Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Unzulässigkeit der Berufung. Berufungseinlegung nach Ablauf der Berufungsfrist. Beweiskraft des Eingangsstempels des Gerichts. Unbegründetheit der Berufung. Sozialhilfe. Bestattungskosten. Unzumutbarkeit der Kostentragung. Nichtoffenlegung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse

 

Leitsatz (amtlich)

1. Gerichtliche Eingangsstempel erbringen regelmäßig den Beweis für Zeit und Ort des Eingangs eines Schreibens oder eines Schriftsatzes. Der durch den Eingangsstempel begründete Beweis kann nach § 418 Abs 2 ZPO entkräftet werden (vorliegend verneint).

2. Bei der Frage, ob dem Bestattungspflichtigen zugemutet werden kann, die erforderlichen Kosten der Bestattung zu tragen (§ 74 SGB XII), sind die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Bestattungspflichtigen und seines nicht getrennt lebenden Ehegatten maßgeblich (§ 19 Abs 3 SGB XII).

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 20. November 2014 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Übernahme der Kosten für die Bestattung des 2012 verstorbenen Bruders des Klägers K.S.Z..

Der 1939 geborene, ledige und kinderlose K.S.Z. bezog seit dem 16. Mai 2011 bis zu seinem Tod durch das beklagte Land zunächst Hilfe zur ambulanten Pflege und sodann seit Aufnahme in das Wohn- und Pflegezentrum O. am 29. September 2011 Hilfe zur vollstationären Pflege nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (SGB XII). Am 29. März 2012 verstarb K.S.Z. im Rahmen einer am 21. März 2012 begonnenen stationären Behandlung in den Klinik B. und wurde - nach Überführung - am 10. April 2012 in B. -F. beerdigt.

Mit Schreiben vom 29. März 2012 zeigte der 1935 geborene, schwerbehinderte (Versorgungsamt H.: Grad der Behinderung von 50) Kläger, der einzige Bruder des K.S.Z., bei dem Beklagten an, dass K.S.Z. verstorben sei, und bat um Mitteilung der rechtlich zustehenden Kostenerstattung bei Todesfällen. Mit Schreiben vom 2. April 2012 informierte der Beklagte den Kläger über die Regelung des § 74 SGB XII. Am 16. April 2012 wandte sich der Kläger telefonisch an den Beklagten und beantragte die Übernahme von Bestattungskosten. Der Beklagte übersandte mit Schreiben vom 16. April 2012 dem Kläger einen Formularantrag und bat um Vorlage verschiedener Unterlagen (u.a. Kontoauszüge in Kopie der letzten drei Monate des Klägers und seiner Ehefrau, Nachweise über Mietzahlungen oder Wohnkosten bei Eigenheim, Einkommensnachweise, Nachweise über Vermögen, Versicherungen, Unterlagen zum Nachlass, Rechnungen des Bestatters und des Friedhofs).

Mit Schreiben vom 23. April 2012 (Eingang beim Beklagten am 26. April 2012) reichte der Kläger den von ihm ausgefüllten Formularantrag auf Übernahme von Bestattungskosten nach § 74 SGB XII bei dem Beklagten ein und übersandte verschiedene Unterlagen. Der Kläger gab an, er sei verheiratet, zur Zeit getrennt lebend, Vater zweier erwachsener Kinder, die ihre eigenen Familien hätten. Das Mietverhältnis des K.S.Z. in B. sei bis zum 31. Dezember 2011 weitergelaufen und werde von ihm - dem Kläger - ab 1. Januar 2012 weitergeführt. Die Auszahlung der hinterlegten Kaution entfalle daher. Er verfüge über eine Unfall- und Rechtsschutzversicherung. Ein Bestattungsvertrag, Sparbücher oder sonstige Vermögenswerte bestünden nicht. Der Nachlass habe aus Mobiliar der Mutter, Kleidern und Bettwäsche bestanden. Finanzmittel seien keine vorhanden gewesen. Eine Erbausschlagung werde zu gegebener Zeit vorgenommen. In seinem Antrag gab der Kläger als Wohnanschrift L. Straße 32 in L. an. Er habe eine Miete in Höhe von insgesamt 200,00 Euro aufzubringen. Außerdem erbringe er monatliche Unterhaltszahlungen in Höhe von 766,94 Euro und verfüge über ein monatliches Renteneinkommen in Höhe von 1.186,92 Euro. K.S.Z. habe eine Erdbestattung auf dem Evangelischen Friedhof in F. gewünscht. Er beantragte als Kosten für die Bestattung 750,00 Euro für Bestattungsleistungen, Friedhofsgebühren, Kosten für den Leichenschauschein, Lagerungsgebühren sowie Überführungskosten. Die Bestattung sei bereits durch das Bestattungsinstitut “Bestattungen S.„ in M. veranlasst worden. Er sei Erbe des Verstorbenen, Miterben gäbe es nicht. Vermutlich werde er das Erbe ausschlagen. Als Nachlass sei ihm ein Guthaben von 2.092,82 Euro auf dem Tagesgeldkonto des K.S.Z. bekannt. Er sei schwerbehindert, getrennt lebend und gehbehindert. Die Kosten bezifferte er auf 7.211,04 Euro (Fahrtkosten, Krankenhaus B. 30,00 Euro + Totenschein 80,00 Euro + Standesamt Beglaubigung 12,00 Euro + “Bestattungen S. „ 2.471,04 Euro + Bestattungshaus S. 885,00 Euro + Friedhofsverwaltung F. 3.590,00 Euro + Erstherrichtung der Grabstelle 143,00 Euro). Er legte u.a. eine Rechnung der Firma “Bestattungen S. „ vom 10. April 2012 über einen Betrag von 2.471,04 Euro (Bl. 198 der Verwaltungsakten), des Bestattungshauses Sp. vom 10. April 20...

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