Entscheidungsstichwort (Thema)

gesetzliche Unfallversicherung. Arbeitsunfall. innerer Zusammenhang. Handlungstendenz. eigenwirtschaftliche Tätigkeit. Unterbrechung der versicherten Tätigkeit. Instandhalten eines Arbeitsgerätes. Pkw. überwiegende berufliche Nutzung. abweichende steuerrechtliche Bewertung. Einbeziehung der Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Rechtsanwalt und Steuerberater. Mandantengespräch. Autowaschen in der Pause

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Kraftfahrzeug stellt in der gesetzlichen Unfallversicherung dann ein versichertes Arbeitsgerät dar, wenn es hauptsächlich beruflich genutzt wird. Der Weg von der Wohnung zur Arbeitsstätte ist bei der Beurteilung, ob eine hauptsächliche berufliche Nutzung vorliegt, auch dann nicht zu berücksichtigen, wenn das Steuerrecht solche Wege der Erwerbssphäre zuordnet. Das Kraftfahrzeug wird jedenfalls dann nicht hauptsächlich beruflich genutzt, wenn die berufliche Nutzung 50-60% nicht übersteigt.

 

Orientierungssatz

Ein Versicherter, der seine berufliche Tätigkeit (hier: Mandantengespräch mit einem Tankstellenpächter) zwangsweise unterbrechen muss und diese Pause für eine eigenwirtschaftliche Tätigkeit (hier: Autowäsche seines Pkw's in Waschstraße) nutzt, steht dabei nicht gemäß § 8 Abs 1 SGB 7 unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 11. April 2003 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Der 1952 geborene als Rechtsanwalt und Steuerberater tätige und in der gesetzlichen Unfallversicherung bei der Beklagten freiwillig versicherte Kläger begehrt die Feststellung des Ereignisses vom 9. Januar 2002 als Arbeitsunfall und die Gewährung von Verletztengeld bis zum 14. April 2002.

Am 9. Januar 2002 fuhr der Kläger mit seinem Wagen zu einer Tankstelle, tankte dort seinen Wagen auf, fuhr ihn in die dortige Waschanlage und rutschte auf dem Weg von seinem Wagen zum Waschkartenautomat aus. Er zog sich dabei eine Humerusschaftspiralfraktur rechts zu, welche vom 9. bis zum 18. Januar 2002 in der Unfall- und Wiederherstellungschirurgie des St. J. F. stationär behandelt wurde (Durchgangsarztbericht von Prof. Dr. Sch. vom 9. Januar 2002 und Befundbericht von Dr. A./A.i.P. T. vom 18. Januar 2002).

In seinem Schreiben vom 10. Januar 2002 teilte der Kläger der Beklagten mit, der Tank- und Waschvorgang habe sich auf dem Weg von seiner Kanzlei zu seiner Wohnung ereignet. Am 25. Januar 2002 ging bei der Beklagten die vom Kläger unterschriebene Unfallanzeige ein. Er gab an, seine regelmäßige Arbeitszeit ende um 16.30 Uhr. In seinem für die Beklagte am 28. Januar 2002 ausgefüllten Fragebogen gab er an, der Unfall habe sich gegen 16.30 Uhr ereignet. Ergänzend gab er auf Nachfrage der Beklagten an, er habe seinen Wagen reinigen wollen, da er total verschmutzt gewesen sei. Unter Beifügung von diversen Anlagen aus seiner Einkommenssteuererklärung für das Jahr 1999 und einer Summen- und Saldenliste für das Jahr 2001 führte er aus, sein Wagen gehöre zum Betriebsvermögen. Außerdem legte er Auszüge seines Fahrtenbuches für den Zeitraum vom 1. Januar 2001 bis zum 30. November 2001 sowie vom 2. bis zum 10. Januar 2002 vor und gab an, für den Monat Dezember führe er kein Fahrtenbuch. Aus diesen Auszügen ergibt sich eine Fahrleistung für das Jahr 2001 von 18.596 km. Am 19. Februar 2002 gab der Kläger in einem mit der Beklagten geführten Telefonat an, er habe sein Auto waschen wollen, da er am nächsten Tag einen Kundentermin gehabt habe und sein Auto sehr dreckig gewesen sei. In einem weiteren an diesem Tag geführten Telefonat teilte der Kläger mit, der Inhaber der Tankstelle, bei welcher sich der Unfall ereignet habe, sei einer seiner Mandanten. Immer wenn er zum Tanken gehe, unterhalte er sich mit diesem an der Kasse über den Verfahrensstand. Es sei vorgesehen gewesen, dass sein Mandant während des Waschvorgangs zu ihm komme, um sich über den Verfahrensstand zu informieren. Er habe diesen Umstand bis jetzt noch nicht angegeben, da er davon ausgegangen sei, dass er auf den Wegen von und zur Arbeit generell versichert sei. In seinem Telefax vom 20. Februar 2002 trug der Kläger ergänzend vor, er habe am Nachmittag des Unfalltages vergeblich versucht, seinen Mandanten telefonisch zu erreichen. Außerdem vertrat er die Ansicht, dass für den Fall, dass die Fahrten zwischen Wohnung und Büro bei der Beurteilung als Arbeitsgerät nicht berücksichtigt würden, dann lediglich die reinen Dienstfahrten ins Verhältnis zu den restlichen Privatfahrten zu setzen seien. In seinem Fall wären dies für die Jahre 1999 bis 2001 ca. 55% zu 5-7%. Der ausschließliche dienstliche Gebrauch seines Wagens liege damit auch über 90% im Verhältnis zum Privatgebrauch. Eine andere Beurteilung wäre eine unberechtigte und sachlich nicht gerechtfertigte Benachteiligung von weiter auswärts Wohnenden und der Landbevölkerung, die in die Städte zur Arbeit fahren müssten.

Die Beklagte lehnte...

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