Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen eines besonderen Härtefalles i. S. von § 7 Abs. 5 S. 2 SGB 2

 

Orientierungssatz

1. Leistungen nach dem SGB 2 für die Vergangenheit können im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes nicht geltend gemacht werden. Insoweit fehlt es am erforderlichen Anordnungsgrund.

2. Die Annahme eines besonderen Härtefalles i. S. von § 7 Abs. 5 S. 2 SGB 2 setzt voraus, dass die Folgen des Anspruchsausschlusses bei einer Anspruchsberechtigung auf BAföG dem Grunde nach über das damit in aller Regel verbundene Maß hinausgehen.

3. Nur dann, wenn die Dauer der Ausbildung durch außergewöhnliche Umstände, wie z. B. durch eine schwere Erkrankung sich verlängert hat, kommt die Annahme eines besonderen Härtefalles i. S. von § 7 Abs. 5 S. 2 SGB 2 in Betracht.

 

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 02. Mai 2006 wird zurückgewiesen.

Die Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.

Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

 

Gründe

1. Das Beschlussrubrum war dahingehend zu korrigieren, dass die Arbeitsgemeinschaft JobCenter R. selbst Antragsgegnerin und nicht lediglich Vertreterin der Bundesagentur für Arbeit und des Landes Berlin als Leistungsträger ist, denn das JobCenter ist - entgegen der Meinung des Sozialgerichts und mit der inzwischen einhelligen Auffassung der übrigen Senate des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg - jedenfalls als nichtrechtsfähige Personenvereinigung im Sinne des § 70 Nr. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) beteiligtenfähig. Eines Rückgriffs auf die hinter dem JobCenter stehenden Körperschaften bedarf es nicht (vgl. hierzu ausführlich Senatsbeschluss vom 11. August 2005, L 5 B 51/05 AS ER sowie Beschluss des 10. Senats des LSG Berlin-Brandenburg vom 14. Juni 2005, L 10 B 44/05 AS ER).

2. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 02. Mai 2006 ist gemäß §§ 172 Abs. 1 und 173 SGG zulässig, konnte in der Sache jedoch keinen Erfolg haben. Das Sozialgericht Berlin hat seinen Antrag, ihm ab Antragstellung bis zum Abschluss der Hauptsache, jedenfalls bis März 2006, laufend Leistungen nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II) zu gewähren, zu Recht abgewiesen.

Nach § 86b Abs. 2 SGG sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Dies setzt voraus, dass sowohl ein Anordnungsanspruch als auch ein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht werden. Dies ist vorliegend nicht der Fall.

Bezogen auf den entscheidenden Zeitpunkt der Antragstellung beim Sozialgericht Berlin am 16. Februar 2006 ist für die Zeit bis einschließlich 15. Februar 2006 bereits das Vorliegen eines Anordnungsgrundes ausgeschlossen. Für diesen Zeitraum kann kein eiliges Regelungsbedürfnis (mehr) bestehen, weil dem Antragsteller durch die Versagung der Leistungen für die Vergangenheit keine wesentlichen Nachteile mehr entstehen können, die sich durch den Erlass der auf eine zukünftige Regelung gerichteten einstweiligen Anordnung noch abwenden ließen. Denn der Antragsteller hat in der Zeit, für die er im Wege des Erlasses der einstweiligen Anordnung Leistungen nach dem SGB II begehrt, seinen Lebensunterhalt aus eigenen oder fremden Mitteln gedeckt, sodass er hierfür auf die begehrten Leistungen zur Grundsicherung nicht mehr angewiesen ist. Für die Wiederherstellung dazu aufgewandten eigenen Vermögens kann die begehrte einstweilige Anordnung nicht ergehen, weil die damit verbundenen Nachteile bereits eingetreten sind und deshalb nicht mehr abgewendet werden können, was Voraussetzung der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach § 86b SGG ist. Dies gilt gleichermaßen, soweit der Antragsteller Schulden eingegangen sein sollte. Die dem Antragsteller bis zum Zeitpunkt der Antragstellung beim Sozialgericht entstandenen Nachteile können deshalb nur im Rahmen eines eventuellen Hauptsacheverfahrens beseitigt werden.

Für die Zeit ab dem 16. Februar 2006 steht dem Antragsteller indes kein Anordnungsanspruch zu, d.h. es kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Antragsgegnerin im Klageverfahren mit überwiegender Wahrscheinlichkeit dazu verpflichtet werden wird, ihm die begehrten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II zu gewähren.

Nach § 7 Abs. 1 SGB II erhalten diejenigen Personen Leistungen nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches, die das 15., nicht aber das 65. Lebensjahr vollendet haben, erwerbsfähig und hilfebedürftig sind sowie ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Hilfebedürftige). Keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes haben nach Absatz 5 Satz 1 der Vorschrift hingegen Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des BAföG oder der §§ 60 bis 62 des Dritten Buches dem Grunde nach förderungsfähig sind. Dies ist jedoch bei dem Ant...

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