Entscheidungsstichwort (Thema)

Elterngeld. Einkommensermittlung. nichtselbstständige Erwerbstätigkeit. Berücksichtigung von quartalsweisen Provisionen. Neuregelung des § 2c Abs 1 S 2 BEEG sowie der LStR 2015. sonstige Bezüge. laufender Arbeitslohn. vierteljährlicher Teilbetrag. Vorbehalt des Gesetzes gegenüber Verwaltungsvorschrift. Lohnsteuerliche Vorgaben. Verweisung auf Verwaltungsvorschriften. Amtsermittlung

 

Leitsatz (amtlich)

Provisionen, die neben dem monatlichen Grundgehalt für kürzere Zeiträume als ein Jahr und damit mehrmals im Jahr nach festgelegten Berechnungsstichtagen gezahlt werden, sind auch nach der ab 1.1.2015 geltenden Fassung von § 2c Abs 1 Satz 2 BEEG (Geburt des Kindes: 4.11.2015) als laufender Arbeitslohn bei der Bemessung des Elterngeldes zu berücksichtigen. Dem steht die ebenfalls ab 1.1.2015 erfolgte Neufassung von R 39b 2 Abs 2 der Lohnsteuerrichtlinien (juris: LStR 2015) nicht entgegen. Es widerspricht dem Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes, wenn zur Regelung der Höhe des Elterngeldes in Form einer dynamischen Verweisung auf norminterpretierende Verwaltungsvorschriften verwiesen wird.

 

Orientierungssatz

1. Die Argumentation des BSG, dass es an einem sachlich gerechtfertigten Anknüpfungspunkt für die Nichtberücksichtigung von Quartalsprovisionen in der Elterngeldberechnung fehlt, gilt auch weiterhin (vgl BSG vom 26.3.2014 - B 10 EG 14/13 R = BSGE 115, 198 = SozR 4-7837 § 2 Nr 25).

2. Die Änderung der Nr 10 in R 39b.2 Abs 2 S 2 LStR 2015 wirkte sich im vorliegenden Fall allerdings nicht aus, da sich der Bemessungszeitraum nach § 2b Abs 3 BEEG nur auf das Jahr 2014 erstreckte.

 

Normenkette

BEEG § 1 Abs. 1, §§ 2, 2b, 2c Abs. 1 S. 2, Abs. 2, § 26 Abs. 1; SGB X § 20; GG Art. 20 Abs. 3, Art. 28 Abs. 1

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 20.06.2016 aufgehoben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 12.01.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 02.02.2016 verurteilt, der Klägerin vorläufig Elterngeld unter Berücksichtigung zusätzlicher Einnahmen iHv 10.189,80 € zu zahlen.

Die Beklagte erstattet die außergerichtlichen Kosten der Klägerin in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Höhe des Anspruchs auf Elterngeld.

Die 1979 geborene Klägerin ist verheiratet und Mutter der 2015 geborenen V. (im Folgenden: V). Sie ist seit 01.09.2007 bei der 1.. M. & Me. GmbH als “Online-Marketing-Manager„ versicherungspflichtig beschäftigt. Nach § 4 Abs 1 des Anstellungsvertrags erhält sie neben einem monatlichen Festgehalt einen erfolgsabhängigen variablen Gehaltsanteil im Quartal von 2.220 € brutto (ab 01.04.2014: 2.440 € brutto) bei 100% Zielerreichung. Im Jahr 2014 erzielte die Klägerin Einnahmen aus dem Festgehalt iHv 43.180 € brutto und aus den im Januar, April, Juli und Oktober 2014 ausgezahlten Provisionen iHv insgesamt 10.189,80 € brutto. Im November 2014 wurde Weihnachtsgeld iHv 3.865 € ausgezahlt. Daneben erzielte die Klägerin 2014 aus selbstständiger Tätigkeit (Foodblog) Einkünfte iHv 2.822,67 €. Mutterschaftsgeld und einen Arbeitgeberzuschuss hierzu erhielt die Klägerin in der Zeit vom 23.09. bis 30.12.2015. In der Zeit nach der Geburt von V betrieb die Klägerin weiter ihren Foodblog und gab für die Zeit vom 04.11.2015 bis 03.11.2016 einen voraussichtlichen Gewinn iHv 1.200 € an, Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit erhielt sie nach eigenen Angaben nicht.

Auf Antrag vom 27.11.2015 bewilligte die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 12.01.2016 vorläufig Elterngeld für den 1. Lebensmonat von V iHv 0 €, für den 2. Lebensmonat iHv 179,73 € und für die Lebensmonate 3 bis 12 iHv jeweils 1.392,92 €. Hierbei rechnete die Beklagte für die ersten beiden Lebensmonate Mutterschaftsgeld und Arbeitgeberzuschuss hierzu (bezogen bis 30.12.2015) auf das Elterngeld an. Bei der Einkommensermittlung legte sie das Grundgehalt der Beschäftigung und die Einnahmen aus selbstständiger Tätigkeit im Jahr 2014 zugrunde.

Mit Widerspruch vom 25.01.2016 wandte sich die Klägerin gegen die fehlende Berücksichtigung der Quartalsprovisionen. Es handele sich um einen vertraglich zugesicherten Gehaltsbestandteil, der bei der Bemessung des Elterngeldes Berücksichtigung finden müsse.

Mit Widerspruchsbescheid vom 02.02.2016 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus, maßgebend seien die Einkünfte im Bemessungszeitraum 2014. Bei den Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit würden die im Lohnsteuerabzugsverfahren nach den lohnsteuerrechtlichen Vorgaben als sonstige Bezüge zu behandelnden Einnahmen bei der Elterngeldberechnung nicht berücksichtigt. Die Abgrenzung zwischen laufendem Arbeitslohn und sonstigen Bezügen erfolge durch den Arbeitgeber auf der Grundlage der Lohnsteuerrichtlinien (R 39b 2). Nach den vorliegenden Gehaltsabrechnungen für 2014 habe die Klägerin folgende Leistungen als sonstige Bezüge nach § 38a Abs 1 Satz 3 und § 39b Einkommenssteuergesetz (EStG) erhalten, die auch vo...

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