Entscheidungsstichwort (Thema)

gesetzliche Unfallversicherung. landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft. Versicherungspflicht. Beitragspflicht. Besitzer von landwirtschaftlichen Flächen. Nutzungsrecht. landwirtschaftliche Aktivität. Abgrenzung: forstwirtschaftliches Unternehmen / Grundstückseigentümerpflicht gem § 26 Lw/KultG. Unternehmereigenschaft

 

Leitsatz (amtlich)

Aus dem bloßen Besitz oder Nutzungsrecht an landwirtschaftlichen Flächen kann nicht auf die Eigenschaft als landwirtschaftlicher Unternehmer geschlossen werden. Vielmehr müssen diese Flächen zum Zweck der Gewinnung von landwirtschaftlichen Erzeugnissen bearbeitet werden. Hierfür reicht das Mähen des Grases allein nicht aus. Die Verpflichtung aus § 26 Lw/KultG BW, mindestens einmal jährlich das Grundstück zur Sauberhaltung abzumähen, begründet keine Versicherungspflicht als Unternehmer der den Zielen des Natur- und Umweltschutzes dienenden Landschaftspflege (Abweichung von LSG Stuttgart, zuletzt Urteil vom 19.9.2002 - L 10 U 1518/02).

 

Orientierungssatz

Die vom BSG entwickelten Grundsätze zum Unternehmen in der Forstwirtschaft, nach denen das Nichtbearbeiten forstwirtschaftlicher Grundstücke die Unternehmereigenschaft nicht ausschließt, diese vielmehr schon aufgrund des Eigentums an forstwirtschaftlichen Grundstücken vermutet wird (BSG vom 7.12.2004 - B 2 U 42/03 R sowie B 2 U 43/02 R = SozR 4-2700 § 182 Nr 1), sind nach Auffassung des Senats auf landwirtschaftliche Flächen nicht anwendbar.

 

Tenor

Auf die Berufung und Klage des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 13. Februar 2004 und der Bescheid vom 2. März 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. September 2001, die Bescheide vom 8. März 2002, 12. Februar 2003, 7. März 2003 und 7. Juli 2003, die Bescheide vom 5. März 2004 und 10. März 2004, jeweils in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Juli 2004 und die Bescheide vom 11. März 2005, 10. März 2006 und 7. April 2006 aufgehoben.

Die Beklagte wird verurteilt, die Bescheide vom 11. November 1999 und 3. März 2000 zurückzunehmen und dem Kläger die von ihm entrichteten Beiträge zu erstatten.

Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger Mitglied der Beklagten und deshalb ihr gegenüber beitragsverpflichtet ist.

Die Beklagte erfasste den Kläger wegen eines Grundstücks in S. mit Bescheid vom 11. November 1999 mit Wirkung vom 15. Juni 1999 als land- und forstwirtschaftlichen Unternehmer. Die Beklagte setzte mit Bescheid vom 3. März 2000 den Beitrag für das Geschäftsjahr 1999 (landwirtschaftliche Nutzfläche [LN] 0,21 ha) auf 98,79 DM fest. Gegen diese Bescheide legte der Kläger keine Rechtsmittel ein.

Die Beklagte setzte mit Bescheid vom 2. März 2001 den Beitrag für das Geschäftsjahr 2000 (LN 0,21 ha) auf 99,13 DM fest. Der Kläger erhob am 2. April 2001 hiergegen Widerspruch und forderte am 18. Juli 2001 die Rückzahlung aller bisher entrichteten Beiträge.

Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 25. September 2001 den Widerspruch mit der Begründung zurück, der Kläger sei als Unternehmer eines nach § 123 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) der Zuständigkeit der landwirtschaftlichen Unfallversicherung unterliegenden landwirtschaftlichen Unternehmens nach § 150 Abs. 1 SGB VII beitragspflichtig zur gesetzlichen landwirtschaftlichen Unfallversicherung. Nach § 2 SGB VII seien u. a. die Unternehmer eines landwirtschaftlichen Unternehmens in der gesetzlichen Unfallversicherung gegen Arbeitsunfall versichert. Zu den in der gesetzlichen Unfallversicherung versicherten landwirtschaftlichen Unternehmen zählten nach § 123 Abs. 1 SGB VII insbesondere die Unternehmen der Land- und Forstwirtschaft. Ein solches liege dann vor, wenn land- oder forstwirtschaftliche Grundstücke bewirtschaftet oder gepflegt würden. Darüber hinaus seien auch die Unternehmen der den Zielen des Natur- und Umweltschutzes dienenden Landschaftspflege vom Gesetzgeber ausdrücklich als versicherungspflichtige landwirtschaftliche Unternehmen aufgezählt. Da sich im Laufe des Widerspruchsverfahrens keinerlei Anhaltspunkte für die Unrechtmäßigkeit des Beitragsbescheides ergeben hätten, sei festzustellen, dass die Beitragserhebung für das Geschäftsjahr 2000 sowohl dem Grunde wie auch der Höhe nach unter Beachtung der gesetzlichen und satzungsmäßigen Vorschriften zu Recht erfolgt sei.

Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger am 10. Oktober 2001 Klage beim Sozialgericht Heilbronn (SG) u. a. mit der Begründung, er sei als Landschaftsgärtner bei der Gartenbau-Berufsgenossenschaft versichert. Aus dieser unternehmerischen Tätigkeit gelte der Besitz und die Pflege der betreffenden Flächen als repräsentatives Leistungsbeispiel. Beigefügt war der Beitragsbescheid der Gartenbau-BG vom 28. April 2000 für das Umlagejahr 1999. Auf Frage des SG teilte der Kläger mit, die Fläche werde von ihm nur zweimal im Jahr gemäht.

Die Bek...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt SGB Office Professional . Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge