Entscheidungsstichwort (Thema)

Versicherungspflicht bzw -freiheit in der gesetzlichen Rentenversicherung. Tätigkeit als Kosmetikerin und Wellnessmasseurin an Wochenenden in einem Wellnesszentrum auf Honorarbasis. abhängige Beschäftigung. selbstständige Tätigkeit. Abgrenzung

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Kosmetikerin, die als Einzelunternehmerin ein eigenes Kosmetikstudio betreibt, wird nicht als abhängig Beschäftigte tätig, wenn sie an von ihr selbst vorgeschlagenen Wochenenden gegen Zahlung eines Honorars in einem Wellnesszentrum als Kosmetikerin und Wellnessmasseurin tätig wird und sie dabei keinen Weisungen des Betreibers des Wellnesszentrums unterliegt.

 

Normenkette

SGB IV § 7 Abs. 1 Sätze 1-2, § 7a Abs. 1 Sätze 1, 3, Abs. 2, 6, § 8 Abs. 1 Nr. 1; SGB VI § 1 S. 1 Nr. 1, § 6 Abs. 1b; BGB §§ 611, 611a, 613 S. 1; SGG § 54 Abs. 1, § 55 Abs. 1 Nr. 1, §§ 56, 144 Abs. 1 S. 1, § 160 Abs. 2, § 197a Abs. 1 S. 1; VwGO § 154 Abs. 1 S. 1, Abs. 3, § 162 Abs. 3; GKG §§ 47, 57 Abs. 2, § 63 Abs. 2 S. 1

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 18.02.2020 sowie der Bescheid der Beklagten vom 20.07.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.11.2017 aufgehoben und es wird festgestellt, dass die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) für die Klägerin vom 01.03.2017 bis 31.05.2018 im Bereich Massage und Wellnesstherapie nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unterlag.

Die Kosten des Rechtsstreits in erster und zweiter Instanz trägt die Beklagte mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird endgültig auf 5.000 € festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen eine Entscheidung der Deutschen Rentenversicherung Bund als Clearingstelle (Beklagte), mit der diese festgestellt hat, dass die Beigeladene zu 1) in ihrer Tätigkeit für die Klägerin seit 01.03.2017 als abhängig Beschäftigte der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unterliegt.

Die Klägerin, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (Amtsgericht Freiburg, Registernummer: HRB 600143), betreibt in B ein Wellness- und Gesundheitszentrum. Die Beigeladene zu 1) ist Friseurin und staatlich anerkannte Kosmetikerin; sie betreibt seit Oktober 2016 in F ein eigenes Kosmetikstudio.

Am 17.02.2017 schlossen die Klägerin und die Beigeladene zu 1) einen "Vertrag über freie Mitarbeit." Darin ist vereinbart, dass die Beigeladene zu 1) für die Klägerin als freie Mitarbeiterin für den Beauty-Bereich im Wellness- und Gesundheitszentrum S tätig sein wird. Die von der Beigeladenen zu 1) zu erbringenden Arbeiten werden jeweils einzeln abgestimmt und vereinbart (§ 1 des Vertrages). Das Vertragsverhältnis beginnt am 01.03.2017. Es ist unbefristet. Die Kündigung des Vertrages ist von beiden Parteien mit einer Frist von einem Monat zum Monatsende ohne Angaben von Gründen möglich. Eine Kündigung aus wichtigem Grund ist jederzeit möglich (§ 3 des Vertrages). Die Beigeladene zu 1) ist nicht verpflichtet, die Aufträge in Person auszuführen. Sie kann sich auch der Hilfe von Erfüllungsgehilfen bedienen. Als Erfüllungsgehilfen dürfen nur Personen eingesetzt werden, welche die entsprechenden Qualifikationen erworben haben bzw dem Stil der Einrichtung entsprechen. Die Erfüllungsgehilfen müssen dem Auftraggeber (Klägerin) persönlich vorgestellt und ihre Qualifikation schriftlich vorgelegt werden. Die Vertretungsregelung bei Urlaub und Krankheit obliegt der Beigeladenen zu 1). Die Beigeladene zu 1) teilt der Klägerin schnellstmöglich die Zeiträume mit, in denen der Einsatz nicht möglich ist bzw wer entsprechend einen Ersatzdienst leistet (§ 3 des Vertrages). Die Beigeladene zu 1) hat das Recht, einzelne Aufträge der Klägerin ohne Angaben von Gründen abzulehnen (§ 4 des Vertrages). Die Beigeladene zu 1) hat das Recht, auch für dritte Auftraggeber tätig zu sein. Einer vorherigen Zustimmung der Klägerin bedarf es hierfür nicht, es sei denn, dass die Beigeladene zu 1) zugleich auch für einen Wettbewerber der Klägerin tätig werden will. Der Beigeladenen zu 1) ist es außerdem gestattet, in den Räumlichkeiten des Auftraggebers eigene Kunden zu behandeln. Die Beigeladene zu 1) ist in diesem Fall verpflichtet, den Auftraggeber an den Umsätzen zu beteiligen (§ 5 des Vertrages). Die Beigeladene zu 1) hat ihre Tätigkeit für die Klägerin in den ihr zur Verfügung gestellten Räumen zu erbringen. Die Klägerin stellt der Beigeladenen zu 1) eine entsprechende Kabine für die Durchführung der Behandlungen für den Beauty-Bereich im Wellness- und Gesundheitszentrum S zur Verfügung. Die Einrichtung erfolgt auf Kosten der Klägerin. Die Beigeladene zu 1) ist für die Reinigung und Hygiene der ihr zur Verfügung gestellten Wellness-Kabine selbst verantwortlich. Sie hat entsprechend die erforderlichen Reinigungen selbst durchzuführen. Die Beigeladene zu 1) verpflichtet sich, die kosmetischen Produkte, welche im Angebot der S in der Boutique geführt werden, in den kosmetischen Behand...

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