Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Genehmigungsfiktion. Geltung der Fünf-Wochenfrist. Bruststraffung

 

Leitsatz (amtlich)

Die für die Geltung der Fünf-Wochenfrist des § 13 Abs 3a Satz 3 SGB V erforderliche Unterrichtung der Leistungsberechtigten gemäß § 13 Abs 3a Satz 2 SGB V kann auch telefonisch erfolgen. Hierfür genügt es, wenn die Versicherte von einer Mitarbeiterin der Beklagten telefonisch über den genauen Termin zur persönlichen Vorstellung beim MDK informiert wird und die Versicherte an dem genannten Termin tatsächlich zur Untersuchung erscheint.

 

Orientierungssatz

Selbst wenn ein operativer Eingriff (hier: Bruststraffung) kostenmäßig günstiger wäre als eine längere psychiatrische bzw psychotherapeutische Behandlung, rechtfertigt dies nicht die Übernahme der Kosten einer Operation, da die Operation nicht der Behandlung einer Krankheit im Sinne des Krankenversicherungsrechts dient und kein Versicherungsfall vorliegt (vgl BSG vom 19.10.2004 - B 1 KR 3/03 R = BSGE 93, 252 = SozR 4-2500 § 27 Nr 3).

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 27.04.2018 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Übernahme der Kosten für eine operative Bruststraffung (Mastopexie).

Mit einer bei der Beklagten am 22.07.2016 eingegangenen ärztlichen Bescheinigung ihrer Frauenärztin vom 21.07.2016 beantragte die 1969 geborene Klägerin die operative Korrektur einer starken Ptosis der Brust. Nach der Bescheinigung der Frauenärztin E. leide die Klägerin sehr unter diesem Befund und sei psychisch belastet; durch eine operative Korrektur der Brust sei eine Besserung der psychischen Konstellation zu erwarten. Die Beklagte bat mit Schreiben vom 25.07.2016 den Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) um Prüfung, ob die medizinischen Voraussetzungen für die Kostenübernahme einer operativen Korrektur der Brust gegeben seien. Auf dem Schreiben findet sich ein Post-it “Anruf MDK, MDK M.-Str., ... R. Do 04.08.16 09:00 Uhr Vorstellungstermin„. Nach einem Auszug aus der CRM_Kundenbetreuung der Beklagten wurde am 29.07.2016 die Klägerin telefonisch um 11.37 Uhr über den Vorstellungstermin beim MDK informiert. In der Notiz heißt es: “Habe Versicherte über Vorstellungstermin beim MDK informiert. Sie soll sich dort am Donnerstag 04.08.16 um 09:00 Uhr vorstellen zur persönlichen Begutachtung. Sie hat sich sehr gefreut, dass ihre Angelegenheit ernst genommen wird und geprüft wird„.

Der MDK kam nach persönlicher Untersuchung der Klägerin mit Gutachten vom 04.08.2016 zu dem Ergebnis, dass kein regelwidriger Körperzustand bzw keine Krankheit gegeben sei; eine Funktionsstörung im Sinne von therapierefraktären Entzündungen der Submammärfalte liege nicht vor. Die Beklagte teilte mit Schreiben vom 10.08.2016 der Klägerin das Ergebnis des Gutachtens mit und lehnte den Antrag ab. In dem Schreiben heißt es zu Beginn “wie bereits telefonisch besprochen„ und nach einem Auszug aus der CRM_Kundenbetreuung wurde der Klägerin am 10.8.2016 um 17.19 Uhr telefonisch die Ablehnung mitgeteilt. In der Notiz heißt es weiter: “Sie spricht nun mit Ihrer Psychologin darüber und wird dann weitere Schritte entscheiden, ob Widerspruch oder neue Antragstellung in 1 Jahr bzw. nach einer gewissen Zeit„.

Mit Schreiben vom 16.08.2016 legte die Klägerin Widerspruch ein und fügte zudem später noch eine ärztliche Bescheinigung von Frau Dr. B., Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie in R. (später T.), vom 23.08.2016 hinzu. Danach leide die Klägerin seit der Geburt ihrer Töchter (damals 21 und 23 Jahre) unter ihren “hängenden, flachen Brüsten„. Dies sei bis auf ein schwaches Bindegewebe keine somatische Erkrankung, beeinträchtige jedoch erheblich das Selbstwertgefühl der Klägerin und hindere sie stark an der Kontaktaufnahme mit Männern. Eine entsprechende Psychotherapie würde sehr lange dauern, da auch noch andere schwerwiegende Probleme vorlägen. Eine operative Korrektur der Brüste würde der Klägerin die Teilhabe am Leben, zu der auch die Suche nach einem Partner maßgeblich gehöre, ermöglichen bzw deutlich verbessern und daher sollten die Kosten der Behandlung übernommen werden.

Ein weiteres von der Beklagten beim MDK beantragtes Gutachten kam am 08.09.2016 zu dem Ergebnis, dass sich aus dem ergänzend vorgelegten ärztlichen Attest keine sozialmedizinisch neuen Aspekte ergäben. Bei der Klägerin liege eine psychische Erkrankung vor, wofür in der vertraglichen Versorgung die nervenärztliche Differenzialdiagnostik und ggf ein Behandlungsversuch mit den Mitteln der Psychotherapie zur Verfügung stünden; die Voraussetzung für einen operativen Eingriff seien nicht erfüllt. Mit Widerspruchsbescheid vom 02.11.2016 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die medizinische Indikation für die beantragte Mastopexie liege nicht vor; es sei kein regelwidriger Körperzustand bzw keine Krankheit festgestellt worden.

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