Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Leistungsausschluss wegen längerer stationärer Unterbringung. Rückausnahme nur bei tatsächlicher Erwerbstätigkeit

 

Leitsatz (amtlich)

Ein in einer Einrichtung stationär Untergebrachter erhält Leistungen nach dem SGB II nur dann, wenn er tatsächlich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 15 Stunden wöchentlich erwerbstätig ist. Die bloße Möglichkeit der Aufnahme einer entsprechenden Erwerbstätigkeit genügt nicht ( Anschluss an BSG vom 5.6.2014 - B 4 AS 32/13 R = BSGE 116, 112 = SozR 4-4200 § 7 Nr 36).

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 27. September 2013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt vom Beklagten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).

Der 1954 in P. geborene Kläger, jetzt deutscher Staatsangehöriger, wurde mit Urteil des Landgerichts (LG) R. vom 11. Juli 2006 u.a. wegen Totschlags zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Jahren verurteilt. Außerdem wurde seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Durch Beschluss des LG K. vom 2. August 2012 wurde die weitere Vollstreckung der angeordneten Unterbringung in einer Entziehungsanstalt und auch die Vollstreckung des Restes der Freiheitsstrafe aus dem Urteil des LG R. zur Bewährung ausgesetzt, Führungsaufsicht angeordnet und deren Dauer sowie die der Bewährungszeit jeweils auf drei Jahre festgesetzt. Außerdem wurde der Kläger, der ab 13. September 2011, zunächst im Rahmen einer Belastungserprobung, in einer Einrichtung der C.-T.W.-Stiftung (CTW-S) e.V. lebte, der Aufsicht und Leitung eines Bewährungshelfers unterstellt und angewiesen, keine alkoholischen Getränke oder andere Suchtmittel zu sich zu nehmen und sich in Abstimmung mit dem Bewährungshelfer und den Mitarbeitern der CTW-S regelmäßigen Alkoholabstinenzkontrollen zu unterziehen. Ferner wurde er angewiesen, seinen Wohnsitz in der CTW-S beizubehalten und sich an die Weisungen der dortigen Mitarbeiter zu halten sowie die Hausordnung einzuhalten. Ein Wechsel aus dem Wohnen im betreuten Rahmen sei in Absprache mit dem Bewährungshelfer und den Mitarbeitern vor Ort möglich. Er wurde des Weiteren angewiesen, jeden Wechsel der Wohnung unverzüglich der Aufsichtsstelle zu melden.

Ab 24. August 2012 lebte der Kläger dann im Rahmen der Eingliederungshilfe in einer Einrichtung der CTW-S in E.. Im Hinblick auf die Aufnahme in der Einrichtung ab 24. August 2012 erhielt er vom Landratsamt (LRA) F., Sozialamt gemäß dem Bescheid vom 4. September 2012 ab 24. August 2012 (zunächst bis 23. August 2013) Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) in Form von Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten nach §§ 67 ff. SGB XII (u.a. Pflegesatz [für u.a. Betreuung, Verpflegung, Licht, Wasser, Heizung, Pflege und Erhaltung von Bettwäsche und Leibwäsche sowie den allgemeinen medizinischen Sachaufwand] und einen monatlichen Barbetrag [zum Bestreiten der persönlichen Bedürfnisse, einschließlich des hygienischen Sachaufwands für die übliche Gesundheitspflege ≪z.B. für Körperreinigung und Haarpflege≫] und ein Taschengeld von monatlich 100,98 € sowie ab September 2012 eine monatliche Bekleidungspauschale).

Mit Schreiben vom 5. September 2012 meldete das LRA F. beim Beklagten einen Erstattungsanspruch an und teilte mit, der Kläger erhalte Leistungen in Höhe von monatlich ca. 2.300,00 €.

Am 19. September 2012 stellte der Kläger einen förmlichen Antrag auf Leistungen nach dem SGB II beim Beklagten und gab hierzu u.a. an, er befinde sich zur Zeit vom 24. August 2012 bis 23. August 2013 in einer stationären Einrichtung. Hierzu legte er u.a. den Bescheid des LRA F. vom 4. September 2012 vor.

Der Beklagte lehnte mit Bescheid vom 20. September 2012 die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II ab. Der Kläger sei länger als sechs Monate in einer stationären Einrichtung untergebracht und nicht mindestens 15 Stunden wöchentlich erwerbstätig sowie auf Grund dessen vom Leistungsbezug nach dem SGB II ausgeschlossen. Der Kläger erhob Widerspruch und machte geltend, bei der CTW-S handele es sich zwar um eine vollstationäre Einrichtung, doch bestimme sich der Begriff der Einrichtung in diesem Sinne danach, ob durch die Unterbringung die Fähigkeit zur Aufnahme einer mindestens dreistündigen täglichen Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ausgeschlossen sei. Es komme ausschließlich auf die Struktur der Einrichtung an und die Möglichkeit, aus ihr heraus eine Erwerbstätigkeit auszuüben. Dies sei möglich. Hierzu legte er eine Bescheinigung des Geschäftsführers der CTW-S R. vom 2. November 2012 (zum Betreuungskonzept der Einrichtung gehöre, dass sich Bewohner, die in dem erforderlichen Umfang arbeitsfähig seien, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt um eine Arbeitsstelle bewerben könnten, grundsätzlich würden die ...

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