Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Krankengeld. Entstehen des Anspruchs hauptberuflich selbständig Erwerbstätiger mit Wahlerklärung. kein zusammenhängender Verlauf des Sechs-Wochen-Frist. - siehe dazu anhängiges Verfahren beim BSG: B 3 KR 15/17 R

 

Orientierungssatz

Bei § 46 S 2 SGB 5 aF brauchen die sechs Wochen, die noch keinen Anspruch auf Krankengeld begründen, nicht zusammenhängend verlaufen. Neben der Analogie zu § 3 EntgFG folgt dies auch aus § 48 SGB 5.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 28.03.2019; Aktenzeichen B 3 KR 15/17 R)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 02.03.2016 und der Bescheid der Beklagten vom 28.07.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.09.2015 aufgehoben und die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Krankengeld für die Zeit vom 24.07. bis 01.08.2014, 04.08. bis 25.08.2014 und 10.11. bis 21.12.2014 in Höhe von kalendertäglich 34,76 € zu gewähren. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Von den außergerichtlichen Kosten des Klägers im Klage- und Berufungsverfahren trägt die Beklagte 3/4.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Gewährung von Krankengeld (Krg) für verschiedene Zeiträume.

Der 1968 geborene Kläger ist seit Anfang 2011 hauptberuflich selbständiger Bäckermeister, er arbeitet in einem Betrieb persönlich mit. Seit dem 14.02.2011 ist er bei der Beklagten freiwillig krankenversichert. Am 18.02.2011 reichte er die Wahlerklärung zum Anspruch auf Krg gem § 44 Abs 2 Satz 1 Nr 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (Gesetzliche Krankenversicherung, SGB V) bei der Beklagten ein. Im Anmeldeformular zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung heißt es diesbezüglich unter 2.1 (Krankengeldanspruch für hauptberuflich Selbständige): “Die Mitgliedschaft soll den gesetzlichen Anspruch auf Krankengeld ab der 7. Woche der Arbeitsunfähigkeit umfassen. Es gilt der allgemeine Beitragssatz. An diese Wahl bin ich 3 Jahre gebunden.„ Im Kalenderjahr 2011 machte der Kläger mit seinem Betrieb Verluste, im Jahr 2012 erzielte er Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 18.061 € (Einkommensteuerbescheide des Finanzamts Biberach für die Jahre 2011 und 2012).

Im Jahr 2014 reichte der Kläger bei der Beklagten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen (AUB) für folgende Zeiträume ein (Bl 66 Senatsakte):

13. bis 14.04.2014 (2 Tage, Diagnose: R07.4 = Brustschmerzen, nicht näher bezeichnet)

18.04. bis 07.05.2014 (20 Tage, Diagnose: J86.9 = Pyothorax ohne Fistel)

04.07. bis 01.08.2014 (29 Tage, Diagnose: J86.9 = Pyothorax ohne Fistel)

04.08. bis 25.08.2014 (22 Tage, Diagnose: J89.4 = Sonstige Veränderung der Lunge) und

10.11.2014 bis 02.01.2015 (54 Tage, Diagnose: J45.9 = Asthma bronchiale, nicht näher bezeichnet; J94.8 = Sonstige näher bezeichnete Krankheitszustände der Pleura; J45.0 = Vorwiegend allergisches Asthma bronchiale).

Außerdem wurde im Zeitraum vom 08.05. bis 29.05.2014 eine stationäre medizinische Rehabilitationsmaßnahme über die Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg durchgeführt (Bl 47 SG-Akte),

Am 21. und 22.01.2015 gab es Telefonate der Ehefrau des Klägers und des Klägers selbst mit der Beklagten. Der Kläger erkundigte sich nach seinem Krg-Anspruch.

Mit Schreiben vom 06.03.2015 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass der Anspruch auf Krg aufgrund einer Wahlerklärung bei hauptberuflich selbständig Erwerbstätigen erst ab der 7. Woche der Arbeitsunfähigkeit (AU) entstehe.

Mit Schreiben vom 01.04.2015 (Bl 45 Verwaltungsakte) führte der Kläger aus, er sei vom 13. bis 14.04.2014, vom 18.04. bis 07.05.2014, vom 08.05. bis 29.05.2014, vom 04.07. bis 01.08.2014, vom 04.08. bis 25.08.2014 und vom 10.11.2014 bis 02.01.2015 wegen ein- und derselben Krankheit arbeitsunfähig gewesen.

Mit Schreiben vom 13.04.2015 teilte die Beklagte mit, dass erst bei einer durchgehenden Arbeitsunfähigkeit ab der 7. Woche ein Anspruch auf Krg bestehe. Eine Kumulierung mehrerer AU-Zeiten finde nicht statt. Eine AU-Bescheinigung für die Zeit vom 08.05. - 29.05.2014 liege nicht vor. Lediglich der letzte AU-Zeitraum ab dem 10.11.2014 erfülle die Voraussetzungen für die Gewährung von Krg, weshalb ab der 7. Woche (22.12.2014) ein Anspruch auf Krg bis zum 02.01.2015 bestehe. Die vorherigen Zeiträume seien jeweils kürzer als 6 Wochen gewesen.

Mit Bescheid vom 26.06.2015 gewährte die Beklagte dem Kläger Krg für die Zeit vom 22.12.2014 bis 02.01.2015 iHv 34,76 € kalendertäglich.

Mit Bescheid vom 28.07.2014 (Bl 57 Verwaltungsakte) lehnte die Beklagte die Gewährung von Krg für Zeiträume vor dem 22.12.2014 ab. Für Versicherte, die eine Wahlerklärung nach § 44 Abs 2 Satz 1 Nr 2 SGB V abgegeben hätten, bestehe ein Anspruch auf Krg erst ab der 7. Woche der jeweiligen Arbeitsunfähigkeit. Eine Anrechnung von Vorerkrankungszeiten sei nicht zulässig.

Der hiergegen am 30.07.2015 erhobene Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 21.09.2015 (Bl 62 Verwaltungsakte) als unbegründet zurückgewiesen. Anspruch auf Krg bestehe erst ab der 7. Woche der jeweiligen AU an. Die...

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