Entscheidungsstichwort (Thema)

Streitgegenstand im sozialgerichtlichen Verfahren, wenn im Rechtsstreit um die Rechtmäßigkeit eines Vormerkungsbescheides ein Rentenbewilligungsbescheid ergeht. nach Klageerhebung ergangener Rentenanpassungsbescheid. Korrektur eines Vormerkungsbescheides. Bewertung der Beitragszeiten eines nach dem 31.12.1936 geborenen DDR Flüchtlings mit gewöhnlichem Aufenthalt im Bundesgebiet am 18.5.1990. Verfassungsrecht

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ergeht während eines Rechtsstreits um die Rechtmäßigkeit eines Vormerkungsbescheides ein Rentenbewilligungsbescheid unter Berücksichtigung der streitigen Versicherungszeiten, so ersetzt der Rentenbewilligungsbescheid insoweit den Vormerkungsbescheid und wird gem § 96 SGG Gegenstand des Klageverfahrens. Demgegenüber regelt ein nach Klageerhebung ergangener Rentenanpassungsbescheid lediglich den Grad der Rentenanpassung und wird daher nicht zum Gegenstand eines Verfahrens, in dem die Rentenwertfestsetzung ("Grundbescheid") streitig ist.

2. Auch ein vor Inkrafttreten des SGB 6 ergangener Vormerkungsbescheid kann auf Basis des § 149 Abs 5 S 2 SGB 6 mit Wirkung für die Vergangenheit aufgehoben werden.

3. Es begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, dass vor dem 19.5.1990 in der ehemaligen DDR zurückgelegte Pflichtbeitragszeiten von nach dem 31.12.1936 Geborenen mit gewöhnlichem Aufenthalt im Bundesgebiet am 18.5.1990 nicht auf Grund des Fremdrentengesetzes bewertet werden (Anschluss an BSG vom 14.12.2011 - B 5 R 36/11 R = SozR 4-2600 § 248 Nr 1).

 

Orientierungssatz

1. Zum Leitsatz 1: Vgl LSG Halle vom 30.5.2013 - L 1 RS 44/12 sowie LSG Berlin-Potsdam vom 2.3.2007 - L 4 RA 89/04; entgegen LSG Berlin-Potsdam vom 25.11.2010 - L 22 R 1457/08.

2. Der Regelungsgehalt des Rentenanpassungsbescheides beschränkt sich auf die Höhe der Rentenanpassung und stellt insoweit einen selbstständigen Streitgegenstand dar, der vom Regelungsgegenstand der Berechnung der Altersrente zu trennen ist (vgl BSG vom 10.4.2003 - B 4 RA 41/02 R = SozR 4-2600 § 260 Nr 1).

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 18. September 2012 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Höhe der dem Kläger zustehenden Altersrente.

Der 1944 in Z. geborene Kläger zog am 18. November 1986 von der damaligen DDR kommend in die Bundesrepublik Deutschland. Der Kläger ist Inhaber eines Vertriebenenausweises C (Bl. 16, 48 der Verwaltungsakte)

Am 10. April 1989 stellte der Kläger bei der damaligen Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) einen Antrag auf Kontenklärung (Bl. 5 der Verwaltungsakte).

Mit Bescheid vom 30. Juni 1989 (Bl. 31 ff der Verwaltungsakte) stellte die BfA nach dem damaligen § 104 Abs. 3 Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) die Zeiten bis zum 31. Dezember 1982 verbindlich fest. Insgesamt wurden Zeiten bis 28. Februar 1987 festgestellt. Hierbei wurde für die in der DDR zurückgelegten Beitragszeiten unter Einteilung in Leistungsgruppen die fiktiven Bruttojahresarbeitsentgelte nach dem damals geltenden Fremdrentengesetz (FRG) ohne Kürzung zugrundegelegt.

Auf Bitte des Klägers um eine aktualisierte Rentenauskunft, teilte die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 16. Juli 2003 mit, dass das Kontenaufbereitungsverfahren noch nicht abgeschlossen sei. Auch wenn dem Kläger am 30. Juni 1989 ein Feststellungsbescheid erteilt worden sei, seien bei einem neuen Bescheid Rechtsänderungen, insbesondere ausgelöst durch den Beitritt der ehemaligen DDR, zu beachten (Bl. 49 der Verwaltungsakte).

Mit Feststellungsbescheid vom 9. März 2004 stellte die Beklagte die bis dahin geklärten versicherungsrechtlichen Zeiten bis 31. Dezember 1997 fest (Bl. 76 der Verwaltungsakte).Einen hiergegen erhobenen Widerspruch, in dem der Kläger sich auf die Bestandskraft des Bescheides der BfA vom 30. Juni 1989 berief, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 21. Mai 2004 (Bl. 112 der Verwaltungsakte) zurück. Zur Begründung führte die Beklagte aus, der Bescheid vom 30. Juni 1989 sei nach den zum damaligen Zeitpunkt geltenden rentenrechtlichen Bestimmungen ergangen. Seit 1. Januar 1992 sei das Sechste Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) in Kraft getreten. Da der Kläger im Jahre 2003 eine Rentenauskunft beantragt habe, sei auch ein neuer Versicherungsverlauf zu erteilen gewesen. Bei Änderung der dem Feststellungsbescheid zugrunde liegenden Vorschriften sei der Feststellungsbescheid durch einen neuen Feststellungsbescheid oder im Rentenbescheid mit Wirkung für die Vergangenheit aufzuheben. Der nun ergangene Bescheid sei nach den derzeitigen gesetzlichen Bestimmungen erteilt worden. Feststellungsbescheide hätten lediglich Beweissicherungsfunktion.

Mit weiterem Bescheid vom 1. Juni 2004 teilte die Beklagte dem Kläger mit, der Bescheid vom 30. Juni 1989 werde aufgehoben, soweit dieser nicht dem geltenden Recht entspreche (Bl. 161 der Verwaltungsakte). Die nach der Neureglung zu berücksi...

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