Entscheidungsstichwort (Thema)

Unfallversicherung für Training eines Schülers bei einem befreundeten Verein

 

Leitsatz (amtlich)

Ein abendliches Eishockeytraining bei einem privaten Verein steht auch dann nicht unter dem Schutz der Schülerunfallversicherung, wenn eine Kooperation zwischen Schule und Verein mit finanzieller Unterstützung des Internatsschülers durch den Verein besteht. Weder ist der organisatorische Verantwortungsbereich der Schule betroffen, noch handelt es sich um eine schulische Betreuungsmaßnahme.

 

Normenkette

SGB VII § 2 Abs. 1 Nr. 8 Buchst. b, § 8 Abs. 1 Sätze 1-2; SchulG NRW § 100 Abs. 1 S. 1; SchulG NRW § 100 Abs. 2; SchulG NRW § 100 Abs. 3 S. 1; SchulG NRW § 100 Abs. 3 S. 2; SchulG NRW § 100 Abs. 3 S. 3; SchulG NRW § 100 Abs. 4; SGG § 54 Abs. 1 S. 1, § 55 Abs. 1 Nr. 1, §§ 56, 95; ZPO § 138 Abs. 3

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 24.06.2021 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten über die Feststellung des Ereignisses vom 18.12.2018 als Arbeitsunfall im Rahmen der Schülerunfallversicherung.

Der am2003 geborene Kläger war zum Zeitpunkt des angeschuldigten Ereignisses (Internats-)Schüler des Privaten Aufbaugymnasiums I1 GmbH, einem als Ersatzschule staatlich genehmigten Privatgymnasium für Jungen und Mädchen mit Sekundarstufe I und II und angeschlossenem Internat in freier Trägerschaft (Trägerin: E1 Group, s. S. 51 VerwA).

Am 18.12.2018 nahm der Kläger gegen 18.30 Uhr am Eishockey-Training der R1 - ein privatrechtlich eingetragener (Eishockey-)Verein, der im Rahmen eines Stipendiums die Internatskosten des Klägers bezuschusste (i.H.v. 1.500 € monatlich, den Restbetrag von 2.500 € monatlich zahlten die Eltern des Klägers) - teil. Im Laufe des Trainings wurde der Kläger von einem Mitspieler, der nicht mehr ausweichen konnte, „gecheckt“. Dessen Knie traf den Oberschenkel des Klägers, was bei ihm zu einer distalen Femurschaftfraktur rechts führte, die in der Folgezeit osteosynthetisch versorgt wurde.

Der Cousin des Klägers informierte Anfang Februar 2019 die Verwaltungs-Berufsgenossenschaft (VBG), die den Vorgang später zuständigkeitshalber an die hiesige Beklagte abgab, und meinte, es bestünde zwischen dem „Internat“ und dem Eishockey-Verein ein Kooperationsvertrag, weswegen es sich bei dem Training um „Pflichtunterricht“ gehandelt habe. Die VBG holte daraufhin noch am selben Tag eine telefonische Auskunft der schulischen Berufsbetreuerin des Klägers ein. Diese teilte mit, bei dem Eishockey-Training habe es sich nicht um eine schulische Veranstaltung gehandelt. Am Unfalltag sei es den Schülern freigestellt gewesen, an der schulischen Weihnachtsfeier teilzunehmen oder aber dem privaten Eishockey-Training nachzugehen. Das Schulsekretariat bestätigte (telefonische Auskunft ebenfalls vom selben Tag), dass es sich bei dem Vereinssport um eine Privatveranstaltung außerhalb des Curriculums gehandelt habe; das Training sei nicht dem Pflichtunterricht zuzurechnen, es bestehe lediglich eine Kooperation mit dem Verein dergestalt, dass die Schulpläne mit den Vereinsplänen terminlich abgestimmt seien und dass entsprechende Stipendien vergeben würden (s. zu allem Aktenvermerk vom 04.02.2019, S. 12 f. VerwA).

Mit Bescheid vom 17.04.2019 (S. 22 f. VerwA) verfügte die Beklagte, dass das Ereignis vom 18.12.2018 nicht als Arbeitsunfall anerkannt werde. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, dass zwischen den Aufgaben der Schule und dem Eishockey-Training kein sachlicher Zusammenhang bestehe, sodass es sich bei dem Training nicht um eine schulische Veranstaltung gehandelt habe. Daran ändere auch die Kooperation nichts, denn das Training sei verantwortlich von dem Eishockey-Verein durchgeführt und organisiert worden, jedoch nicht von der Schule, sodass insoweit kein (Schüler-)Unfallversicherungsschutz bestehe.

Mit seinem Widerspruch machte der Kläger im Wesentlichen geltend, dass bei einem „Sportinternat“, was ausdrücklich mit einer Vereinbarkeit von Schule und Sport werbe und mit dem Eishockey-Verein eine intensive Kooperation pflege, von einer Zusammengehörigkeit von Schulleben und der Erlangung sportlicher Vertiefungsmöglichkeiten auszugehen sei. Aus der Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 23.01.2018 (B 2 U 8/16 R) ergebe sich im Übrigen „im Umkehrschluss“, dass das Ereignis versichert gewesen sei.

Die Beklagte holte sodann die schriftliche Auskunft der Geschäftsleitung der Trägerin des Aufbaugymnasiums vom 21.11.2019 (S. 51 ff. VerwA) ein. In dieser wurde ausgeführt, dass bei dem Eishockey-Training am 18.12.2018 kein Mitarbeiter des Aufbaugymnasiums anwesend gewesen und auch niemand des Gymnasiums mit dem Training beauftragt worden sei, dass es keine Aufforderung oder gar Verpflichtung seitens der Schule gegeben habe, an dem Training teilzunehmen und dass auch ansonsten niemand der Schule bei der Planung, Organisation und Durchführung der Aktivitäten der R1 involvi...

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