Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Zulässigkeit der Berufung. Berufungseinlegung. Bezeichnung des Berufungsklägers. fehlende Anschriftenangabe. Schriftformerfordernis. einfache E-Mail ohne qualifizierte elektronische Signatur. Dokument im pdf-Format mit eingescannter Unterschrift. Begründetheit der Berufung. Sozialhilfe für Deutsche im Ausland. Leistungsausschluss. Ausnahme. Vorliegen einer außergewöhnlichen Notlage. Nachweis eines Rückkehrhindernisses

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zur Bezeichnung des Klägers gehören grundsätzlich die Angabe des vollständigen Namens und der ladungsfähigen Anschrift, die bloße Angabe einer Email-Adresse, einer Telefonnummer oder eines Postfachs genügen nicht. Unterlässt der Kläger die Angabe seiner Anschrift, ist das Rechtsschutzbegehren grundsätzlich unzulässig.

2. Die Schriftform der Klage ist durch einfache - ohne qualifizierte elektronische Signatur versehene - Email nicht gewahrt. Auch der Ausdruck einer elektronisch übermittelten Bilddatei wahrt nicht das Schriftformerfordernis, wenn diese die Unterschrift lediglich in Form einer Bilddatei mit zuvor eingescannter Unterschrift enthält.

3. Eine in der Bundesrepublik Deutschland drohende Strafverfolgung stellt kein Rückkehrhindernis dar, welches die Gewährung von Sozialhilfe an im Ausland lebende Deutsche gem § 24 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB XII begründen könnte.

 

Normenkette

SGB XII § 24 Abs. 1 Sätze 1, 2 Nr. 3; SGG § 65a Abs. 1 Sätze 1, 3, §§ 90, 63 Abs. 1 S. 2 S. 1, Abs. 2 S. 1, Abs. 3, § 151 Abs. 1, § 153 Abs. 1, § 158 S. 1, § 92 Abs. 1 S. 1, § 128 Abs. 1; Signaturgesetz § 2 Nr. 3; ZPO § 185 Nr. 1; GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1-2, Art. 19 Abs. 4; KonsG § 5 Abs. 4

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 30. Oktober 2015 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Leistungen der Sozialhilfe für Deutsche im Ausland nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) für die Zeit ab dem 1. Juli 2015 streitig.

Der 1957 in W. (heute Stadt D., S.-.-K.) geborene deutsche Kläger hat nach eigener Angabe das Bundesgebiet am 10. August 2010 verlassen und lebt seither in L./Ukraine. Mit Email-Schreiben vom 13. Juli 2015 übersandte die Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Kiew (künftig nur Botschaft) dem Beklagten den Antrag des Klägers auf Gewährung von Sozialhilfe für Deutsche im Ausland vom 2. Juli 2015. Darin gab der Kläger u.a. an, zurzeit keine Wohnung in L. zu haben, seit dem 12. August 2003 mit einer in D./Ukraine geborenen I. K. unbekannten Wohnorts verheiratet zu sein, seinen Lebensunterhalt mit Geschenken und Zuwendungen durch Freunde zu bestreiten, Unterkunftskosten i.H.v. ca 3.500 UAH (Hrywnja) zu haben und in den letzten zehn Jahren “zwangsenteignet„ worden zu sein. Außerdem gab der Kläger an, wegen hoheitlicher Gewalt zum Verbleib im Aufenthaltsland gezwungen zu sein. Des Weiteren legte die Botschaft dem Beklagten das Schreiben des Klägers - maschinenschriftlich überschrieben mit seinem Namen und dem Zusatz “Ukraine„ - vom 13. Juli 2015 vor, in dem Frau M. S. (künftig nur M.S.), wohnhaft in der B. Str... in ... N., als Zustellungsbevollmächtigte benannt wurde. Sowohl der klägerische Antrag als auch die Zustellungsvollmacht enthalten je eine eingescannte Bildunterschrift; wegen der Einzelheiten der Bildunterschriften wird auf Blatt 7 und 8 der Verwaltungsakte verwiesen. In der Übersendungs-Email teilte der Botschaftsbedienstete R. dem Beklagten weiter mit, dass der Kläger nach den Erkenntnissen der Botschaft nicht zum Verbleib in der Ukraine gezwungen und die Ausübung hoheitlicher Gewalt, die einer Ausreise entgegenstehen würde, nicht erkennbar sei. Namentlich bestehe keine Inhaftierung. Zudem könne der Kläger auch keine Aufenthaltserlaubnis für die Ukraine vorweisen. Im Übrigen habe der Kläger angegeben, dass ihm in Deutschland eine Haftstrafe drohe, weshalb er keine Absicht habe, in das Bundesgebiet zurückzukehren. Auf die ihm angebotene Beantragung von Konsularhilfe zur Rückkehr nach Deutschland habe er ausdrücklich verzichtet.

Mit Schreiben vom 23. Juli 2015, das dem Kläger über die Botschaft am 6. August 2015 an die Email-Adresse “n.@web.de„ verschickt wurde, teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass sein Antrag unvollständig sei und dass die Voraussetzungen der begehrten Sozialhilfe aus näher dargelegten Gründen nicht vorlägen. Es sei daher beabsichtigt, den Antrag abzulehnen, wozu der Kläger Gelegenheit zur Stellungnahme erhalte. Im anschließenden Email-Schriftwechsel zwischen den Beteiligten teilte der Kläger u.a. mit, dass er seinen Antrag bereits am 27. Juni 2015 an das Auswärtige Amt gesendet habe und am 1. Juli 2015 bei der Botschaft eingegangen sei, dass er keine “eigene„ Wohnung habe, dass er im Juli 2015 600 Euro zur Bestreitung seines Lebensunterhalts erhalten habe, dass er “durch die BRD„ 19 Mal rechtswidrig verhaftet worden ...

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