Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialhilfe. Hilfe zum Lebensunterhalt als Darlehen. Unmöglichkeit der sofortigen Vermögensverwertung. Darlehensvertrag. Abtretung des Restbetrages aus Verkaufserlös auf Notaranderkonto. Rückforderungsanspruch des Sozialhilfeträgers. Nichterteilung der Genehmigung der Auszahlung an Sozialhilfeträger

 

Orientierungssatz

Zum Anspruch des Sozialhilfeträgers auf Rückzahlung der gem § 89 S 1 BSHG darlehensweise bewilligten Hilfe zum Lebensunterhalt und zur Pflicht des Sozialhilfeempfängers zur Erteilung der Genehmigung für die Auszahlung des auf einem Notaranderkonto hinterlegten, abgetretenen Restbetrages des Verkaufserlöses aus der Vermögensverwertung mangels Vorliegen einer Härte iS des § 88 Abs 3 BSHG bzw § 90 Abs 3 SGB 12.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 22.03.2012; Aktenzeichen B 8 SO 24/10 R)

 

Tatbestand

Zwischen der Beklagten Ziffer 1 und der Klägerin ist streitig, ob die Beklagte Ziffer 1 verpflichtet ist, die an die Klägerin erfolgte Auszahlung eines auf einem Notaranderkonto hinterlegt gewesenen Kaufpreisrestbetrages einschließlich Zinsen in Höhe von 9.283,53 € zu genehmigen.

In der Zeit vom 9. Oktober 1995 bis 30. April 1996 und vom 27. Dezember 1996 bis 31. Dezember 2004 bezog die Beklagte Ziffer 1 für sich und ihre 1984 und 1989 geborenen Töchter von der Klägerin laufende Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) im Gesamtumfang von 70.404,38 €. Die laufende Hilfe zum Lebensunterhalt wurde als Darlehen bewilligt, weil aus dem Verkauf eines im gemeinsamen Eigentum der Beklagten Ziffer 1 und des Beklagten Ziffer 2 stehenden Hausgrundstücks der hälftige Verkaufserlös in Höhe von 440.000 DM auf einem Notaranderkonto für die Beklagte Ziffer 1 hinterlegt war. In Ziffer VI Abschnitt 3 d des notariellen Kaufvertrags vom 24. Juli 1996 war der beurkundende Notar der Beklagten unwiderruflich angewiesen, den auf dem Anderkonto hinterlegten Kaufpreis nur nach übereinstimmender Weisung der Beklagten oder auf Vorlage einer gerichtlichen Entscheidung auszuzahlen. In Höhe der seit 9. Oktober 1995 durch den Bezug von Sozialhilfe entstandenen Aufwendungen und der durch weiteren Sozialhilfebezug entstehenden Aufwendungen hatte die Beklagte Ziffer 1 zur Sicherung der Klägerin den auf dem Notaranderkonto hinterlegten Betrag zuzüglich anfallender Zinsen an die Klägerin abgetreten. Nach § 2 des Darlehensvertrags zwischen der Klägerin und Beklagten Ziffer 1 vom 6. Mai 1997 verpflichtete sich die Beklagte Ziffer 1, eine diesbezüglich Abtretungserklärung zur Vorlage an den Notar zu unterzeichnen. Nach § 5 des Darlehensvertrages wurde das Darlehen zur Rückzahlung fällig, sobald die Beklage Ziffer 1 über den hinterlegten Geldbetrag verfügen konnte. Mit einer weiteren Erklärung vom 5. Mai 1997 trat die Beklagte Ziffer 1 zur Absicherung der von Oktober 1995 bis April 1996 und seit dem 27. Dezember 1996 darlehensweise gewährten Sozialhilfe den auf dem Notaranderkonto hinterlegten und ggfs. an sie zur Auszahlung gelangenden Geldbetrag in Höhe der entstandenen und künftig entstehenden Sozialhilfeaufwendungen an die Klägerin ab. Die Klägerin legte diese Abtretungserklärung mit Schreiben vom 20. Mai 1997 gegenüber dem beurkundenden Notar H., K., vor. Nach Vorabverfügungen zu Gunsten der Beklagten und der Mutter des Beklagten Ziffer 2 belief sich das Restguthaben auf dem Notaranderkonto nach dem Schreiben der Beklagten Ziffer 1 vom 25. April 2007 auf 9.352,57 €. Mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 15. Dezember 2006 erteilte der Beklagte Ziffer 2 seine Zustimmung zur hälftigen Verteilung des auf dem Notaranderkonto hinterlegten Betrages an ihn und die Klägerin. Diese forderte sodann mit Schreiben vom 13. Februar 2007 die Beklagte Ziffer 1 dazu auf, der Auszahlung ebenfalls zuzustimmen. Die Beklagte Ziffer 1 lehnte dies ab, da die Auszahlung des Restbetrages für sie und ihre Kinder eine unzumutbare Härte darstelle. Die Abtretungserklärung an die Klägerin habe sie in einer Zwangslage unterschrieben. Während des Sozialhilfebezugs durch die Klägerin habe diese sie und ihre Kinder nicht darin unterstützt, von Sozialhilfe wegzukommen. In ihrer beruflichen Ausbildung sei sie nicht unterstützt worden. Sie beabsichtige eine Ausbildung zur Elternberaterin, mit der sie sich selbständig machen könne. Die Schulausbildung ihrer Kinder in einer Waldorfschule sei nicht ausreichend gefördert worden. Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende habe sie nicht beantragt; sie halte diese für verfassungswidrig.

Am 8. August 2007 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Zur Begründung hat sie vorgetragen, die Ehe der Beklagten sei durch Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht Karlsruhe vom 19. Juni 1998 (2 F 25/96) rechtskräftig geschieden. Eventuelle, ehebedingte Ansprüche zwischen den Beklagten seien zwischenzeitlich verjährt. Nachdem durch gerichtliche Entscheidung sowohl der Beklagte Ziffer 2 hinsichtlich des Zugewinnausgleichs als auch dessen Mutter bzgl. der ihr zu...

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