Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Unfallversicherung. Betriebsweg. Unterbrechung. sachlicher Zusammenhang. eigenwirtschaftliche Tätigkeit. Autowäsche. vorwiegend privat genutztes Fahrzeug. Arbeitsunfall. Herstellung der Verkehrssicherheit. Wetterlage. Arbeitsgerät

 

Orientierungssatz

Bei der Autowäsche eines vorwiegend privat genutzten Fahrzeuges auf einem Betriebsweg bzw während einer Geschäftsreise handelt es sich grundsätzlich um einen eigenwirtschaftlichen Vorgang, der dem persönlichen Lebensbereich zuzurechnen ist und daher nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung steht.

 

Normenkette

SGB VII § 8 Abs. 1, 2 Nr. 5

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 12.04.2012 aufgehoben und die Klage gegen den Bescheid vom 26.05.2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 17.08.2011 abgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Anerkennung eines Arbeitsunfalls.

Der 1967 geborene Kläger wohnt in A-Stadt. Er ist selbstständiger Unternehmer und betreibt in B-Stadt eine Drogerie mit angegliederter Lotto-Annahmestelle und Praxis für medizinische Fußpflege. Im Rahmen der Fußpflege führt er auch Hausbesuche durch. Der Kläger ist in seiner unternehmerischen Tätigkeit bei der Beklagten nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) versichert.

Am 08.03.2011 machte der Kläger auf der Rückfahrt von der Bezirkslottostelle in B-Stadt zu seiner Drogerie an einer Tankstelle Halt, um sein Fahrzeug zu tanken und zu waschen. Beim Verlassen der Autowaschanlage rutschte er auf einer Eisplatte aus. Dabei zog er sich am linken Bein eine offene Unterschenkelfraktur zu.

Mit Bescheid vom 26.05.2011 (Widerspruchsbescheid vom 17.08.2011) lehnte die Beklagte eine Anerkennung des Unfalls als Arbeitsunfall ab. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, bei dem Fahrzeug des Klägers handele es sich nicht um ein Arbeitsgerät im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 5 SGB VII, da es unter Berücksichtigung der Angaben des Klägers nicht überwiegend dienstlich genutzt werde. Ein überwiegend betrieblicher Grund für das Waschen des Fahrzeugs habe nicht vorgelegen. Es gebe auch keine Hinweise für eine unvorhergesehen notwendige Reinigung des Pkws.

Hiergegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Bayreuth (SG) erhoben. Mit Gerichtsbescheid vom 12.04.2012 hat das SG den Bescheid der Beklagten vom 26.05.2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 17.08.2011 aufgehoben und festgestellt, dass das Ereignis vom 08.03.2011 ein Arbeitsunfall gewesen ist.

Gegen den Gerichtsbescheid hat die Beklagte Berufung zum Bayerischen Landessozialgericht (BayLSG) eingelegt.

Die Beklagte beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 12.04.2012 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 26.05.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.08.2011 abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat im Verfahren verschiedene Auskünfte, unter anderem beim Deutschen Wetterdienst zur Wetterlage in B-Stadt am Unfalltag und in den Tagen zuvor eingeholt.

Im Übrigen wird zur Ergänzung des Sachverhalts auf den Inhalt der beigezogenen Akten der Beklagten sowie der Gerichtsakten beider Instanzen verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung der Beklagten wurde form- und fristgerecht erhoben (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -); sie ist auch im Übrigen zulässig.

Die Berufung ist auch begründet. Zu Unrecht hat das SG den Bescheid der Beklagten vom 26.05.2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 17.08.2011 aufgehoben und festgestellt, dass der Unfall des Klägers vom 08.03.2011 ein Arbeitsunfall gewesen ist. Zur Überzeugung des Senats handelt es sich bei dem Waschvorgang, währenddessen der Unfall erfolgte, um keine i.S.d. SGB VII versicherte Tätigkeit, so dass kein Arbeitsunfall vorliegt.

Arbeitsunfälle sind gemäß § 8 Abs. 1 S. 1 SGB VII Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls ist danach Regel erforderlich, dass das Verhalten des Versicherten, bei dem sich der Unfall ereignete, der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (BSG, Urteil vom 13.12.2005, B 2 U 29/04 R). Dieser innere bzw. sachliche Zurechnungszusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und der Verrichtung zur Zeit des Unfalls (BSG, Urteil vom 02.12.2008, B 2 U 17/07 R; Urteile vom 12.04.2005, B 2 U 5/04 R u. B 2 U 11/04 R u. B 2 U 27/04 R; BSGE 63, 273, 274 = SozR 2200 § 548 Nr. 92; BSG SozR 3-2200 § 548 Nr. 19; BSG SozR 3-2700 § 8 Nr. 10) ist wertend zu ermitteln, indem untersucht wird, ob die jeweilige Verrichtung innerhalb der Grenze liegt, bis zu welcher der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung reicht (BSG, Urteil vom 18.11.2008, B 2 U 31/07 R; BSG, Urteile vom 18.03.2008, B 2 U 2/07 R u. B 2 U 13/07 R; BSGE 58, 76, 77 = So...

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