Entscheidungsstichwort (Thema)

sozialgerichtliches Verfahren. Anfechtungs- und Leistungsklage. maßgeblicher Zeitpunkt. Sozialhilfe. Renovierungskosten für Mietwohnung. kein Übergangsrecht im SGB 2. Schönheitsreparatur. keine Kostentragung mangels Pflicht zur Durchführung. Allgemeine Geschäftsbedingungen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Bei der Anfechtungs- und Leistungsklage kann ein früherer Zeitpunkt maßgeblich sein als der der mündlichen Verhandlung. Das gilt dann, wenn sich dies aus dem materiellen Recht ergibt.

2. Das SGB 2 enthält keine Übergangsvorschriften. Ihm kann nicht entnommen werden, dass sich das SGB 2 auf abgeschlossene Sachverhalte aus der Zeit vor seinem Inkrafttreten beziehen soll. Bis Ende 2004 entstandene Ansprüche auf BSHG-Leistungen müssen auch nach dessen Außerkrafttreten noch nach diesem realisiert werden.

3. Ein sozialhilferechtlich anzuerkennender Renovierungsbedarf besteht nur, wenn der Hilfesuchende mietvertraglich zu den entsprechenden Aufwendungen verpflichtet ist. Ist eine vertragliche Überwälzung der Erhaltungspflicht des § 535 BGB durch eine Klausel in einem Formularvertrag nach der Rechtsprechung des BGH unwirksam, kann ein entspr Anspruch gegen den Sozialhilfeträger nicht entstehen.

 

Orientierungssatz

Gemäß § 21 Abs 1a BSHG kommen einmalige Leistungen zur Instandhaltung der Wohnung, mithin bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen auch für die Aufwendungen für sog Schönheitsreparaturen in Betracht.

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 28. März 2006 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte der Klägerin zur Gewährung von einmaligen Leistungen in Form der Übernahme der Kosten für Schönheitsreparaturen nach den Bestimmungen des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) verpflichtet ist.

Die 1963 geborene Klägerin bezog von der Beklagten - mit Unterbrechungen - seit Jahren Sozialhilfe. Die Klägerin ist Mutter der am 17. November 1986 geborenen Tochter J. sowie des am 25. März 2005 geborenen Sohnes S.; sie ist mit dem Vater der Kinder nicht verheiratet. Zuletzt leistete die Beklagte der Klägerin, die seinerzeit Arbeitslosenhilfe von der Bundesagentur für Arbeit erhielt, aufstockende Hilfe zum Lebensunterhalt (HLU) für den Monat November 2004 (damals noch gemeinsam mit der Tochter J. Larissa) in Höhe von insgesamt 48,67 Euro sowie einen besonderen Mietzuschuss nach den Bestimmungen des Wohngeldgesetzes (in damaliger Fassung) in Höhe von 164,00 Euro (Bescheid vom 26. Oktober 2004). Zum 30. November 2004 stellte die Beklagte die HLU an die Klägerin ein, weil sich wegen der zum 17. November 2004 eingetretenen Volljährigkeit der Tochter kein laufender Bedarf mehr errechnete (Bescheid vom 25. November 2004). Ab Januar 2005 gewährte das Jobcenter Stadt K. der Klägerin Grundsicherung für Arbeitsuchende nach den Bestimmungen des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II).

Seit 1. Dezember 1987 wohnt die Klägerin in K. in einer Wohnung mit 80 m², bestehend aus drei Zimmern, Küche, Bad mit WC, Diele, Balkon und Loggia, ferner einem Einbauschrank im Flur sowie einem Kellerraum und einem Dachbodenanteil; diese Wohnung hatte sie von der Mieter- und Bauverein Karlsruhe e.G. mit einem unter dem 20. Januar 1988 schriftlich geschlossenen Dauernutzungsvertrag angemietet. Nach § 3 Abs. 8 Buchst. a des Dauernutzungsvertrags hat das Mitglied (= Mieter) nach Maßgabe der Allgemeinen Vertragsbestimmungen (AVB) die Schönheitsreparaturen auszuführen (Nr. 5 Abs. 2 AVB). Die AVB in der in den Dauernutzungsvertrag einbezogenen Fassung D 1984 enthalten u.a. folgende Regelungen:

“ Nr. 5 Erhaltung der überlassenen Räume

...

(2) Die vom Mitglied gemäß § 3 Abs. 8 des Vertrages übernommenen Schönheitsreparaturen sind während der Dauer des Vertrages ohne besondere Aufforderung fachgerecht auszuführen. Die Schönheitsreparaturen umfassen

das Anstreichen, Kalken oder Tapezieren der Wände und Decken,

das Streichen der Fußböden und den Innenanstrich der Fenster,

das Streichen der Türen und der Außentüren von innen sowie der Heizkörper einschließlich der Heizrohre.

Die Schönheitsreparaturen sind spätestens nach Ablauf folgender Zeiträume auszuführen:

in Küchen, Bädern und Duschen alle drei Jahre, dabei sind die Innenanstriche der Fenster sowie die Anstriche der Türen, Heizkörper und Heizrohre spätestens alle vier Jahre durchzuführen,

in Wohn- und Schlafräumen, Fluren, Dielen und Toiletten alle fünf Jahre,

in anderen Nebenräumen alle sieben Jahre.

Das Mitglied ist nicht berechtigt, ohne Zustimmung der Genossenschaft von der bisherigen Ausführungsart abzuweichen. Es ist für den Umfang der im Laufe der Dauer dieses Vertrages ausgeführten Schönheitsreparaturen beweispflichtig.

(3) Lässt in besonderen Ausnahmefällen der Zustand der Wohnung eine Verlängerung der nach Abs. 2 vereinbarten Fristen zu oder erfordert der Grad der Abnutzung eine Verkürzung, so ist die Genossenschaft auf Antrag des Mitgliedes verpflichtet, im ...

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