rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Behinderung. Merkzeichen „H”. Hilflos. Nachteilsausgleich. Rechtsschutzbedürfnis. Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht. Prozesskostenhilfe

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ein behinderter Mensch hat Anspruch auf Feststellung der Behinderung und des GdB nach § 69 Abs. 1 SGB IX sowie auf Feststellung von Nachteilsausgleichen nach § 69 Abs. 4 SGB IX unabhängig davon, ob für ihn daraus rechtliche oder materielle Vorteile resultieren.

2. Ist nicht vorhersehbar, ob medizinische Ermittlungen des Gerichts zu neuen Erkenntnissen führen werden, so besteht keine hinreichende Erfolgsaussicht im Sinne des § 114 ZPO.

 

Normenkette

SGB IX § 69 Abs. 1, 4; EStG § 33b Abs. 6; GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1; SGG § 73 Abs. 1 S. 1; ZPO § 114

 

Verfahrensgang

SG Berlin (Entscheidung vom 12.08.2004; Aktenzeichen S 40 SB 654/04)

 

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 12. August 2004 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I.

Der Kläger begehrt im Hauptsacheverfahren die Zuerkennung des Merkzeichens "H" (Hilflosig-keit).

Bei dem 1949 geborenen Kläger waren durch Widerspruchsbescheid vom 21. Februar 1995

a) Fehlhaltung und degenerative Veränderungen in allen Abschnitten der Wirbelsäule mit Funktionsbehinderung, geringer im Halswirbelsäulen-, Brustwirbelsäulen-, stärkeren im Lendenwirbelsäulen-Bereich mit ver- minderter Belastungsfähigkeit nach dreimaliger Bandscheibenoperation im Bereich der Lendenwirbelsäule, therapieresistentes chronisches Schmerzsyndrom als Folge von Narbengewebe mit Wurzelirritation S 1 mit sensibler Störung,

b) psychische Behinderung

mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 80 als Behinderungen anerkannt und das Vorliegen der Voraussetzungen des Merkzeichens "G" (erhebliche Gehbehinderung) festgestellt worden. In einem Gutachten vom 25. September 1995 nach dem Gesetz über Pflegeleistungen (PflegeG) kam die Ärztin für Allgemeinmedizin C zu dem Ergebnis, der Kläger benötige zwar Hilfe bei der großen Körperpflege, der Beschaffung und Zubereitung von Nahrungsmitteln sowie für haushaltliche Verrichtungen, die meisten Verrichtungen des täglichen Lebens könne er aber selbst ausführen. Er sei zwar hilfsbedürftig, Hilflosigkeit liege jedoch nicht vor. Daraufhin lehnte der Beklagte durch Bescheid vom 11. Dezember 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. November 1996 die von dem Kläger im Wege der Neufeststellung beantragte Zuerkennung der Merkzeichen "H" und "B" (Notwendigkeit ständiger Begleitung) ab. Der letztgenannte Nachteilsausgleich wurde ihm dann aber durch Bescheid vom 8. Oktober 1998 zuerkannt.

Mit Schreiben vom 31. Juli 2000 (Eingang bei dem Beklagten am 1. August d.J.) stellte der Kläger einen weiteren Neufeststellungsantrag. Zur Begründung führte er aus, infolge einer Verschlimmerung seiner Wirbelsäulenbeschwerden habe sein Hilfebedarf zugenommen. Der pflegerische Aufwand betrage mehr als 45 Minuten täglich, so dass er als hilflos anzuerkennen sei. Im weiteren Verfahren berief er sich u.a. auf das in dem Rechtsstreit S 44 Vs 1980/96 eingeholte Gutachten des Neurochirurgen K H vom 25. August 1998.

Nachdem die von dem Beklagten mit der Hausbegutachtung des Klägers beauftragten Ärzte K. M und D. H den Kläger am 6. Juni 2000 bzw. trotz schriftlicher Anmeldung am 24. Juli 2002 nicht angetroffen hatten, lehnte der Beklagte auf der Grundlage einer von dem Arzt H abgegebenen gutachterlichen Stellungnahme vom 26. Juli 2002 die Neufeststellung nach dem Schwerbehindertenrecht, insbesondere die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen "H", durch Bescheid vom 13. August 2002 ab. Zur Begründung seines Widerspruchs machte der Kläger geltend, sein Gesundheitszustand habe sich seit 1998 stark verschlechtert. Wegen der Schmerzen an der Lendenwirbelsäule und an den Beinen sei er auf Hilfe angewiesen. Nachdem der Kläger einer Einladung zur Begutachtung vom 1. Oktober 2003 zum 16. Oktober 2003 nicht Folge geleistet und auch der Aufforderung, sein Einverständnis mit einer Hausuntersuchung zu erklären, nicht entsprochen hatte, wies der Beklagte den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 24. Februar 2004 zurück.

Mit am 25. März 2004 eingegangenem Schreiben vom 23. d.M. hat der Kläger mit dem Antrag, ihm das Merkzeichen "H" zuzuerkennen, Klage erhoben und um die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nachgesucht. Nach seiner Auffassung ist "durch einen geeigneten Facharzt ein Gutachten in häuslicher Umgebung zu erstellen". Der Aufforderung des Sozialgerichts, u.a. Formulare über die Entbindung der ihn behandelnden Ärzte von der Schweigepflicht zu unterschreiben und zurückzusenden, ist er trotz mehrfacher Erinnerung und Belehrung nicht nachgekommen. Mit Schreiben vom 21. Juli 2004 hat er erklärt, er entbinde grundsätzlich keine Ärzte mehr von der Schweigepflicht. Dies sei ihm nicht zumutbar, weil es seine Gesundheit schädige und ihn belaste.

Mit Beschluss vom 12. August 2004 hat das Sozialgericht den Antrag des Klägers auf Bewilli...

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