Entscheidungsstichwort (Thema)

Zulässigkeit der Berufung bei Feststellung der Rechtswidrigkeit einer Meldeaufforderung des Grundsicherungsträgers. nachträgliche objektive Klagehäufung

 

Orientierungssatz

1. Die Feststellung der Rechtswidrigkeit einer Meldeaufforderung nach § 59 SGB 2 betrifft keine Geldleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt. Infolgedessen findet die Berufungsbeschränkung des § 144 Abs. 1 SGG keine Anwendung, vgl. mögliche Abweichung vom BSG, Beschlüsse vom 24. August 2017 (B 4 AS 223/17 B und B 4 AS 256/17 B) und vom 02. November 2017 (B 4 AS 356/17B).

2. Eine nachträgliche objektive Klagehäufung ist wie eine Klageänderung i. S. des § 99 Abs. 1 SGG zu behandeln. Sie ist nur zulässig, wenn die übrigen Verfahrensbeteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält, § 99 Abs. 1 SGG.

 

Gründe

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Berufung im Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 05. April 2018 wird als unzulässig verworfen, soweit sie den von der Klägerin erhobenen und vom Sozialgericht abgewiesenen Anspruch auf gerichtliche Feststellung der Rechtswidrigkeit der Meldeaufforderung vom 07. August 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. August 2014 betrifft. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Die Beschwerde (§ 145 Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫ iVm § 105 Abs 1 Satz 3 SGG) der Klägerin, die sie entsprechend der dem im Tenor bezeichneten Gerichtsbescheid des Sozialgerichts (SG) beigefügten Rechtsmittelbelehrung eingelegt hat, ist in dem aus Satz 1 Halbsatz 2 des Tenors ersichtlichen Umfang bereits unstatthaft und damit unzulässig (dazu unter 1.), weshalb sie insoweit als unzulässig zu verwerfen war (§ 202 Satz 1 SGG iVm § 572 Abs 2 Satz 2 Zivilprozessordnung); im Übrigen ist die Beschwerde unbegründet (dazu unter 2.).

Die Berufung bedarf keiner Zulassung (§ 143 SGG iVm § 105 Abs 1 Satz 3 SGG), sofern sich aus den folgenden Vorschriften nichts anderes ergibt. Die Berufung bedarf der Zulassung im Gerichtsbescheid des SG oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts (LSG), wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 EUR nicht übersteigt (§ 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG) und nicht wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betroffen sind (§ 144 Abs 1 Satz 2 SGG). Soweit innerhalb eines Klageverfahrens Geld- oder Sachleistungen neben anderen Streitgegenständen im Wege der objektiven Klagehäufung (§ 56 SGG) verfolgt werden, ist die Zulässigkeit von Rechtsmitteln hinsichtlich jedes Streitgegenstandes grundsätzlich eigenständig zu beurteilen (Bundessozialgericht ≪BSG≫, Beschluss vom 18. April 2016 - B 14 AS 150/15 BH, juris RdNr 5 mwN, ua auch zur Rechtsprechung des beschließenden Senats; BSG, Beschluss vom 15. Mai 2017 - B 14 AS 5/17 BH, juris RdNr 6).

1. Soweit die Klägerin den aus Satz 1 Halbsatz 2 des Tenors bezeichneten Anspruch weiterverfolgt, bedarf die Berufung nicht der Zulassung, weil sie bereits kraft Gesetzes zulässig ist.

Denn eine (Fortsetzungsfeststellungs-)Klage (§ 131 Abs 1 Satz 3 SGG), die - wie hier - auf die gerichtliche Feststellung der Rechtswidrigkeit einer Meldeaufforderung abzielt, betrifft keine Geldleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt, so dass weder § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG (so aber das SG unter Hinweis auf LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 21. August 2017 - L 18 AS 826/17, juris Orientierungssatz und RdNr 15) noch die (Rück-)Ausnahme nach § 144 Abs 1 Satz 2 SGG Anwendung finden, sondern eine - nicht im Vollstreckungswege durchsetzbare und daher nur als Obliegenheit einzuordnende - Verpflichtung zum Erscheinen (so bereits Senatsurteil vom 02. November 2016 - L 10 AS 2391/13, unveröffentlicht). Dass ein Verstoß gegen diese Verpflichtung zu einer Minderung des Leistungsanspruchs der Klägerin auf Arbeitslosengeld II in einem bestimmten wertmäßigen Umfang führen kann, erlaubt nicht den Schluss, dass die Meldeaufforderung selbst eine Geldleistung oder einen gerichteten Verwaltungsakt betrifft (so auch LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 25. Januar 2018 - L 25 AS 1138/17 NZB, juris RdNr 21; aA ohne weitere Begründung, BSG, Beschlüsse vom 24. August 2017 - B 4 AS 223/17 B und B 4 AS 256/17 B ≪vorangegangen: LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 03. Juli 2017 - L 19 AS 1123/17≫, beide juris; BSG, Beschluss vom 02. November 2017 - B 4 AS 356/17 B ≪vorangegangen: LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 21. August 2017 - L 18 AS 826/17≫, juris). Der abweichenden Auffassung liegt insoweit eine extensive Auslegung des Wortlauts des § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG zu Grunde, die mit dem Grundsatz der Rechtsmittelklarheit nur schwer vereinbar scheint (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 25. Januar 2018 - L 25 AS 1138/17 NZB, aaO).

Sollte es sich bei der Rechtsauffa...

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