Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Einkommensberücksichtigung und -berechnung. selbständige Arbeit. keine Absetzbarkeit einer Einkommensteuernachzahlung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Nach § 11b Abs 1 S 1 Nr 1 SGB II abzugsfähig ist nur die auf das im Bewilligungszeitraum erzielte Einkommen eines Selbstständigen entrichtete Einkommensteuer, nicht eine Steuernachzahlung.

2. Eine Nachzahlung auf die Einkommensteuer ist auch weder nach § 11b Abs 1 S 1 Nr 5 SGB II noch als Betriebsausgabe nach § 3 Abs 2 Alg II-V (juris: AlgIIV 2008) zu berücksichtigen.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 02.02.2021; Aktenzeichen B 14 AS 87/20 R)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 22. Januar 2020 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Berücksichtigung einer Einkommensteuernachzahlung als Betriebsausgabe.

Die am … 1973 geborene Klägerin ist selbstständig tätig als Kommunikationstrainerin und Coach. Sie bezieht seit mehreren Jahren ergänzende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II). Durch Bewilligungsbescheid vom 16.04.2018 wurden ihr Leistungen für den Zeitraum März bis August 2018 vorläufig bewilligt. Am 09.05.2018 reichte die Klägerin die geänderte vorläufige Erklärung EKS beim Beklagten ein und führte dazu aus, sie habe (unter Anderem) die bislang fehlende Einkommensteuernachzahlung für 2017 berücksichtigt, die voraussichtlich 1434,80 € betragen werde. Unter dem 30.05.2018 erging ein Änderungsbescheid für den Zeitraum März bis August 2018 und am 31.10.2018 ein endgültiger Bewilligungsbescheid.

Am 11.08.2018 stellte die Klägerin einen Weiterbewilligungsantrag, beschränkt auf den Zeitraum 01.09. bis 31.10.2018. Dem Antrag beigefügt war der Einkommensteuerbescheid für 2017 vom 23.07.2018. Darin wurde eine Einkommensteuernachzahlung i.H.v. 1.425,30 € (Einkommenssteuer i.H.v. 1.351,- € und Solidaritätszuschlag i.H.v. 74,30 €), zu zahlen bis spätestens 30.08.2018, festgesetzt. Im Bescheid wurden außerdem Vorauszahlungen festgesetzt, für 2018 i.H.v. 470,- €, fällig am 10.09. und 10.12. und für 2019 i.H.v. 235,- €, fällig am 10.03., 10.06., 10.09. und 10.12. Die Klägerin machte bei der Antragstellung die Absetzung von insgesamt 1821,- € (1.425,30351,- € Nachzahlung + 470,- € Vorauszahlung) geltend und bat darum, die Absetzung entweder noch für den laufenden Bewilligungszeitraum zu berücksichtigen - dann werde sie den Betrag noch im August an das Finanzamt überweisen - oder aber für September 2018.

Mit Bescheid vom 31.08.2018 bewilligte der Beklagte vorläufig Leistungen vom 01.09.2018 bis 31.10.2018. Dabei wurde jeweils ein Nettoeinkommen von 1.052,50 € berücksichtigt, von dem ein Freibetrag von 285,25 € sowie zusätzlich ein Absetzungsbetrag von 158,22 € abgezogen wurden. Berücksichtigt wurde in jedem Monat ein Einkommen von 609,03 €. Auf dieser Grundlage wurden Leistungen bewilligt für September 2018 i.H.v. 319,97 € und für Oktober 2018 i.H.v. 269,97 €. Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin durch ihren Bevollmächtigten am 13.09.2018 Widerspruch ein mit der Begründung, die Einkommenssteuervorauszahlung für das 3. Quartal 2018 i.H.v. 470,- €, die von ihr am 10.09.2018 bezahlt worden sei, müsse als Absetzung beim Einkommen berücksichtigt werden. Zudem sei die von ihr am 15.10.2018 an das Finanzamt geleistete Einkommensteuernachzahlung für 2017 als zusätzliche Betriebsausgabe zu berücksichtigen.

Auf den Weiterbewilligungsantrag der Klägerin wurden ihr durch - als Änderungsbescheid bezeichneten - Bescheid vom 31.10.2018 Leistungen für den Zeitraum 01.11.2018 bis 28.02.2019 vorläufig bewilligt (für 11/2018 301,99 €, für 12/18 bis 02/19 jeweils 210,82 €), mit weiterem Änderungsbescheid vom 24.11.2018 wurden die Leistungen für Januar und Februar 2019 neu berechnet und weiterhin vorläufig bewilligt (für 01/19 und 02/19 jeweils 218,82 €). Mit Änderungsbescheiden vom 27.12.2018 und vom 15.03.2019 wurden die Leistungen für November 2018 bis Februar 2019 nochmals neu berechnet und wieder vorläufig bewilligt (Leistungshöhe für 11/18 378,86 €, für 12/18 757,69 €, für 01/19 bis 02/19 je 295,69 €).

Mit Änderungsbescheid vom 13.06.2019 wurden unter teilweiser Aufhebung des Bescheids vom 31.08.2018 höhere Leistungen für den Zeitraum 01.09.2018 bis 31.10.2018 wiederum vorläufig bewilligt. Dabei wurde die Einkommensteuervorauszahlung im Fälligkeitsmonat September 2018 i.H.v. 470,- €, berücksichtigt, die Einkommensteuernachforderung für 2017 wurde im Monat der Zahlung (Oktober 2018) berücksichtigt. Für September 2018 wurde ausgehend von einem Gesamteinkommen von 767,25 € ein Absetzungsbetrag i.H.v. insgesamt 628,22 €, daraus ein zu berücksichtigendes Gesamteinkommen von 139,03 € und ein Leistungsanspruch von 789,97 € errechnet; für Oktober 2018 ausgehend von einem monatlichen Gesamteinkommen von 767,25 €, einem Absetzu...

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