Entscheidungsstichwort (Thema)

Beitragserstattung. Pfändung des Erstattungsanspruchs. Antragsrücknahme. Wirksamkeit

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Anspruch auf Beitragserstattung nach § 210 Abs 1 Nr 1 SGB 6 entsteht, sobald der Antrag hierfür wirksam gestellt worden ist und sofern zu diesem Zeitpunkt die übrigen Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind (Anschluss an BSG vom 29.6.2000 - B 4 RA 57/98 R = BSGE 86, 262 = SozR 3-2600 § 210 Nr 2).

Diese Forderung ist aber (noch) nicht pfändbar, weil der Versicherte bis zur Bestandskraft des Bewilligungsbescheides berechtigt ist, den Antrag auf Beitragserstattung wieder rückgängig zu machen.

Ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss erfasst deshalb von vornherein nur die (künftige) Forderung auf Beitragserstattung nach Eintritt der Bestandskraft des die Beitragserstattung bewilligenden Bescheides.

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 19. November 2009 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens beider Instanzen.

Der Streitwert für das Klage- und Berufungsverfahren wird auf 30.557,20 €

festgesetzt.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Auszahlung von 30.557,20 € aufgrund eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses im Hinblick auf den Beitragserstattungsantrag des Versicherten M. U. (im Folgenden: Versicherter).

Der 1972 geborene Versicherte ist türkischer Staatsangehöriger. Er war vom 1. April 1988 bis 20. September 1989, vom 29. September 1989 bis 30. September 2003 und vom 24. Dezember 2003 bis 23. Dezember 2004 in der Bundesrepublik Deutschland versicherungspflichtig beschäftigt und anschließend arbeitslos. Eine Pflichtversicherung in der türkischen gesetzlichen Rentenversicherung bestand zu keinem Zeitpunkt (Bestätigung des türkischen Sozialversicherungsträgers vom 17. April 2007). Im Dezember 2004 siedelte er in die Türkei über.

Auf Antrag der Klägerin pfändete das Amtsgericht Bayreuth mit Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 16. Dezember 2005 (Az.: 2 M 22741/05) die “gegenwärtigen und zukünftigen Altersrenten sowie Pensionen„ des Versicherten in Höhe von insgesamt 29.321,-- € zzgl Zinsen. Mit Schreiben vom 29. Dezember 2005 anerkannte die Beklagte die gepfändete Forderung des Versicherten als begründet an. Mit Schreiben vom 15. Februar 2006 bat die Bundesagentur für Arbeit (Regionaldirektion Baden-Württemberg) die Beklagte um Verrechnung einer Forderung in Höhe von 2.772,-- €.

Am 12. März 2007 beantragte der Versicherte bei der Beklagten die Erstattung von Beiträgen, da er nicht versicherungspflichtig sei und nicht das Recht zur freiwilligen Versicherung und die Wartefrist von 24 Kalendermonaten erfüllt habe. Als Empfangsbevollmächtigte nannte er Frau S. U. Die Beklagte holte daraufhin die Auskunft des türkischen Sozialversicherungsträgers vom 17. April 2007 ein, wonach eine Pflichtversicherung in der türkischen gesetzlichen Rentenversicherung nicht bestehe.

Auf Nachfrage der Beklagten, ob der Beschluss des Amtsgerichts Bayreuth noch Gültigkeit besitze und ggfs in welcher Höhe, teilte die Klägerin am 1. Juni 2007 mit, eine Gesamtsumme von 31.659,83 € sei offen. Daraufhin teilte die Beklagte der Klägerin unter dem 16. Juli 2007 mit, der Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses des Amtsgerichts Bayreuth könne nicht ausgeführt werden, da nur der Anspruch auf Altersrente gepfändet sei. Die Klägerin erwirkte sodann den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts Schwäbisch Hall vom 17. August 2007 (Az.: 1 M 2197/07), wonach Forderungen des Versicherten gegen die Beklagte aus “Beitragsrückerstattung nach Wegfall der Versicherungspflicht in allen Zweigen der gesetzlichen Rentenversicherung bei ausländischen Versicherten gem. § 210 SGB VI„ gepfändet würden. Gegen den Versicherten bestehe eine Gesamtforderung in Höhe von 32.367,40 €. Der Schuldner dürfe insoweit nicht über die Forderung verfügen, insbesondere sie nicht einziehen. Dieser Beschluss wurde der Beklagten am 27. August 2007 zugestellt.

Mit Bescheid vom 13. September 2007 gab die Beklagte dem Antrag auf Beitragserstattung in Höhe von insgesamt 33.329,20 € statt. Dabei berücksichtigte sie Beitragszeiten vom 22. September 1989 bis 28. Februar 2004. Der Bescheid wurde dem Versicherten am 8. Oktober 2007 zugestellt. Er enthielt eine Rechtsbehelfsbelehrung, wonach innerhalb eines Monats Widerspruch eingelegt werden könne. Mit Schreiben vom 13. September 2007 übersandte die Beklagte sowohl der Klägerin als auch der Bundesagentur für Arbeit den Bescheid zur Kenntnisnahme. Dem Schreiben an die Klägerin war ein Hinweisblatt beigefügt, wonach aufgrund des vorliegenden Pfändungs- und Überweisungsbeschlusse vom Erstattungsbetrag 30.557,20 € einbehalten worden seien. Die Auszahlung könne jedoch erst nach Rechtsverbindlichkeit des Bescheids erfolgen. Gegenüber der Bundesagentur für Arbeit teilte die Beklagte im Hinweisblatt mit, aufgrund des Verrechnungsersuchens würden vom Erstattungsbetrag 2.772,-- € einbehalten und zur Z...

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