiheitsstrafe von 8 Jahren wegen versuchten Totschlags verurteilt worden (Aktenzeichen 531 1 Kap Js 54/97 Ks-3/97).

Gegen die Antragstellerin zu 1 und ihren Ehemann führt die Staatsanwaltschaft ein Verfahren wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz (Aktenzeichen 254 Js 278/16). Laut eines Einstellungsvermerkes vom 7. März 2017 in einer anderen Strafsache machen die Eheleute im Strafverfahren von ihrem Recht, jedenfalls keine vollständigen Angaben zu machen, Gebrauch.

Mit Bescheid vom 11. August 2016 hatte der Antragsgegner den Antragsstellern zu 1 bis 4 für den Zeitraum vom 1. September 2016 bis 31. August 2017 Leistungen in Höhe von 1.567,52 Euro monatlich bewilligt. Mit weiterem Bescheid vom 26. November 2016 ergaben sich Leistungen in Höhe von 1.610,36 Euro monatlich ab 1. Januar 2017. Der Antragsgegner ging davon aus, dass die Angaben zum Getrenntleben der Eheleute zutrafen und Einnahmen nicht erzielt wurden.

In der Nacht vom 1....

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